Plug-in-Hybrid im Test:Der Panamera 4 E-Hybrid ist die teuerste Art, Sprit zu sparen

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Der Porsche Panamera 4 E-Hybrid kostet mindestens 107 553 Euro, der Testwagen sogar 157 961 Euro. (Foto: Daniel Wollstein; Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG)

Der Test zeigt: Dieser Porsche mit Stecker ist ein Öko-Auto für Superreiche und nur mit Tempolimit effizient. Über Sinn und Unsinn des Technik-Overkills.

Von Joachim Becker

Auto kaputt? Mit wenig mehr als Standgas auf der Autobahn und das Ding geht ständig aus. Kurzes Husten aus dem Auspuff, dann fällt der Motor zurück in Lethargie. Klarer Fall von Herzinsuffizienz, würde ein Werkstattmeister alter Schule diagnostizieren. Trotz der Nulllinie auf dem Drehzahlmesser bewegt sich das Ding aber doch: Mit der Kraft eines elektrischen Herzschrittmachers, wenn dem Verbrenner die Luft wegbleibt. Merke: Totgesagte leben länger. Ob das nur für den Porsche Panamera 4 E-Hybrid gilt oder für die Gattung der Plug-in-Hybride insgesamt, wäre zu untersuchen.

Nirgends scheiden sich die Geister stärker als bei den Autos, die an Zapfsäule und Steckdose gleichermaßen tanken können. Eine Aral-Studie "Trends beim Autokauf 2017" sieht Hybride im Aufwind. Während der Diesel in der Käufergunst fast um die Hälfte auf nur noch 18 Prozent sinkt, wächst der Zuspruch für Benziner und Teilzeitstromer. Seit 2013 stieg das Kundeninteresse an Hybriden von sechs über elf (2015) auf jetzt 15 Prozent. Plug-in-Hybride werden als Sonderform nicht eigens aufgeführt. Die Nachfrage könnte jedoch steigen, wenn lokal emissionsfreie Autos in Innenstädten bevorzugt behandelt würden.

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Doch der Aufschwung für Plug-in-Hybride fällt vorerst aus. Im wichtigen chinesischen Markt sinken die Absatzzahlen wieder, weil die Vergünstigungen zurückgefahren werden. Auch in Deutschland kommt der teure Doppelantrieb nicht auf Touren: Trotz einer Modelloffensive der deutschen Hersteller gab es Anfang 2017 erst 21 000 Plug-in-Hybride hierzulande. Deutsche Hersteller hätten "sich in diese Technik verrannt und Milliardenbeträge investiert", ätzte Marktexperte Ferdinand Dudenhöffer schon vor zwei Jahren: "Im Schnitt hat sich ein Plug-in-Hybrid 730 Mal verkauft oder weniger als 450 Verkäufe pro Modell, wenn man die Eigenzulassungen herausrechnet."

Sind Plug-in-Hybride also Rohrkrepierer mit dem typisch deutschen Over-Engineering? Billig sind die Doppelherzautos jedenfalls nicht. Anders als das Model S verbreitet der Panamera im Interieur zwar das Flair und die Qualitätsanmutung einer Luxuslimousine. Doch ein Ökoauto mit einem Grundpreis von 107 553 Euro und einem Testwagenpreis von 157 961 Euro können sich die allerwenigsten leisten.

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In der Praxis wirkt die geballte Technik allerdings faszinierend. Etwa beim Segeln mit eingebautem Rückenwind: Bei Richtgeschwindigkeit auf ebener Autobahn genügt ab und an ein kurzer Gasstoß aus dem Verbrenner - dann geht der Motor wieder aus. Klingt hektisch, ist es aber nicht: Hyperaktiv ist lediglich die Motorsteuerung, die mit geballter Rechenleistung ständig zwischen den Antriebsarten umschaltet. Ein Fahrer mit Spritspartraining hätte keine Chance gegen die Rechenkünste dieser Maschine. Zwischenfazit: In keinem Testwagen hat der Mix von Tank und Akku bisher so nahtlos und elegant gewirkt wie im Panamera 4 E-Hybrid.

Man kann einen Porsche also mit minimalem Energieaufwand bewegen. Aber wer will das schon? Klare Antwort: kaum jemand. Seit es Plug-in-Hybride bei Porsche gibt (2011), dümpeln sie bei vier Prozent des Gesamtabsatzes herum. Auch der neue Panamera 4 E-Hybrid kann bei der PS-protzenden Klientel kaum punkten. Dabei strömt die Kraft so nahtlos aus zwei Quellen, dass es für die Passagiere weder Einbußen beim Komfort noch bei der Dynamik gibt. Anders als beim Vorgänger muss das Pedal nicht mehr zu mindestens 80 Prozent durchgetreten werden, um die 100 kW (136 PS) des E-Antriebs freizusetzen. Im Gegenteil: Der neue Stecker-Porsche startet stets rein elektrisch und ist bis zu 140 Kilometer pro Stunde lokal emissionsfrei unterwegs. Was sich dank 700 Newtonmetern Drehmoment so souverän anfühlt wie in einem Tesla Model S.

