Bram Schot:"Der verkauft Ihnen auch ein Heizkissen"

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  • Bram Schot, Interims-Chef bei Audi, gilt im Unternehmen als Verkaufstyp, Pragmatiker und Anpacker.
  • Das Visionieren und Präsentieren auf der großen Bühne gehört hingegen nicht zu seinen Vorlieben - Attribute, die von einem Audi-Chef aber verlangt werden.

Von Thomas Fromm und Max Hägler

Auch an dem Tag, an dem er seine neue Funktion übernommen hat, sagte Abraham "Bram" Schot: nichts. Am Dienstagmittag verschickte Audi die Nachricht, dass der gebürtige Rotterdamer den Konzern leiten werde - zumindest "vorübergehend", solange bis die Vorwürfe gegen seinen inhaftierten Kollegen Rupert Stadler geklärt seien. Man könnte so ein Amt übernehmen mit Worten wie: Ich will dem Unternehmen in schwieriger Zeit bestmöglich dienen und danke für das Vertrauen! Doch nichts dergleichen.

Das zeigt, dass der Aufsichtsrat den Posten tatsächlich erst einmal nur auf Zeit an Schot vergeben hat. Und es passt zu dem 56-Jährigen, der erst seit wenigen Monaten bei Audi ist: Schot ist unkompliziert, schnell beim "Du". Nach außen hin ist er jedoch kaum präsent, obwohl er bislang zuständig war fürs Trommeln, für das Marketing und den Verkauf. Schot versteht sich als erster Verkäufer, aber eben als leiser. "Er hat in seiner Zeit als Vertriebsmann bei den VW-Nutzfahrzeugen gezeigt, dass er ein absoluter Verkaufstyp ist", sagt einer, der ihn schon länger kennt. "Der verkauft Ihnen auch ein Heizkissen."

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Doch das Spiel mit der eigenen Publicity ist nicht das von Schot, sagen sie bei Audi. Wenn er denn den Chefposten dauerhaft behalten wolle, dann müsse er viel stärker an die Öffentlichkeit treten. Ein Vorstandsvorsitzender, neudeutsch CEO, ist immer auch Außenminister und erster Zampano, muss nach innen und außen Ideen verkaufen, die große Linie vorgeben. Das Visionieren ist jedoch ebenfalls nicht Schots erste Neigung: Er sei Pragmatiker, Anpacker, einer, der messbare Ziele schätzt, heißt es über ihn. Bei öffentlichen Auftritten des Vorstandes sitzt er jedenfalls hinter seinem Tischlein, die Lesebrille auf der Nase, runzelt die Stirn.

Große Freude macht ihm die Bühne offenbar nicht so sehr. Dabei hat er mehr Berufserfahrung als die meisten anderen Manager dieses Konzerns, die oft direkt vom Studium aus ins Volkswagen-Reich kommen: Schots erster richtiger Job nach einem Wirtschaftsstudium in England war bei dem Lastwagenbauer DAF, später ging er für Daimler nach Italien, als Landeschef. Es folgte 2011 der Ruf nach Wolfsburg, wo er verantwortlich war für den Nutzfahrzeugverkauf. Allesamt Stellen, bei denen er nichts mit Dieselmotoren zu tun hatte: Er ist damit einer, der über jeden Betrugsverdacht erhaben ist, was in diesen Tagen in dieser Branche nicht so leicht zu finden ist. Ob das aber reicht, Stadler dauerhaft nachzufolgen? Es ist nicht ausgeschlossen heißt es, Schot müsse sich eben beweisen. Denn mit Stadlers Rückkehr ins Amt des Vorstandsvorsitzenden rechnet kaum noch einer.

Aber die Neubesetzung ist so verzwickt wie auch das Arbeiten in diesem riesigen Volkswagen-Konzern mit seiner wichtigen Marke Audi: Da ist der Anteilseigner Niedersachsen, da sind die Eigentümerfamilien Porsche und Piëch, da sind die so mächtigen Arbeitnehmer. Auch dieses Spiel, das hinter der Bühne, muss beherrschen, wer Audi lenken will. "Schot muss sich auch dort bewähren", sagt einer aus Ingolstadt - zumal gegenüber den Familien: Die wollten eigentlich Finanzchef Alexander Seitz als Interimschef. Einen kleinen Vorteil hat Schot indes schon: Er hat in Wolfsburg, im VW-Gästehaus Rothehof, bis zu seinem Wechsel nach Ingolstadt lange Zeit Tür an Tür mit Matthias Müller gelebt, dem jüngst geschassten VW-Chef.

© SZ vom 20.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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