Ski-WM in St. Moritz:Neureuther: "Da ist es mir in den Rücken geschossen"

Ski alpin: Weltmeisterschaft

Von Rückenschmerzen geplagt: Skirennläufer Felix Neureuther beim Team-Wettbewerb in St. Moritz.

(Foto: dpa)

Von Matthias Schmid, St. Moritz

Felix Neureuther stand im Zielraum und beugte sich nach vorne, die Arme auf seine Stöcke gestützt. Der beste deutsche Ski-Rennläufer brauchte sie in diesem Moment als Gehhilfe, wie ein Neunzigjähriger beim Abendspaziergang. Neureuthers Rücken schmerzte, er hatte sich bei der alpinen Ski-Weltmeisterschaft im Teamwettbewerb verletzt, als er über die kleine Schanze im Parallel-Slalom gesprungen war. "Da ist es mir in den Rücken geschossen, und ich konnte danach nicht mehr Gas geben", sagte Neureuther.

Er verlor sein Duell gegen Matej Falat, es war das entscheidende gegen die Slowakei. Die Deutschen schieden schon in der ersten Runde aus. Zuvor waren schon Lena Dürr und Christina Geiger langsamer gefahren als ihre Gegnerinnen, die Weltklasse-Slalomläuferinnnen Veronika Velez-Zuzulova und Petra Vlhova. Nur Stefan Luitz gewann sein Duell gegen Andreas Zampa. "Die Niederlage ist sehr ärgerlich", fand Neureuther, "aber das muss man jetzt abhaken, weil die Slowaken sehr stark sind."

Das waren sie in der Tat, die Slowakei besiegte im Halbfinale auch die favorisierten Schweizer und musste sich erst im Finale Frankreich geschlagen geben. Den dritten Rang sicherte sich Schweden vor der Schweiz.

Neureuther interessierte sich aber nicht mehr dafür, wer die Medaillen holte, er sorgte sich um seinen in der Vergangenheit schon häufiger verletzten Rücken. "Ich muss jetzt schauen, dass ich ihn wieder hinbekomme", sagte der 32-Jährige. Seine Lieblings-Wettbewerbe bei der WM in St. Moritz stehen ja noch an: Am Freitag findet der Riesenslalom statt, am Sonntag der Slalom. Neureuther hofft auf eine Medaille. Wie schlimm die Schmerzen sind, war nach dem Teamwettbewerb noch nicht abzusehen. "Das werden die nächsten Stunden zeigen", sagte Neureuther nur, ehe er davonschlurfte. Langsam und gebeugt.

Neureuther hatte seine Rücken-Probleme eigentlich überwunden

Sein Rücken hatte in den vergangenen Monaten und Wochen Ruhe gegeben, Neureuther hat es mithilfe seines neuen Physiotherapeuten Oliver Saringer geschafft, ihn so zu stabilisieren und zu kräftigen, dass er wieder schmerzfrei seinem Beruf nachgehen konnte. In den Jahren davor war sein Rücken seine größte Baustelle, drei Bandscheibenvorfälle zwangen ihn immer wieder zu längeren Pausen. Es war bisweilen so schlimm, dass er nicht mehr stehen konnte.

Neureuther vollzog deshalb im Sommer und Herbst 2015 einen radikalen Schnitt, belastete seinen Körper überhaupt nicht mehr, ruhte sich vollständig aus. Statt Ski zu fahren, spazierte er oder machte Langlauf. Er hatte genug von den ständigen Qualen, er wollte endlich gesund werden. Es gab nur zwei Alternativen: Operation oder Neustart. Er entschied sich für die zweite Variante, "weil eine OP bedeutet hätte, das ich nicht mehr hätte Ski fahren können", wie er einmal erzählte.

Der Rücken war vor der WM deshalb auch kein Thema. Diesmal zwickte sein Knie, nachdem er beim Rennen in Garmisch-Partenkirchen einen Schlag bekommen hatte und eine Kapselverletzung erlitt. Sie ist aber nicht so dramatisch. Deshalb waren Neureuther und seine Teamkollegen mit großen Hoffnungen im Teamwettbewerb angetreten. Aus der einst belächelten Disziplin ist mit dem neuen Format längst ein viel beachteter Wettkampf erwachsen, den mittlerweile alle Nationen ernst nehmen und bei dem im nächsten Jahr im koreanischen Pyeongchang sogar erstmals olympische Medaillen vergeben werden. Alle Länder treten mit ihren besten Rennläufern an. Die Deutschen wollten hier endlich die erste Medaille bei der WM gewinnen.

Ob er am Freitag im Riesenslalom starten kann, ist fraglich

Doch es kam anders. Der deutsche Alpindirektor Wolfgang Maier wollte hinterher nicht über Neureuthers Rücken sprechen, vielmehr nervte ihn das frühe Aus in der ersten Runde. "Ich kann gar nicht sagen, wie sehr mich das ärgert", schimpfte Maier. "Am liebsten würde ich heimfahren oder etwas kaputt hauen." Felix Neureuther war da schon auf dem Weg ins Hotel - wo der Mannschaftsarzt und sein Physiotherapeut seinen Rücken untersuchten.

Die Diagnose lautete am Abend dann im besten Mediziner-Sprech: "Kompressionssyndrom der Strukturen an der Lendenwirbelsäule". Neureuther wird wegen einer komplexen Muskelverhärtung nun konservativ behandelt und sagt selbst: "Mein Ziel ist natürlich, schnellstmöglich fit zu werden. Ob das bis Freitag zum Riesenslalom möglich ist, lässt sich aber heute noch nicht sagen." Sein Slalomstart am Sonntag, so heißt es, soll nicht gefährdet sein.

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