Autotest:Das Vernunftauto unter den Sportwagen

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Der Einstiegspreis des neuen BMW i8 Roadsters liegt bei 155 000 Euro. (Foto: Uwe Fischer; BMW Group)

Nicht sportlich genug, mäkeln manche. Zu wenig öko, sagen andere. Dabei zeigt der neue BMW i8 Roadster, dass ein Plug-in-Hybrid mehr sein kann als eine unbefriedigende Zwitterlösung.

Von Peter Fahrenholz, Mallorca

Wer einfache Antworten liebt, wird dieses Auto nicht mögen. Ist ein Auto mit einem Dreizylinder-Turbomotor, der 231 PS leistet, plus einem Elektromotor, der noch mal 143 PS beisteuert, überhaupt ein Sportwagen? Lächerlich, werden die Fans hochgezüchteter Supersportler sagen, deren Welt erst bei 500 PS beginnt. Wer Sportwagen hingegen generell für sinnlose, unbequeme, lärmende Proll-Schleudern hält, deren schmale Käuferschicht von Superreichen über Angeber, PS-Süchtige und Fußballstars bis zu Figuren aus eher zwielichtigen Milieus reicht, wird sich fragen, warum ein Unternehmen wie BMW sein technologisches Hirnschmalz in ein Nischenprodukt steckt, dessen Grundpreis bei 155 000 Euro beginnt. Statt lieber die Elektrifizierung der Volumenmodelle voranzutreiben und sie endlich preiswerter zu machen.

Mit diesem Widerspruch muss der BMW i8 leben, seit er 2014 auf den Markt kam. Ein Auto, das aussieht wie ein Sportwagen, ohne wirklich einer zu sein. Aber das auch kein innovativer Elektroflitzer ist, sondern ein schnöder, so genannter Plug-in Hybrid, was in der Praxis ja meist bedeutet, dass ein Elektromotörchen für ein paar mickrige Kilometer Reichweite sorgt. Auf dem Papier macht sich das aber gut, weil damit die Verbrauchswerte schön heruntergerechnet werden können.

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Jetzt gibt es den i8 nicht nur als Coupé, sondern als zweisitzigen Roadster mit Stoffverdeck. Ein Auto, wie sich herausstellt, mit dem einerseits Vorurteile jeglicher Art auf eine harte Probe gestellt werden, das andererseits aber durchaus Fragen aufwirft.

Das fängt beim Design an. Auch der Roadster hat, wie das Coupé, Flügeltüren, was die Entwickler vor eine anspruchsvolle Aufgabe stellte. Denn weil niemand, der offen fährt, einen störenden Türrahmen neben sich haben möchte, mussten sie rahmenlos, aber trotzdem stabil konstruiert werden. Ohne Zweifel sind Flügeltüren, noch dazu bei einem Sportwagen, ein betörender Hingucker. Aber gleichzeitig sind sie einfach wahnsinnig unpraktisch. Beim Einsteigen muss man sich in einer halb liegenden Position ins Auto zwängen, obwohl man im i8 Roadster keineswegs so niedrig sitzt wie in vielen herkömmlichen Sportwagen. Und in ein Parkhaus möchte man mit so einen Auto lieber nicht fahren müssen, denn das Glück, einen Parkplatz zu finden, der breit genug ist, dass die Flügeltür ungehindert aufschwingen kann, wird man nur selten haben.

Mehr elektrische Reichweite als bisher

Die größte technologische Neuerung hört sich zunächst unspektakulär an. "Die neue Batterie des i8 hat zehn Prozent mehr Leistung und 70 Prozent mehr Speicherkapazität", sagt Rainer Rump, der Projektleiter des i8. Trotzdem brauche sie nicht mehr Platz als vorher. Statt wie bisher 37 Kilometer rein elektrischer Reichweite sind jetzt 53 Kilometer beim Roadster möglich, das etwas leichtere Coupé schafft auf dem Papier noch zwei Kilometer mehr. Das verändert nicht nur die Charakteristik des Wagens, sondern die Charakteristik des gesamten Antriebskonzepts.

Wer Plug-in-Hybride für eine unbefriedigende Zwitterlösung hält, die es nur solange geben wird, bis die Batterien auch langstreckentauglich sind und der Elektroantrieb damit den Verbrennungsmotor ablösen kann, muss im i8 umdenken. Denn hier ist tatsächliche eine sinnvolle Mischung zwischen beiden Antriebsformen möglich. Im reinen Elektromodus lässt sich der i8 bis Tempo 120 bewegen, das reicht nicht nur für den Stadtverkehr, sondern auch für die flotte Landstraßenfahrt. Und wer mit dem Gaspedal vernünftig umgeht, kann die versprochenen 53 Kilometer Reichweite tatsächlich erreichen. Erst wenn es in die Berge geht und sich der Motor richtig anstrengen muss, schmilzt die Reichweite im Sekundentakt dahin.

