Zigaretten als Umweltverschmutzung:Viel Gift in der Kippe

Zigarettenstummel einfach wegzuwerfen, ist ein Fehler. Die Kippen sind weit mehr als nur ein ästhetisches Problem. Über sie geraten Hunderte schädliche Chemikalien in die Umwelt. Reste von Filterzigaretten sind besonders giftig.

Christina Berndt

Die Welt ist ein Aschenbecher. Betrachtet man die blanke Stückzahl, sind Zigarettenkippen der häufigste Müll in der Landschaft. 5,6 Billionen Zigaretten werden jedes Jahr weltweit geraucht, 4,5 Billionen davon werden achtlos weggeworfen.

Feature zum Weltnichtrauchertag

5,6 Billionen Zigaretten werden jedes Jahr weltweit geraucht, 4,5 Billionen Kippen werden achtlos weggeworfen.

(Foto: dpa)

Dabei sind die Kippen mehr als nur ein ästhetisches Problem. Hunderte giftiger Chemikalien sind darin enthalten. Und seit Raucher mehrheitlich den Konsum von Filterzigaretten bevorzugen, sind die übrigbleibenden Kippen noch giftiger geworden.

Schon ein Zigarettenstummel pro Liter Wasser macht Fischen den Garaus, warnen nun Wissenschaftler von der San Diego State University (Tobacco Control, Bd.20, S.i25, 2011). Die Hälfte ihrer Fische starb, wenn die Forscher die Tiere vier Tage lang in Wasser hielten, in dem zuvor für einen Tag eine Kippe pro Liter geschwommen war.

Verwendeten die Wissenschaftler gerauchte Filter ohne jegliche Tabakreste, so waren etwas mehr Kippen nötig: 1,8 Filter pro Liter brachte die Hälfte der Neuweltlichen Ährenfische im Labor der Forscher um. 4,3 Kippen pro Liter waren für Dickkopf-Elritzen tödlich. Selbst ungerauchte Filter töteten zur Überraschung der Forscher noch: Die Chemikalien, die den Filtern und dem umgebenden Papier zugesetzt werden, sind offenbar ungesund genug.

Längst ist bekannt, dass Wasserflöhe und Mikroorganismen des Meeres unter den Überbleibseln des Rauchens in ihrem Medium leiden. Die Untersuchung aus San Diego liefert nun erstmals konkrete Daten zur Giftigkeit von Kippen für Fische. Fische seien ökologisch besonders bedeutend, betonen die Autoren um Thomas Novotny, sie gelten als Bioindikatoren für den Gesundheitszustand aquatischer Systeme. Kurz: Wenn es den Fischen schlecht geht, leiden alle Tiere in diesem Lebensraum.

Auch wenn Kapitäne mit Pfeife heute selten geworden sind: Tabakreste landen häufig genug im Wasser. Jedes dritte Stück Müll, das Umweltschützer bei Aufräumaktionen an den Küsten der Welt finden, ist ein Zigarettenstummel, danach erst kommen Plastiktüten. Auch Skipisten und städtische Grünanlagen sind wahre Müllkippen. Mit der Schneeschmelze und dem Regen werden die Überbleibsel der Nikotinsucht dann in Flüsse und Bäche gespült.

"Die Filter können bis zu 50 Prozent des Teers aus dem Zigarettenrauch aufnehmen", erläutert Martina Pötschke-Langer, Leiterin der Abteilung Krebsprävention am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). In den Filtern sammelten sich also toxische und krebserzeugende Substanzen in hoher Konzentration an - dazu gehörten neben Nikotin auch Arsen und Schwermetalle wie Blei, Kupfer, Chrom und Cadmium. Zusammengenommen könnten die Zigarettenkippen pro Jahr "90 Tonnen Nikotin und mehr als eine Tonne Arsen an die Umwelt abgeben", so Pötschke-Langer.

Gefährdet sind auch Menschen. Bei Kleinkindern kann schon eine verschluckte Kippe zu Vergiftungssymptomen wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall führen. Längst fordert das Deutsche Kinderhilfswerk daher ein Rauchverbot auf Spielplätzen. Dies müsse aber durch Kampagnen und Hinweisschilder begleitet werden, betont Pötschke-Langer. So gibt es zwar in Bayern, Brandenburg und dem Saarland landesweite Rauchverbote auf Spielplätzen.

Dennoch wird die Sandkiste noch allzu oft als Ascher genutzt. So fand das DKFZ im vergangenen Jahr auf Würzburger Spielplätzen durchschnittlich 54 Kippen, während es in Mannheim (wo es kein Rauchverbot gibt) 114 waren. In Heidelberg mit seinem kommunalen Rauchverbot lagen nur 16 Kippen zwischen Wippe und Rutsche. Denn in der Neckarstadt weisen Schilder die Eltern schon am Spielplatzeingang auf ihre Verantwortung und das Recht der Kinder "auf gesunde Spielräume" hin. "Es ist so einfach wie erstaunlich", sagt Pötschke-Langer. "Schilder schützen Kinder."

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