Nach Korruptionsvorwürfen:Schlechte Verbindung zwischen Telekom und VW

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Die Telekom verliert einen wichtigen Kunden: Volkswagen lässt seine mehr als 90.000 Mitarbeiter künftig über das Vodafone-Netz telefonieren. Hinter der Entscheidung stecken Korruptionsvorwürfe - auch um den VfL Wolfsburg.

Björn Finke und Klaus Ott

Auf der Hauptversammlung Ende Mai gab sich der Manager angriffslustig: "Wir werden kämpfen, bis wir die Marktführerschaft wiederhaben", sagte René Obermann, der Chef der Deutschen Telekom. Kurz zuvor hatte Rivale Vodafone mitgeteilt, dass er im ersten Jahresviertel im Handygeschäft mehr umgesetzt hatte als die Telekom, also neuer Branchenprimus ist. Nun muss der Bonner Ex-Monopolist eine weitere Niederlage einstecken. Vodafone luchste der Telekom den Volkswagen-Konzern als Großkunden ab. Mehr als 90.000 Beschäftigte des Autoherstellers telefonieren demnächst über Vodafone-Diensthandys. Der Wert des Vertrags liege bei einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag, er laufe über vier Jahre, teilte Vodafone am Dienstag mit.

Die Zeiten des Telekommunikations-Monopols sind vorbei, seither kämpft die Telekom um die Marktführerschaft. Vodafone ist der härteste Konkurrent. (Foto: AFP)

Neben Deutschland geht es um sechs weitere Länder, in dreien war Vodafone schon vorher Partner von VW. In Deutschland haben die Autobauer aber bislang weitgehend über die Telekom mobil telefoniert - und Diensthandys in Deutschland machen den Großteil des neuen Vertrags aus.

Knacks in der Beziehung

Die Beziehungen zwischen Volkswagen in Wolfsburg und dem bisherigen Handy-Dienstleister Telekom sind schon seit zwei Jahren nicht mehr die besten. Der Grund: Als die Verantwortlichen in Bonn damals auf fragwürdige Geschäftspraktiken im Umgang mit Volkswagen stießen, schalteten sie die Behörden ein. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart erhob inzwischen sogar Anklage wegen eines Deals zwischen den Konzernen, bei dem auch einige Millionen für den VW-Werksklub VfL Wolfsburg abfallen sollten. Das soll Korruption gewesen sein.

In der 69-seitigen Anklageschrift wird das angeblich kriminelle Geschäft in allen Details geschildert. Volkswagen habe einen hoch dotierten Vertrag mit der Telekom-Tochter T-Systems erst dann fortgeführt, als die Telekom-Sparte ihrerseits angekündigt hatte, einen Sponsorvertrag mit dem VfL Wolfsburg über vier Millionen Euro pro Saison zu verlängern.

Der Deal mit T-Systems über die Pflege der Computersysteme bei Volkswagen hätte aber nicht an die Unterstützung für den VfL gekoppelt werden dürfen, glaubt die Staatsanwaltschaft. Zwei Führungskräfte aus der Abteilung von VW-Einkaufsvorstand Francisco Javier Garcia Sanz sind nun wegen Bestechlichkeit angeklagt, zwei frühere Manager und ein Ex-Berater von T-Systems wegen Bestechung. Sie sollen sich vor der Wirtschaftsstrafkammer des Stuttgarters Landgerichts verantworten. Das Gericht hat aber noch nicht entschieden, ob es zum Prozess kommt. Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe.

Heftige Reaktionen im VW-Vorstand

Verwerfungen zwischen Bonn und Wolfsburg hatte es bereits 2009 gegeben. Damals wollte die Telekom-Tochter T-Systems aus dem ihrer Ansicht nach nicht lukrativen Sponsoring beim VfL Wolfsburg aussteigen. Bei VW soll das, bis hinauf zum Vorstand, zu "heftigen Reaktionen" geführt haben, wie Telekom-Beschäftigte den Ermittlungsbehörden berichteten. Angeblich soll VW sogar den Rauswurf einer Mitarbeiterin von T-Systems gefordert haben, die wenig zimperlich mit dem Werksklub umgegangen sei. Nun geht VW wenig zimperlich mit der Telekom um.

Eine Retourkutsche? Früher waren die Beziehungen eng und innig. Als die Ermittler in der Sponsoring-Affäre Büros beider Konzerne filzten, stießen sie auf umfangreiche Verträge, die über viele Jahre hinweg Aufträge von VW für die Telekom im Wert von mehreren hundert Millionen Euro vorsahen. In einer Rahmenvereinbarung vom September 2007 soll sogar von einem "Gesamtumsatz" in Milliardenhöhe bis Ende 2012 die Rede gewesen sein. Diese Zeiten sind vorerst vorbei.

© SZ vom 18.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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