Doch wenn man den Schalthebel vom Komfortmodus nach links in die S-Gasse umlegt und damit auf den Sportmodus wechselt, wird die Batterie wieder aufgeladen, sobald nicht die volle Leistung des Benziners benötigt wird. "Die Batterie kann bis zu 85 Prozent durch den Verbrenner in der S-Gasse aufgeladen werden", sagt Rump. Das bedeutet, dass der Akku schnell wieder eine zweistellige Reichweite erreicht und man damit erneut rein elektrisch unterwegs sein kann, etwa, wenn man durch die nächste Ortschaft fährt. Projektleiter Rump empfiehlt einen Fahrstil, der für Sportwagenfahrer völlig ungewohnt sein dürfte. Bergauf im Sportmodus (und so schlecht ist der Sound des Dreizylinders nun auch wieder nicht) und bergab rein elektrisch.

Tatsächlich verblüfft ein Sportwagen mit Elektromotor nicht nur den Fahrer, sondern mehr noch die Umgebung. Lautlos durch Palma de Mallorca zu gleiten, statt mit nervtötender Bollerei, lässt die Passanten immer wieder den Daumen hochrecken. Selbst Radfahrer, die auf Mallorca im Frühjahr in wahren Heerscharen unterwegs sind und die Autos auf den engen Bergstraßen als Pest empfinden, erst recht überbreite Sportwagen, zollen auf diese Weise ihre Anerkennung. Das wird der Porsche oder Ferrari-Fahrer eher nicht erleben. "Was mir Spaß macht, ist, dass das Auto ausschließlich positive Feedbacks auslöst, es generiert keinen Neid", schwärmt Rump.

Ob damit, wie man bei BMW glaubt, der Sportwagen als solcher in eine Zukunft geführt wird, in der nicht nur PS-Protzerei, sondern auch Nachhaltigkeit und damit eine gewisse Vernunft bei einem an sich unvernünftigen Auto eine Rolle spielen, sei allerdings dahingestellt. Denn in der bergigen Landschaft Mallorcas zeigen sich schnell alle Nachteile des Flügeltüren-Roadsters. Die breite A-Säule versperrt bei engen Kurven die Sicht, nach hinten ist sie ohnehin so gut wie nicht vorhanden, weshalb man beim Rangieren ohne Rückfahrkamera aufgeschmissen wäre. Und auf den engen Bergststräßchen treibt einem in dem fast zwei Meter breiten Wagen jedes entgegenkommende Fahrzeug den Angstschweiß auf die Stirn. Mehrere Begegnungen lassen sich nur zentimeterweise mit eingeklappten Seitenspiegeln bewältigen.

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Auch der kombinierte Verbrauch, den BMW mit zwei Litern auf 100 Kilometer angibt, ist in der Praxis natürlich Augenwischerei, wie bei allen Plug-in-Hybriden. Denn er ließe sich nur erreichen, wenn man fast ausschließlich im Kurzstrecken-Elektrobetrieb unterwegs wäre, was mit so einem Wagen aber keiner tun wird.

Wer kauft nun ein Auto wie den i8, wenn er für das gleiche Geld bei der Konkurrenz mit mehr Zylindern und mehr PS bedient wird? Von der ersten Generation des i8 Coupés hat BMW etwa 14 000 Exemplare verkauft, beim neuen Roadster geht man von einer ähnlichen Zahl aus. Klar, das ist ein Nischenauto, aber für einen Sportwagen ist das keineswegs eine so kleine Nische, bei dem Stückpreis kommt durchaus ein beachtlicher Umsatz zusammen. Bei BMW müsse jedes Modell aus sich heraus Profit abwerfen, "das gilt auch für den i8", versichert Rump. Der i8 richte sich an Käufer, "die das besondere Auto suchen" und die zugleich "technologieaffin" seien.

Mehr als nur eine Ikone fürs Museum

Kein Wunder, dass die größte Nachfrage aus den USA kommt. BMW sei dort als Marke ohnehin sehr angesagt, und speziell in Kalifornien gebe es, wie Rump das ausdrückt, "eine Affinität zum umweltbewussten, aber nicht verzichtenden Lebensstil". Der smarte, wohlhabende Kalifornier aus dem Silicon Valley und ein aufregend gestylter Plug-in-Hybrid mit einer Gesamtleistung von 374 PS, das klingt in der Tat nach einer passenden Kombination.

Den Verfechtern der reinen Lehre wird das alles nicht reichen. Zu wenig Sportwagen, und das zu einem horrenden Preis, werden die einen mäkeln, zu wenig öko für so viel Geld die anderen, und zu viel Aufwand für ein Nischenauto die Dritten.

Alles durchaus berechtigte Einwände. Dennoch ist der i8 Roadster mehr als nur eine Ikone, die irgendwann einen Platz im BMW-Museum bekommen wird. Er zeigt, welche Möglichkeiten in der Mischung aus Elektroantrieb und Verbrenner schlummern, wenn man sie sinnvoll kombiniert. Und diese Mischung wird es noch länger geben, als viele glauben.

© SZ vom 05.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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