Energiepolitik:Milliarden-Bonus soll Revieren Kohleausstieg erleichtern

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Braunkohlereviere, hier in der Lausitz, sollen mit Milliarden-Investitionen für das Ende des Tagebaus entschädigt werden. (Foto: dpa)
  • Ein internes Papier der Kohlekommission zeigt, wie die Folgen eines Kohleausstiegs kompensiert werden sollen.
  • Regionen, die von dem Ende der Kohle besonders betroffen wären, sollen mit Milliardeninvestitionen entschädigt werden. Kommissionskreise gehen von einem zweistelligen Milliardenbetrag an Strukturhilfen aus.
  • Das Geld soll unter anderem in bessere Eisenbahnverbindungen fließen, außerdem sollen Behörden in betroffene Regionen verlegt werden.

Von Markus Balser, Berlin, und Jana Stegemann, Bergheim, Berlin

Im Ringen um einen Kohleausstieg bahnt sich eine Lösung an. Die Kohlekommission der Bundesregierung steht nach Informationen der Süddeutschen Zeitung vor der Einigung auf Strukturhilfen für betroffene Regionen. Die Reviere sollen für ein schnelleres Abschalten von Kraftwerken mit milliardenschweren Investitionen entschädigt werden. Auch beim Zeitplan rückt ein Kompromiss näher. Nach Angaben aus Kommissionskreisen sollen die letzten Kraftwerke zwischen 2035 und 2038 vom Netz gehen. Ein neuer Entwurf für die Sitzung an diesem Donnerstag listet Infrastrukturprojekte für Verkehr und Digitalisierung im großen Stil auf.

So sollen die Reviere besser an die Metropolen Berlin, Dresden, Düsseldorf und Köln angebunden werden. Dazu zählt etwa der Ausbau der A 13 bei Berlin und eine neue ICE-Verbindung von Berlin nach Polen, die die Revierstadt Görlitz "in die Mitte einer internationalen Eisenbahnachse rücken" werde. Zudem sollen das Rheinische Revier und die Lausitz Modellregionen bei der Einführung des neuesten Mobilfunkstandards werden. Für die Realisierung solcher Projekte empfiehlt die Kommission einen "Revierbonus" für schnellere Planung und Finanzierung. Ziel sei es, Strukturbrüche zu vermeiden und moderne Jobs aufzubauen.

Hambacher Forst
:20 000 Bergleute demonstrieren gegen Kohleausstieg

"Hambi bleibt", sagen Umweltschützer. "Hambi muss weg", sagen Teilnehmer einer Demonstration der Gewerkschaften. Dort fürchtet man um Tausende Arbeitsplätze.

Von Benedikt Müller

In der Lausitz und dem Mitteldeutschen Revier in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt, dem Rheinischen Revier in Nordrhein-Westfalen und dem Helmstedter Revier in Niedersachsen droht der Wegfall von bis zu 60 000 Jobs. Zudem fallen jährlich 3,3 Milliarden Euro Wirtschaftsleistung weg. In den Revieren soll auch die bevorzugte Neuansiedlung und Verlagerung von Bundesbehörden und Forschungseinrichtungen neue Arbeitsplätze bringen. Infrage kämen dem Papier zufolge etwa das Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik und das Bundesverwaltungsamt mit einigen Tausend Beschäftigten. Konkret soll in Cottbus ein neues Forschungsinstitut des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt entstehen.

Das Ende der Kohle könnte 2038 kommen

Die Kosten des Programms gehen in die Milliarden. Fest steht, dass in dieser Wahlperiode 1,5 Milliarden Euro für ein Sofortprogramm fließen. Das sei aber nur ein erster Schritt, heißt es in dem Entwurf. Kommissionskreise gehen von einem zweistelligen Milliardenbetrag an Strukturhilfen aus. Das Gremium soll Alternativen für die Wirtschaft und einen Ausstiegszeitplan entwickeln. Derzeit, hieß es, laufe vieles auf den von Co-Chef Ronald Pofalla vorgeschlagenen Korridor von 2035 bis 2038 hinaus. Das Datum soll bis Jahresende stehen. Am Mittwoch besuchte die Kommission das Rheinische Revier, während mehr als 15 000 Bergleute und Industriearbeiter nahe dem größten Braunkohletagebau Deutschlands für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze demonstrierten. Sie kritisierten, dass Deutschland jahrzehntelang auf Kohlestrom setzte, nun aber die Arbeit der Bergleute "schlechtrede". NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) appellierte an die Kommission, einen nachhaltigen Kohleausstieg zu planen und sich nicht an "Symbolen festzuhalten wie dem Hambacher Forst".

© SZ vom 25.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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