DGB-Chef Sommer: Mindestlohn:7,50 Euro reichen einfach nicht mehr

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Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Michael Sommer, verlangt einen höheren Mindestlohn - und wirft der FDP Klientelpolitik vor.

Thomas Öchsner, Berlin

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) will zukünftig einen höheren Mindestlohn fordern. Seit etwa vier Jahren pocht der DGB auf 7,50 Euro pro Stunde. Nun wird der Gewerkschaftsbund auf seinem Kongress im Mai eine neue Marke für eine gesetzliche Lohnuntergrenze beschließen. Das kündigte DGB-Chef Michael Sommer in Berlin an. Eine konkrete Zahl nannte er nicht. Er verwies aber auf Mindestlöhne von etwa neun Euro in anderen EU-Ländern.

DGB-Chef Michael Sommer (Foto: Foto: dpa)

Sommer sagte, die 7,50 Euro seien mittlerweile durch die Inflation überholt. Eine flächendeckende Untergrenze sei notwendig, um Lohndumping zu begegnen. Nach Angaben des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts in der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung haben derzeit 20 von 27 EU-Ländern einen gesetzlichen Mindestlohn. In Westeuropa liegt er meist bei mehr als 8,40 Euro. In Luxemburg beläuft sich die Lohnuntergrenze sogar auf 9,73 Euro.

Schlechte Perspektiven

Die Chancen, einen verbindlichen Mindestlohn für alle Arbeitnehmer in Deutschland durchzusetzen, gelten aber als schlecht. Die Regierungsparteien Union und FDP sind dagegen, weil sie einen Verlust von Arbeitsplätzen befürchten.

Hierzulande gibt es nur Mindestlöhne in einzelnen Branchen. Und die stehen langfristig auf der Kippe: Die neue Bundesregierung will bis Ende 2011 entscheiden, ob sie die Regelungen wieder aufhebt.

Appell an Schwarz-Gelb

Sommer forderte die Koalition auf, ihren Widerstand gegen Mindestlöhne aufzugeben. Er verwies darauf, dass 2011 die volle Arbeitnehmer-Freizügigkeit in der EU in Kraft tritt. Beschäftigte aus neuen EU-Beitrittsländern, die hier arbeiten, dürfen dann nach den Entgelten ihrer jeweiligen Herkunftsländer entlohnt werden. Ohne eine gesetzliche Lohnuntergrenze werde es so zu "sozialen Verwerfungen" kommen, sagte er. Empört zeigte sich Sommer über Äußerungen des neuen FDP-Generalsekretärs Christian Lindner. Dieser habe von "Leichtlohngruppen" gesprochen, dies sei eine beschönigende Bezeichnung für "Armutslöhne".

FDP-Chef und Vizekanzler Guido Westerwelle, der die Gewerkschaften 2005 noch als "die wahre Plage in Deutschland" beschimpft hatte, bemühte sich zuletzt um ein besseres Verhältnis zum DGB. Sommer, der im Mai nach acht Jahren an der Spitze für eine dritte Amtszeit als DGB-Chef kandidieren wird, ging bei seiner Neujahrspressekonferenz aber wieder auf Konfrontationskurs. Die FDP sei zur reinen Klientelpolitik zurückgekehrt. Westerwelle, der bei dem Dreikönigstreffen der FDP eine "geistig-politische Wende" gefordert hatte, warf er vor, mit "neoliberalen Hirngespinsten" eine Politik zugunsten der Besserverdienenden zu tarnen. Er warnte die Koalition davor, Steuergeschenke durch höhere Sozialbeiträge zu finanzieren. "Man finanziert das erst mal durch Erhöhung der Sozialbeiträge und sagt hinterher, Arbeit ist zu teuer", sagte Sommer.

Trotz der Kritik an den Liberalen will der DGB-Chef mit Westerwelle im Gespräch bleiben. Bei der nächsten DGB-Vorstandsklausur ist der FDP-Chef eingeladen. Sommer erwartet, "dass er sich der Diskussion stellen wird".

© SZ vom 08.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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