Trendsetter Joachim Löw:Jetzt hat Löw auch noch eine Ästhetik-Debatte am Hals

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Joachim Löw erstaunte mit einem graubraunen Shirt - immerhin, Mario Götze schien das nicht zu stören. (Foto: REUTERS)

Gut aussehen, gut riechen, das ist quasi das zweite Standbein des Markenbotschafters Löw - warum aber trägt er dann ein Hemd, das wie ein Schlafanzug aussieht?

Glosse von Claudio Catuogno

Die Vermutung, Joachim Löw habe während des Spiels gegen die Ukraine "im Schlafanzug an der Seitenlinie" gestanden, wurde zwar über das Internetmonster Twitter weltweit verbreitet, ist aber ehrenrührig sowie erstunken und erlogen. Richtig ist, dass das graubraungrüne Designer-T-Shirt, das Löw nicht nur sich, sondern auch seinem Co-Trainer und Frisurdouble Thomas Schneider für die Partie herausgelegt hatte, aussah wie ein Schlafanzug.

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Das ist schon erstaunlich genug, wenn man bedenkt, dass der Bundestrainer im Nebenberuf Produkte der Kategorie Schönheit und Hautpflege bewirbt. Gut aussehen, gut riechen, das ist quasi sein zweites Standbein.

Könnte sich Joachim Löw nicht etwas souveräner anziehen?

Wenn Trainer sich während des Spiels darüber Gedanken machen, wie sie wohl gerade so rüberkommen, ist das meistens ein schlechtes Zeichen. Während des Spiels müssen Trainer im Taktiktunnel sein. Das kann dazu führen, dass sie sich, während sie darüber nachdenken, ob die Staffelung der Räume zwischen den Linien ein bisschen nachgepudert gehört, unbewusst irgendwo kratzen, an der Nase, am Außenmeniskus oder auch etwas mehr zur Körpermitte hin ... aber lassen wir das, das führt nur weg vom Thema. Wenn Trainer hingegen VOR dem Spiel darüber nachdenken, wie sie während des Spiels wohl aussehen WERDEN, dann ist dagegen gar nichts einzuwenden.

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Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Pep Guardiola wollte beim FC Bayern immer der schönste aller Männer im Stadion sein, er tauschte dazu kurz vor dem Anpfiff den Jogging-Look gegen einen Markenanzug aus. Wenn dann später beim Fuchteln die Slim-Cut-Hose riss und den Blick auf das Gebrauchskleidungsstück darunter freigab, nahm Guardiola das gar nicht wahr. Bei Jürgen Klopp war es umgekehrt: Klopp wollte in Dortmund rüberkommen wie der dem Strukturwandel zum Opfer gefallene Kumpel daheim vor der Glotze, was ihm mit seinen formlosen Jogginganzügen sowie der "Pöhler"-Mütze gelang.

Als Löw mal einen Pullover in einen Stadionmülleimer warf, war die Aufregung gewaltig

Löw will vor allem so aussehen wie sein Trainer- und Betreuerstab. Die Farbe des Tages wird in der DFB-Delegation jeweils am Vorabend mitgeteilt und ist für alle verbindlich, es waren schon grelle, freundliche, düstere, geschmackvolle und geschmacklose Farben dran.

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Von Thomas Hummel

Auf eher dunklen Farben, das nur als Hinweis, zeichnen sich bei anstrengenden Tätigkeiten bisweilen Schweißflecken ab, und wenn dann beides zusammenkommt, Schweißflecken und ein Schlafanzug ... nun, jedenfalls hat der Bundestrainer jetzt neben einer halben Abwehrdebatte und einer dreiviertel Özil-Debatte auch noch eine Ästhetik-Debatte am Hals. Sie dreht sich darum, ob er sich, während er auf souveräne Weise sein Land repräsentiert, nicht ein bisschen souveräner anziehen könnte.

Das war früher anders. Als Löw mal einen hellblauen Pulli achtlos in einen Stadionmülleimer warf, war die Aufregung auch gewaltig. Aber da ging es darum, ob er das Teil aus Merino-Wolle nicht wenigstens einem Altkleidercontainer hätte zuführen können, wenn er es schon nicht mehr anzieht. Andererseits kann Joachim Löw auch froh sein, dass dieser Schlafanzug, der kein Schlafanzug war, jetzt ein Thema ist. Sonst müsste man sich womöglich doch noch damit befassen, wo Löw sich während des Spiels kratzt, aber das ist nun wirklich ein Thema, das man besser den Internetmonstern überlässt.

© SZ vom 14.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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