Willy Sagnol:Bayerns Minister für Kultur und Jugend

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"Ein Co-Trainer ist fast wie ein Trainer": Willy Sagnol (rechts) und Carlo Ancelotti lernen sich kennen. (Foto: Michaela Rehle/Reuters)
  • Willy Sagnol, 40, nimmt die Arbeit als Assistenztrainer beim FC Bayern auf.
  • Er kann womöglich das bisweilen ins Familiäre driftende Training von Chefcoach Carlo Ancelotti etwas beleben.
  • Vor ein paar Wochen hatte Sagnol Ancelotti noch in einem Interview kritisiert.

Von Sebastian Fischer, München

Nun stand er also wieder dort, wo er berühmt wurde: im Halbfeld. Aus jener Position auf dem Rasen, irgendwo zwischen Mitte und gegnerischer Torauslinie, schlug Willy Sagnol einst als Rechtsverteidiger seine berühmten Halbfeldflanken auf Michael Ballack oder Roy Makaay, 50 Tore bereitete er in neun Jahren für den FC Bayern vor, bis die Fans ihn 2009 in Liebe verabschiedeten. Doch als er nun zurückkehrte ins Halbfeld auf dem Trainingsplatz an der Säbener Straße, wo er früher seine Flanken übte, war alles anders. Sagnol sprintete nicht, er spazierte. Und er flankte nicht, er stellte Hütchen auf.

Der FC Bayern hat an diesem Wochenende das Training für die kommende Saison in der Fußball-Bundesliga aufgenommen, sechs Profis waren gekommen, um erst mal gemütlich zu schnacken und zu schnicken. Die Zuschauer waren jedoch vor allem gekommen, um "Willyyy" zu rufen. Sagnol, 40, ist der neue Assistenztrainer von Carlo Ancelotti. Willyyy lächelte zurück, die Sonne schien. Und doch war das alles keineswegs nur Folklore.

Ancelotti rügt die Berater von Robert Lewandowski: Sie würden zu viel reden, sagt er

Der Meister hat eine vergleichsweise normale Sommerpause hinter sich, mit ein paar angetäuschten Streitigkeiten und Transfergerüchten, zu denen Ancelotti zum Auftakt etwas sagen musste. Die Kritik von Stürmer Robert Lewandowski an seinen Kollegen? "Aaah", sagte er und winkte ab, "Lewandowski hat sich bei mir nie beschwert". Es seien bloß dessen Agenten, die zu viel reden würden. Eigentlich, sagte Ancelotti, sollten Agenten am besten überhaupt nicht reden.

Weitere Transfers, etwa ein Kauf des wohl mehr als 50 Millionen Euro teuren Chilenen Alexis Sánchez vom FC Arsenal? "Wenn sich eine Gelegenheit ergibt, wird der Verein bereit sein", sagte Ancelotti, andererseits: "Der Markt ist im Moment etwas verrückt. Der FC Bayern ist kein verrückter Klub." Außerdem sagte Ancelotti zum aus Bremen verpflichteten U 21-Europameister Serge Gnabry, dass über dessen Zukunft im Klub, oder über ein mögliches Ausleihgeschäft, am Ende der Vorbereitung entschieden werde.

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Die einzige Personalentscheidung allerdings, von der nun bereits feststeht, dass sie den Klub verändern wird, ist die Anstellung von Willy Sagnol.

Die Münchner hatten die Verpflichtung des Franzosen, bis März 2016 Cheftrainer des französischen Erstligisten Girondins Bordeaux, Anfang Juni bekanntgegeben, nun überließ die Führungsriege des Klubs freundlicherweise Ancelotti die Deutungshoheit über den Transfer. "Ich habe nach einem Assistenten gesucht", sagte Ancelotti, nach einem, der den Klub kenne. Sagnol, sagte der Italiener, "wird uns helfen". Dabei ist davon auszugehen, dass Ancelotti auch ganz gerne ohne Hilfe von außen weitergearbeitet hätte. Er habe, was man bislang noch nicht wusste, im Sommer zunächst Philipp Lahm und dann Xabi Alonso zu überreden versucht, seine Co-Trainer zu werden. Doch beide sagten ab.

Nach dem Abgang des Assistenztrainers Paul Clement zu Swansea City im vergangenen Jahr hatte Ancelotti seinen Sohn Davide vom Fitness- zum Co-Trainer befördert, der zweite Assistenztrainer Hermann Gerland leitet nun das Nachwuchszentrum. Es ist kein Geheimnis, dass sich der Klub nicht unbedingt eine italienische Phalanx um die Mannschaft wünscht - und dass Präsident Uli Hoeneß enge Kontakte zu verdienten Profis von einst pflegt.

Die Fans verabschiedeten Sagnol 2009 als "letzten Helden von Mailand", der Franzose gewann mit dem Klub 2001 die Champions League und fünfmal die Meisterschaft. Sagnol trägt genug Bayern-Gen in sich, um Gerland zu ersetzen, er spricht Deutsch, aber auch Italienisch. Und, so wird an der Säbener Straße geraunt: Er kann womöglich das bisweilen ins Familiäre driftende Training Ancelottis etwas beleben.

"Man kann immer kritisch sein", sagt Sagnol: "Kritik ist die erste Stufe für eine Weiterentwicklung"

Vor ein paar Wochen erst hat Sagnol im Kicker gesagt, er sehe bei Bayern "ein großes Problem", Ancelotti setze zu sehr auf erfahrene Profis, er sprach von fehlender Kontinuität. Viel deutlicher kann man einen Trainer nicht kritisieren. "Man kann immer kritisch sein, seine Meinung sagen", erklärte Sagnol am Samstag, "oft ist die Kritik die erste Stufe für eine Weiterentwicklung." Es sei seine Aufgabe, das Training anzuleiten, erklärte Sagnol, er werde jungen Spielern helfen. Und: "Ich würde sagen, ein Co-Trainer ist fast wie ein Trainer." Ancelotti schaute kurz, als hätte jemand Fleisch und Rotwein aus seinem Speiseplan gestrichen. Doch dann entschied er sich für ein vorsichtiges Lächeln.

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Sicherlich sind sich die beiden einig geworden, als Sagnol vor ein paar Wochen nach Kanada reiste, um Ancelotti im Urlaub zu besuchen und die kommenden Aufgaben zu besprechen. Er würde nun mit einem der besten Trainer der Welt zusammenarbeiten, sagte Sagnol. Diese Zusammenarbeit dürfte so beginnen, wie sie sich das vorgestellt haben im Verein.

Ancelotti sprach am Samstag Englisch, er habe im Urlaub kein Deutsch geübt, sorry. Sagnol sprach Deutsch. Er sei zurück "zu Hause", sagte er. In den vergangenen Jahren sei der FC Bayern größer geworden, doch er habe beobachtet: "Die Kultur ist geblieben." Und das, findet Willy Sagnol, der Bayer aus St. Étienne, sei das Wichtigste.

© SZ vom 03.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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