Amazons Pläne in den USA:Wenn Privatleute zu Paketboten werden

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  • Einem Medienbericht zufolge plant Amazon in den USA, Privatleute Pakete ausliefern zu lassen.
  • Die Auslieferungen sollen dann über eine eigene App organisiert werden.
  • Amazon würde sich damit anderen Unternehmen anschließen, die sich das Arbeitspotenzial der Großstädter bereits zu eigen machen.

Von Pia Ratzesberger

Paketauslieferung per App

Wozu eigentlich noch Mitarbeiter anstellen oder Firmen beauftragen, wenn doch jeden Tag, zu jeder Zeit so viele Menschen auf den Straßen unterwegs sind? Und die nur einen kleinen Anreiz, eine kleine Entlohnung brauchen, um auf ihrem Wege die gleichen Aufgaben zu erledigen? Genau das ist das Konzept von Apps wie Streetspotr oder Appjobber, mit deren Hilfe Nutzer zum Beispiel für Entwickler von Navigationssystemen Bilder von Parkhäusern aufnehmen und dafür ein paar Euro erhalten. Es ist das Konzept von der App Uber Pop, mit der Fahrer in ihren privaten Autos andere Leute mitnehmen und damit Geld verdienen. Und es ist anscheinend auch ein neues Konzept von Amazon, die Masse an Menschen in den Großstädten für seine Dienste zu nutzen.

Das Wall Street Journal (WSJ) berichtet unter Berufung auf Insider, dass der Online-Händler in den USA über eine entsprechende App nachdenkt: Mit deren Hilfe sollen Privatleute auf dem Weg zur Arbeit, zum Sport oder zum Einkaufen Päckchen ausliefern. Dem Bericht zufolge soll die App "On my way" heißen, Informationen über einen genauen Starttermin gebe es keine. Auch sei noch nicht bekannt, ob die privaten Paketboten dann bar oder via Kreditkarte bezahlt werden würden. Amazon wollte den Bericht nicht kommentieren.

Genau wie bei Streetspotr oder Uber Pop könnte das amerikanische Unternehmen Geld sparen, sollte die App tatsächlich realisiert werden: Privatleute, die Pakete nebenbei ausliefern, sind billiger als eine Logistikfirma, die im besten Fall fest angestellte Mitarbeiter engagiert - und denen Sozialleistungen und Mindestlöhne zahlt. Amazon muss ohnehin seine Logistikkosten senken, im vergangenen Jahr stiegen die Ausgaben um mehr als 30 Prozent und damit schneller als der Umsatz.

Wer zahlt, wenn das Paket kaputtgeht?

Mit einer Auslagerung ins Private würde sich gleichzeitig aber auch ein altbekanntes Problem ergeben. Dass wirklich nur diejenigen Pakete ausliefern, die sowieso gerade unterwegs sind, kann niemand überprüfen. Menschen könnten die App zum Geschäftsmodell machen, mit den Auslieferungen ihr gesamtes Einkommen bestreiten - und damit die herkömmlichen Paketfirmen in Bedrängnis bringen.

Außerdem gibt es bei einem privaten Lieferdienst natürlich noch einmal ganz andere Schwierigkeiten als bei einem Fahrdienst: Wer zahlt, wenn das Paket auf dem Weg kaputtgeht? Wer versichert dem Kunden, dass keiner der privaten Boten Päckchen klaut? Solche Fragen sind völlig offen - und vielleicht will Amazon auch deshalb noch nicht konkreter über seine Pläne in den USA reden.

Erst Ende vergangenen Jahres hatte der Konzern in New York einen neuen Turbo-Dienst gestartet, beim dem Produkte Kunden innerhalb einer Stunde gebracht werden. Auch die Auslieferung per Drohne testet der Onlinehändler derzeit. All diese Ideen könnten Amazon zwar helfen, noch schneller und noch billiger zu liefern - genau wie ein privater Botendienst. Doch damit Letzterer bei den Logistik-Kosten auch wirklich einen immensen Unterschied macht, müssten sich wohl ungemein viele Menschen die neue App herunterladen. Denn allein, dass sie unterwegs sind, das nützt dem Konzern noch nichts.

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