Deutschland-Trikot:Adidas' neuer Nationalstolz

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Trikot der Fußball-Nationalelf: Adidas erwägt, die Trikots künftig in Deutschland herstellen zu lassen. (Foto: Daniel Karmann/dpa)
  • Adidas hat angeboten, das Trikot der deutschen Fußball-Nationalmannschaft wieder in Deutschland produzieren zu lassen.
  • Das Unternehmen setzt damit den DFB unter Druck, mehr zu bezahlen.

Von Uwe Ritzer, München

Mit den Geschäften ist es wie im Sport: Adidas und Nike liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Vorherrschaft auf dem Markt der größten Ausrüster. Sie kämpfen um die großen Stars und Teams in den populären Sportarten. Vor allem natürlich im Fußball, wo Nike Adidas gerne als Ausrüster der deutschen Nationalmannschaft, des Weltmeisters also, ablösen würde. Der Poker um den Ausrüstervertrag ist eröffnet. Doch Adidas-Konzernchef Herbert Hainer will nun am Rande eines Champions-League-Spiels über etwas anderes als Geld reden: Adidas will das deutsche Nationaltrikot auch wieder in Deutschland produzieren lassen. "Wir können uns das gut vorstellen", sagt Hainer.

"2017/2018 werden wir so weit sein." Erstaunlich ist dabei die Rechnung, die Hainer aufmacht. In asiatischen Fabriken gefertigte Trikots bräuchten fünf bis sechs Wochen, bis sie per Schiff auf dem europäischen Markt ankommen, bei den Käufern also. "Per Flugzeug geht es schneller, ist aber auch sechsmal teurer", so der Adidas-Chef. Was läge also näher, als die Produktion, wo immer möglich, "in die Absatzmärkte zurückzuholen".

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Diese Rechenspiele verblüffen, da Nike in den Neunzigerjahren nicht zuletzt deshalb an Adidas vorbeigezogen und zum Marktführer aufgestiegen ist, weil die US-Amerikaner von Anfang an billig in Asien produzieren ließen. Derweil sich Adidas und Puma hierzulande mit der Schließung von Fabriken und dem Abbau Tausender Arbeitsplätze abmühten. Seither lassen alle großen Sportartikelhersteller ihre Waren in Billiglohnländern fertigen.

Hersteller produzieren in Billiglohnländern, seit Nike damit an allen vorbeizog

Die Offerte, das deutsche Leibchen hierzulande nähen zu lassen, ist ein cleverer Schachzug, weil Adidas so den Deutschen Fußball-Bund (DFB) sanft unter Druck setzt. Schließlich lässt sich auch in globalisierten Zeiten vortrefflich mit Arbeitsplätzen und Wertschöpfung im eigenen Land argumentieren. Hainer sendet dem langjährigen Vertragspartner aber auch ein zweites Signal. Adidas wolle zwar unbedingt Ausrüster bleiben.

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Aber: "Es gibt für uns auch eine finanzielle Schmerzgrenze." Zweifellos wird der künftige Ausrüster der deutschen Elitekicker, wie er auch heißen mag, deutlich mehr bezahlen müssen als die jährlich bis zu 25 Millionen Euro, die Adidas derzeit überweist. Allerdings dürfte der Vertrag nicht die Dimension erreichen wie unlängst jene mit Manchester United oder Bayern München. Ihnen zahlt Adidas mehr als 90, beziehungsweise 60 Millionen Euro jährlich. Erfolgreiche und international gefragte Vereinsmannschaften sind pausenlos in den Medien sichtbar, Nationalmannschaften nur alle paar Monate. Der Verkauf ihrer Trikots konzentriert sich auf große Turniere alle zwei Jahre. Und ist dann auch noch vom sportlichen Erfolg des Teams abhängig. Bei der WM 2014 verkaufte Adidas 2,1 Millionen deutsche Trikots, die meisten davon während des Turniers und danach, weil dann der vierte Weltmeister-Stern aufgestickt war.

Leibchen von ManU oder Bayern werden hingegen immer gekauft. Vom FC Bayern waren es 2014 etwa 1,3 Millionen, mehr als von allen anderen Erst- und Zweitlisten zusammen. "Wir machen heute mit Bayern den dreifachen Umsatz wie vor fünf Jahren", sagt Hainer.

© SZ vom 01.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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