Die Antriebsarchitekturen aus Schwaben und Kalifornien könnten indes kaum unterschiedlicher sein. Mit enormem Aufwand wollen die deutschen Hersteller ihre hochgezüchteten Ottomotoren am Leben erhalten. Statt 600 Kilogramm Batteriegewicht sattelt Porsche 300 Kilo auf einen konventionellen Panamera drauf. Weil Batterien plus Kraftstofftank und Elektro- sowie Verbrennungsmotor mitgeschleppt werden, wiegt der 4 E-Hybrid mehr als ein Model S.

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Höheres Gewicht bedeutet automatisch einen höheren Energieverbrauch, weshalb ein Ökoauto mit 2170 Kilo Leergewicht (ohne Fahrer) ziemlich sinnfrei ist. Das Power-Meter zeigt zwar, wie viel Energie aktuell abgerufen, respektive via Rekuperation zurückgewonnen wird. Aber machen wir uns nichts vor: Auch beim Tesla findet nur ein kleiner Teil der Schubenergie den Weg zurück in die Akkus.

Ein Pendlerauto vom Feinsten

Trotzdem ist der Panamera 4 E-Hybrid ein Pendlerauto vom Feinsten. Mit 14,1 Kilowattstunden Kapazität kommt er im urbanen Umfeld problemlos auf 50 Kilometer elektrische Reichweite. Wer ein- oder zweimal pro Tag nachladen kann, ist mit dem Akku unter dem Kofferraum bestens bedient. Aber wehe das Öko-Pummelchen wird länger von der Ladeleine gelassen: Mit 340 kW (462 PS) Systemleistung spielt dieser Porsche in der Liga der Achtzylinder-Supersportwagen. Artgerecht auf der Autobahn bewegt, entwickelt sich der V6-Biturbo aus der Entwicklungspartnerschaft mit Audi bald zum Säufer. Dann ist die Batterie nur noch Ballast, der auf der Autobahn zwar stabilisierend wirkt. Doch das verlockt zum Noch-schneller-Fahren und die Ökobilanz ist beim Teufel.

Auf 1340 Kilometer Strecke konnten wir nur zwei Mal ausreichend lange an die Steckdose. Anders als bei Teslas Riesenbatterien genügen sieben Stunden am üblichen Haushaltsanschluss, um die Lithium-Ionen-Akkus wieder komplett zu laden. Doch in der Stadt ist selbst so eine Buchse nicht immer zu finden. Auch deshalb haben wir knapp zehn Liter Benzin je 100 Kilometer gebraucht. Auf solche Verbrauchswerte kommt der ähnlich starke Panamera 4S auch. Beim Panamera 4 E-Hybrid gibt Porsche den Verbrauch indes ganz legal mit 2,5 Liter auf 100 Kilometer an, plus 15,9 Kilowattstunden elektrischer Energie. Aber das funktioniert wie gesagt nur, wenn man die meiste Zeit mit vollen Batterien und mit mäßigem Tempo rollt.

Die meisten Plug-in-Hybride fallen im ADAC-Ecotest durch

Bei keinem anderen Antrieb ist die Diskrepanz zwischen Realverbrauch und Normangabe abhängiger vom Nutzer als beim Plug-in-Hybrid. Deshalb fallen die meisten Teilzeitstromer auch im ADAC Ecotest durch. Aus Umweltsicht sei nur der Toyota Prius Plug-in ein echter Saubermann. Wer Toyotas Stecker-Hybrid kennt, weiß aber, dass nach 35 Kilometern mit dem reinen Stromern Schluss ist. Und der Fahrspaß mit leeren Akkus gegen null tendiert. Der V6 im Panamera 4 E-Hybrid ist dagegen alles andere als ein schwächlicher Hilfsmotor. BMW übt sich mit Vierzylindern im Plug-in-Spagat. Das spart zwar Sprit, kann beim Fahrspaß aber nicht vollends überzeugen.

Es bleibt das Prinzip Hoffnung: Vielleicht profitieren die Teilzeitstromer ganz besonders vom technischen Fortschritt. In Form des induktiven Ladens zum Beispiel: Ab dem nächsten Jahr wird ohne Stecker mit 3,5 kW Leistung geladen. Ein Energie-Snack, der kaum ein reines Batterieauto satt macht. Der Weg ins Elektro-Zeitalter könnte also länger dauern als gedacht. Das müssen wir uns in der Urlaubszeit ganz konkret vorstellen: Mit langen Schlangen an den Ladestationen auf der Autobahn. Und mit Plug-in-Hybriden, die dank 700 Kilometer Reichweite einfach weiterfahren.

© SZ vom 02.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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