Bankenaufsicht erzwingt Abwicklungs-Pläne:Auch Banken brauchen ein Testament

Pläne für die Pleite: Die deutsche Bankenaufsicht verlangt von den größten Kreditinstituten detaillierte Pläne, wie sie sich im Fall der Fälle selbst abwickeln würden. Dabei sehen die Bankenwächter das größte Problem nicht bei den Investmentbanken. Sondern ganz oben auf der Liste steht: die Deutsche Bank.

Andrea Rexer, Bonn

Deutsche Bank Bankenaufsicht Bafin

Große Universalbanken stellen die Infrastruktur dafür bereit, dass das Geld zirkulieren kann. Wenn eine solche Bank von heute auf morgen ausfiele, läge das Wirtschaftsleben in weiten Teilen flach.

(Foto: dpa)

Niemand denkt gern über seinen eigenen Tod nach. Das geht Bankvorständen nicht anders. Jetzt zwingt die deutsche Bankenaufsicht Bafin die größten Institute des Landes genau das zu tun: Bis zum Ende des kommenden Jahres müssen sie bei der Behörde detaillierte Pläne abliefern, wie sie sich selbst abwickeln würden. Auf dieser Basis erstellt die Bafin dann einen Abwicklungsplan für den Fall, dass ein Institut nicht mehr zu retten ist.

"Das ist ein Baustein, um dem Problem Herr zu werden, dass manche Banken zu wichtig sind, um sie pleite gehen zu lassen", sagte Chef-Bankenaufseher Reimund Röseler. Die Bafin hofft, dass sie damit einen Plan in der Schublade hat, wie sie übers Wochenende ein Institut geräuschlos von der Bildfläche verschwinden lassen kann, wenn es sein muss.

Denn in der Finanzkrise hat sich gezeigt, dass die Pleite eines einzelnen Hauses Schockwellen an den gesamten Markt aussenden kann. Das soll nicht wieder vorkommen.

Wie schafft man es, die gefährlichsten Banken der Welt in Schranken zu weisen? Auf der ganzen Welt versuchen Regulatoren, Politiker und Wissenschaftler eine Lösung für das Problem zu finden. Inzwischen liegen eine ganze Reihe von Vorschlägen auf dem Tisch, die darauf abzielen, die Großbanken an die Leine zu legen: In den USA will die Volcker-Rule den Banken das Zocken auf eine Rechnung verbieten, in Großbritannien will die Vickers Kommission das Privatkundengeschäft mit Schutzwällen umzäunen, in Europa schlägt die Liikanen-Kommission vor, riskante Geschäfte auszugliedern.

Keine der vier gefährlichsten Banken ist eine Investmentbank

Während diese Vorschläge noch Zukunftsmusik sind, hat der Finanzstabilitätsrat (FSB) nun Nägel mit Köpfen gemacht und eine Liste der 28 gefährlichsten Banken der Welt vorgelegt (PDF). Je weiter oben auf der Liste sie stehen, desto mehr Kapital müssen sie vorhalten. Dadurch sollen diese Banken stabiler werden.

Ganz oben auf der Liste steht die Deutsche Bank. Flankiert wird sie von den US-Banken J.P. Morgan und Citigroup sowie der britischen HSBC. Die Eigenkapitalquote dieser vier Banken muss in Zukunft 2,5 Prozentpunkte höher sein als bisher.

Keine der vier gefährlichsten Banken ist eine Investmentbank: Alle vier sind Universalbanken - also solche, die einen großen Teil ihres Geldes im Privatkundengeschäft verdienen. Was sie in den Augen der Aufseher so gefährlich macht, ist ihre schiere Größe: Die Deutsche Bank hat eine Bilanzsumme von mehr als zwei Billionen Euro, das macht sie weltweit zur größten Bank. Aber das allein qualifiziert sie nicht für den Spitzenplatz.

Universalbanken stellen größte Gefahr dar

Es ist vor allem ihre Bedeutung für den Wirtschaftskreislauf, die sie so gefährlich macht. Große Universalbanken stellen die Infrastruktur dafür bereit, dass das Geld zirkulieren kann: Sie wickeln den Zahlungsverkehr ab, überweisen Geld von einem Konto zum anderen. Wenn eine solche Bank von heute auf morgen ausfiele, läge das Wirtschaftsleben in weiten Teilen flach. Eine Investmentbank hingegen ist im Zahlungsverkehr meist kein zentraler Spieler, auch wenn sie mit hochriskanten Papieren hantiert. J.P. Morgan, Citigroup, HSBC und die Deutsche Bank tun beides: Sie sind im Investmentbanking und im sensiblen Privat- und Geschäftskundengeschäft tätig.

Die Commerzbank hat sich durch ihren Schrumpfkurs aus der Liste gespart. Sie wird jetzt nicht mehr als global systemrelevant betrachtet. Dennoch droht dem zweitgrößten deutschen Geldhaus ein Kapitalaufschlag: "Wir werden für die deutschen national systemrelevanten Institute einen Kapitalaufschlag verlangen. Wie hoch der ist, steht noch nicht fest", sagte Röseler. Und zu den systemrelevanten nationalen Instituten gehört die Commerzbank allemal.

Die Bafin will nicht veröffentlichen, wie viele Institute auf ihrer Liste stehen, klar ist, dass es deutlich über 15 sein werden. Darunter könnten auch große Sparkassen und Volksbanken sein, kleine Institute sind hingegen davon nicht betroffen.

Wer auf der Liste steht, muss bis Ende 2013 einen Sanierungsplan abliefern, in dem steht, was das Management tun will, wenn die Bank in Schieflage gerät. Von der Commerzbank erwartet die Aufsicht, dass sie ihren Plan vor Jahresfrist einreicht. Sind die Pläne einmal bei der Bafin eingetroffen, so würde man auch Quervergleiche anstellen, so Röseler. Wenn man dabei besonders kritische Punkte feststelle, könnte es sein, dass die Spielregeln verändert werden, um eine Abwicklung leichter zu machen.

Die Aufsicht könnte also bestimmte organisatorische Veränderungen vorschlagen. "Das könnte Richtung Liikanen gehen", sagt Röseler. Die Liikanen-Kommission schlug vor, die Handelsabteilung organisatorisch auszugliedern. Wenn es so weit kommt, dann wäre das die Einführung von Liikanen durch die Hintertür.

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