Beaufsichtigung durch Europäische Zentralbank:Bundestag verliert Einfluss bei Banken-Kontrolle

Europäische Zentralbank EZB Banken, Bundestag

Die Euro-Skulptur des Künstlers Otmar Hörl leuchtet in Frankfurt am Main vor der Zentrale der Europäischen Zentralbank.

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Machtverlust für Berlin: Wenn die Europäische Zentralbank von 2014 an die großen deutschen Geldhäuser beaufsichtigt, hat der Bundestag kein Mitspracherecht mehr. Da die EZB gegenüber der Bundesregierung nicht rechenschaftspflichtig ist, könnte sie theoretisch ohne Rücksprache ein deutsches Geldhaus schließen.

Von Claus Hulverscheidt, Berlin

Die Bundesregierung und der Bundestag werden mit der vorgesehenen Neuordnung der Bankenaufsicht in Europa ihren Einfluss auf die Überwachung der größten deutschen Kreditinstitute verlieren. Das ergibt sich aus den Planungen der EU-Staaten für eine Aufsichtsreform, die 2014 in Kraft treten soll. Demnach werden alle systemrelevanten Banken in Europa künftig allein von der Europäischen Zentralbank (EZB) überwacht. Anders als die deutsche Aufsichtsbehörde Bafin ist die EZB jedoch gegenüber der Bundesregierung nicht rechenschaftspflichtig. Sie könnte damit theoretisch ohne Rücksprache mit Berlin ein deutsches Geldhaus schließen.

Die grundsätzliche Entscheidung für eine Reform hatten im vergangenen Jahr die Regierungschefs der EU getroffen. Dahinter steht die Erkenntnis, dass sich große, international vernetzte Banken von nationalen Ämtern praktisch nicht mehr überwachen und im Zweifel auch nicht abwickeln lassen. Eine weitere Rolle spielte die Erfahrung mit dem Fall Spanien, wo die nationalen Behörden die Probleme der heimischen Banken lange Zeit eher verharmlost hatten, anstatt sie aufzudecken.

Was die Reform für die Einflussmöglichkeiten der nationalen Regierungen und Parlamente bedeutet, spielte allerdings in der öffentlichen Debatte bisher keine Rolle. In Deutschland etwa werden die Geldhäuser derzeit gemeinsam von der Bafin und der Bundesbank überwacht. Beide Institutionen sind formell unabhängig, die Bafin unterliegt aber der Rechts- und Fachaufsicht durch das Bundesfinanzministerium. Es kann etwa die Geschäftsordnung der Behörde ändern und stellt die wichtigsten Mitglieder des Verwaltungsrats. Vor allem aber muss die Bafin das Ministerium über alle aufsichtsrechtlichen Akte informieren, was der Regierung in der Praxis eine Art Vetorecht verschafft. Das gilt vor allem dann, wenn systemrelevante Häuser wie Deutsche Bank, DZ Bank, Commerzbank oder Landesbanken betroffen sind.

Der Bundestag als Bittsteller?

Genau diese Abstimmung wird es künftig nicht mehr geben. "Eigentlich müsste die Rechts- und Fachaufsicht ebenfalls auf die europäische Ebene übertragen werden", hieß es in Regierungskreisen. "Da es aber nun einmal keinen europäischen Finanzminister gibt, fällt sie einfach weg."

Mit der Entscheidung verliert auch der Bundestag an Einfluss, dem bisher das Finanzministerium in Aufsichtsfragen Rechenschaft schuldet. "Da ist der größte Souveränitätstransfer seit Einführung des Euro im Gange - und niemand in der Koalition bemerkt es", sagte der Finanzexperte der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, der SZ. Der Bundestag werde künftig gegenüber der EZB nur noch als Bittsteller auftreten können, auch das EU-Parlament habe kaum Rechte. "Im Extremfall muss der Bundestag für die Kosten einer Bankabwicklung geradestehen, die die EZB veranlasst hat, ohne dass das Parlament auch nur Unterlagen dazu anfordern könnte." Das könne jede kleine Sparkasse betreffen, weil die Zentralbank das Recht erhalten wird, im Ausnahmefall die Aufsicht über jedes Institut in Europa zu übernehmen.

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