Aston Martin V8 Vantage N430 im Test:Eine Affäre - aber nichts Festes

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Der Aston Martin V8 Vantage N430 kostet mindestens 114 995 Euro. Die 5500 Euro für das Automatikgetriebe kann man sich sparen. (Foto: Max Earey; Aston Martin Lagonda)

Dieser Aston Martin sieht hinreißend aus, klingt toll und macht Spaß in Kurven. Doch er gönnt sich Macken - und eine davon verhagelt alles.

Von Thomas Harloff

Hach! Wann immer ich mich ihm näherte, entglitt mir dieser verträumte Seufzer. Ein Seufzer, wie man ihn eben ausstößt, wenn man etwas Schönes betrachtet. Und schön ist er, dieser Aston Martin, Baureihe V8 Vantage, Sondermodell N430. Da gibt es keine zwei Meinungen. (Natürlich gibt es zwei Meinungen, mindestens. Aber die, die sagen, der Kühlergrill sehe aus wie das Maul eines Karpfens, haben echt keine Ahnung!) In der kurzen Zeit, die unsere Liaison dauerte, stieß ich einige dieser Seufzer aus. Eigentlich seufzte ich immer, wenn ich ihn erblickte.

Über die Farbgebung habe ich mich nur kurz gewundert. Dunkles Grün, die traditionelle britische Motorsportfarbe, garniert mit kräftigem Gelb an den Dachleisten, den Außenspiegeln und rund um den Kühlergrill? Was soll´s, selbst Supermodels greifen in ihren Kleiderschränken manchmal daneben. Im Innenraum passen die gelben Akzente besser, kontrastieren geschmackvoll mit dem ganzen Alcantara, Leder und Carbon, das Aston Martins Innenraumdesigner hier verteilt haben. Und die Farbe, die sehen nur die Menschen draußen. Aber ich sitze drin. In einem hinreißenden Coupé. Einem Sportwagen. Einer Fahrmaschine.

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Bevor die Maschine fährt, muss sie geweckt werden. Dafür fädelt man den ungewohnt schweren, weitgehend aus Kristallglas gefertigten Schlüssel in einen kleinen Schacht in der Mittelkonsole ein. Aggressiv faucht der 4,7-Liter-V8 los. Einmal nur, für einen Augenblick. Aber das reicht, dass sich fast alle in der näheren Umgebung nach mir und dem grün-gelben Aston umschauen. "Tschuldigung. Ich konnte ja nicht ahnen, dass der so laut ist", denke ich mir, bevor ich das Weite suche - und kurz darauf zu Schmunzeln beginne ob dieses unnötigen, aber auch unterhaltsamen Auftritts.

Der Alltag kehrt früh ein

Als wir so dahinfahren, der Aston und ich, unsere erste, etwas prollige Begegnung hinter uns lassen, merke ich, wie die anfängliche Schwärmerei dem Alltag weicht. Und zwar erstaunlich schnell, so wie, hm, wie bei einem normalen Auto. Wie mir Dinge auffallen, die suboptimal gelungen sind. Wie ich zu mäkeln beginne. Über das Plastik im Zentrum des Lenkrads zum Beispiel, das - und ja, das ist das passende Wort - billig wirkt. Noch schlimmer sind die Hebel für Blinker und Scheibenwischer mit ihrer Haptik auf Kleinwagen-Niveau. Oder das Infotainmentsystem, das so undurchsichtig gestaltet ist, dass man besser rechts ran fährt, um es zu bedienen. Mir fällt ein, dass mir bei der ersten Begegnung aufgefallen ist, wie unsauber der Tankdeckel in die Karosserie eingepasst wurde. Und dass die Spaltmaße im Heckbereich alles sind, nur nicht gleichmäßig.

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Na ja, charmante Schrulligkeiten. Solche Sachen haben sie einfach, die Autos von der Insel. Dafür fährt er toll, dieser Aston Martin. Also bis zum ersten Gangwechsel des automatisierten Sieben-Gang-Getriebes, bei dem unfreiwillig der Kopf nach vorne nickt und die Nackenmuskulatur strapaziert wird. Beim nächsten Schaltvorgang das gleiche Spiel. Und beim nächsten wieder. Wenn ich so etwas gewollt hätte, würde ich einen Smart fahren. Aber das hier ist ein Aston Martin, eine Sportwagenikone! Gut, es gibt ja noch den Sportmodus. Der macht bestimmt alles besser.

