Korruption in Griechenland:Kampf gegen heimliche Geldtransfers

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Erst Siemens, dann MAN, Daimler und Ferrostaal: Athen will nach Affären mit deutschen Konzernen die Korruption bei Handelstransfers stoppen.

Klaus Ott

Erst der Industriekonzern Siemens, dann der Lastwagen- und Bushersteller MAN, der Autobauer Daimler und jetzt das Handelsunternehmen Ferrostaal: Deutsche Unternehmen, die in Griechenland etwas verkaufen wollten, machten immer wieder dieselbe Erfahrung.

Korruption gab es schon im antiken Griechenland: Polyneikes besticht Eriphyle mit dem Halsband der Harmonia. (Foto: Foto: oh)

Ohne Korruption waren in Athen Geschäfte mit dem Staat oder mit Staatsfirmen kaum möglich. Über Schwarzgeldkonten und Scheinfirmen im Mittelmeer und in der Karibik flossen Millionen an Politiker, Beamte und Firmenchefs, dann folgten die Aufträge.

Das soll sich jetzt ändern. Die griechische Regierung will Maßnahmen ergreifen, um Schmiergeldzahlungen künftig auszuschließen. Das geht aus einem Schreiben von Verteidigungsminister Evangelos Venizelos an den Stahlkonzern Thyssen-Krupp hervor, das der Athener Zeitung Kathimerini und der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Ein erster Schritt

Darin kündigt Venizelos "Transparenz" bei allen Geschäften an. Jede Zahlung soll von nun an genau erfasst und dokumentiert werden, bei allen Vertragsparteien, um heimliche Geldtransfers zu verhindern. Es ist ein erster Schritt. Ob das ausreicht, wird sich freilich noch zeigen müssen.

Bei Thyssen-Krupp wird das Vorhaben gutgeheißen. Die Schiffbau-Sparte des Stahlkonzerns ist von der Korruptionsaffäre bei Ferrostaal betroffen, dem neuesten derartigen Fall in der deutschen Wirtschaft.

Ferrostaal hat als Zwischenhändler von 2000 bis 2002 Verträge für die Lieferung von vier U-Booten an die griechische Marine abgeschlossen. Kaufpreis: fast drei Milliarden Euro, von denen zwei Milliarden im Voraus bezahlt wurden, was ungewöhnlich war.

Angebliche Mängel an U-Booten

Entwickelt wurden die U-Boote bei der Werft HDW, die seit 2005 zu Thyssen-Krupp gehört. Später, als geliefert wurde, gab es Streit zwischen Griechenland und Thyssen-Krupp wegen angeblicher Mängel an den U-Booten. Bei dem Geschäft soll viel Schmiergeld geflossen sein.

Ermittelt wird gegen Ferrostaal-Manager, darunter auch frühere Vorstandsmitglieder. Thyssen-Krupp ist nicht unter Verdacht, hat aber mit dem Fall zu tun, deshalb der Briefwechsel zwischen der griechischen Regierung und der Schiffbau-Sparte des Stahlkonzerns.

Die seit einem halben Jahr amtierende griechische Regierung von Ministerpräsident Giorgos Papandreou steht von allen Seiten unter Druck. Das Land ist so gut wie pleite, internationale Hilfe gibt es aber nur, wenn die zwischen Adria und Ägäis übliche Schattenwirtschaft endlich konsequent bekämpft wird.

Ermittlungen wie bei Siemens haben Schmiergeldpraktiken in Athen offengelegt, von denen viele Politiker und Manager wussten und die nun erstmals im Detail belegt sind. Jetzt liegen Beweise vor, wie die beiden führenden Parteien des Landes, die linke Pasok und die konservative Nea Dimokratia, sowie deren Vertraute und Günstlinge in Ministerien und Staatsfirmen systematisch kassierten. Ein korruptes Geflecht, das bis in höchste Kreise reichte, wurde offengelegt.

Flucht nach vorne

Der Regierung Papandreou bleibt nur die Flucht nach vorne. Verteidigungsminister Venizelos hat die Athener Staatsanwaltschaft aufgefordert, ihre im Fall Ferrostaal eingeleiteten Ermittlungen voranzutreiben. Früher hat die teilweise mit den Parteien verfilzte griechische Justiz oftmals lieber weggeschaut, um nicht gegen führende Politiker vorgehen zu müssen.

Seit dem auch in den Athener Medien breit abgehandelten Korruptionsskandal bei Siemens ist der Druck der Öffentlichkeit aber enorm, nun muss ermittelt werden. Bei den von einer Thyssen-Krupp-Werft hergestellten und von Ferrostaal gelieferten U-Booten ist die griechische Finanzpolizei bereits auf verdächtige Zahlungen gestoßen, die über Österreich, die Karibik, Liberia und Zypern abgewickelt wurden.

So steht es in einem Ermittlungsbericht von Ende April. Die Empfänger in Athen haben mit dem mutmaßlich schmutzigen Geld, um es zu waschen, möglicherweise Land gekauft.

Verteidigungsminister Venizelos verlangt von der Athener Justiz, per Rechtshilfe alle Informationen der deutschen Ermittler über Ferrostaal und die U-Boote für Griechenland anzufordern.

Die deutsche Justiz untersucht bereits verdächtige Zahlungen in Höhe von fast 100 Millionen Euro. Vieles soll über einen Geschäftsmann in Athen gelaufen sein, der früher beste Kontakte zu den damals wichtigen Leuten in Parteien und Staat hatte. Die heutige Regierung muss aufräumen. Ihr bleibt keine andere Wahl.

© SZ vom 04.05.2010/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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