Besser ja - aber noch lange nicht gut. Der N430 wechselt flotter die Gänge, aber keinesfalls schnell genug. Selbst schalten per Lenkradwippen, in anderen Sportwagen meist eine freudige Angelegenheit, macht es kaum besser. Gerade die Erinnerungen an die meist formidablen Doppelkupplungs- und Automatikgetriebe der Konkurrenten trüben den Fahrspaß im Aston Martin erheblich. Immer wieder denke ich: "Wie toll könnte dieses Auto sein, wenn sie mehr Liebe in das Getriebe investiert hätten. Oder mehr Geld ausgegeben hätten, um bei einem Zulieferer ein besseres einzukaufen."

Für Kunden heißt das: 5500 Euro weniger ausgeben und die Sechsgang-Handschaltung wählen. Das passt auch besser zum intensiven Fahrerlebnis, das dieser Aston Martin bietet. Das liegt vor allem am Motor, einem V8-Sauger, der mich daran erinnert, was den Charme solcher Triebwerke ausmacht, weil es nur ganz wenige Turbomotoren bieten können. Dazu gehören das verzögerungslose Ansprechverhalten, die tolle Drehfreude bis ran an den 8000er-Bereich und natürlich ein Klang, den so nur frei ein- und ausatmende Motoren hinbekommen. Unterhalb von 3000 Umdrehungen klingt das Ganze noch recht zahm, doch dann gehen die Klappen im Auspuff auf und der Aston schreit metallisch-heiser seine Lust auf Drehzahlen hinaus. Dass er sich dabei eine Extraportion Super Plus genehmigt, nehme ich in Kauf. Die Leidenschaft flammt wieder auf. Wenn das der Preis dafür ist - meinetwegen.

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Die Emotionen kommen und gehen

Der Aston und ich, wir sind nun bereit, gemeinsam durch Kurven zu surfen. Das hätten wir schon viel früher tun sollen. Gut, beim Einlenken merkt man dem N430 seine etwa 1,6 Tonnen an. Aber man kann ihm auch als Stärke auslegen, dass er nicht ultraaufgedreht jeden Millimeter an Lenkbewegung in Querdynamik umsetzt. Das lässt ihn in sich ruhen, und hat er die Ideallinie erst einmal getroffen, klinkt er sich bedingungslos in ihr ein. Schafft Vertrauen, indem er über das hart abgestimmte Fahrwerk und die kaum servounterstützte Lenkung viel von dem mitteilt, was unter den Rädern so los ist. Der N430 fühlt sich analog und berechenbar an, bietet ein sehr verbindliches Fahrverhalten. Ein typisches Transaxle-Auto, bei dem der vorne eingebaute Motor und das hinten platzierte Getriebe für eine ausgeglichene Achslastverteilung sorgen.

Doch nach all der Kurvengaudi kehrt er wieder ein. Der Alltag, der auf dem Weg zum Ort des Abschieds, einer freudlosen Tiefgarage, tempolimitierte Autobahnen, baustellengesäumte Ringstraßen und ampelgeschwängerten Stadtverkehr bereithält. Jedes Blinken, jeder Wechsel des Radiosenders, jeder Schaltvorgang sorgt dafür, dass mir der Abschied schließlich leichter fällt als gedacht. Ein letzter Seufzer, als ich mich beim Weggehen kurz umdrehe. Als ich den Kristallglas-Schlüssel wieder abgebe, sind fast alle Emotionen verschwunden. Es ist fast wie, hm, bei einem normalen Auto.

Technische Daten Aston Martin V8 Vantage N430:

V8-Benzinmotor mit 4,7 Litern Hubraum; Leistung 321 kW (436 PS); max. Drehmoment: 490 Nm bei 5000/min; Leergewicht: 1610 kg; Kofferraum: 300 l; 0 - 100 km/h: 4,8 s; Vmax: 305 km/h; Testverbrauch: 14,8 l / 100 km (lt. Werk: 12,9; CO2-Ausstoß: 299 g/km); Euro 5; Grundpreis: 114 995 Euro (120 496 mit Sportshift-II-Getriebe)

Das Testfahrzeug wurde vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

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