Schweiz im Achtelfinale:Shaqiris Drei-Tore-Spektakel

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Drei Tore fürs Achtelfinale: Xherdan Shaqiri (rechts) feiert mit Teamkollege Josip Drmic (Foto: dpa)

Auf dieses Spiel hat er im Nationaltrikot lange warten müssen: Der zuletzt in der Heimat scharf kritisierte Xherdan Shaqiri erzielt beim 3:0-Sieg gegen Honduras alle Tore und sorgt dafür, dass die Schweiz das Achtelfinale gegen Argentinien erreicht. Ottmar Hitzfelds Taktik geht mal wieder auf.

Die Vorhersagen von zu Hause waren düster. Gemäß einer Schweizer Umfrage glaubte nur noch jeder zweite Eidgenosse an ein Weiterkommen seiner Nationalmannschaft bei dieser WM. Die Zeitungen nahmen Trainer Ottmar Hitzfeld nach dem 2:5 gegen Frankreich aufs Korn, warfen ihm Biederkeit vor und vor allem, keinen Plan B zu haben. Fazit auch hier: Achtelfinale unwahrscheinlich. Somit müsste das letzte Gruppenspiel als Wunder von Manaus in die Annalen des Schweizer Fußballs eingehen. Denn die Schweiz steht im Achtelfinale.

Bei näherem Hinsehen war es natürlich kein Wunder. Die Schweizer hatten ja drei Punkte und reichlich Optionen gegen Honduras. Das ist zwar auch ein lateinamerikanisches Land, aber fußballerisch eines der weniger furchterregenden. Am Ende hatten die Schweizer zwar auch Glück und viele körperliche und technische Schwächen gezeigt, dank des überragenden Xherdan Shaqiri, der alle drei Tore schoss, aber 3:0 (2:0) gewonnen. Das nächste Spiel findet also in São Paulo gegen Argentinien statt.

Tatsächlich hatte Ottmar Hitzfeld den Vorwurf, immer den gleichen vorsichtigen Stil zu pflegen, souverän beantwortet: Er verordnete seinem Team auch gegen das kleine Honduras den immer gleichen vorsichtigen Stil. Hinten stand eine festgezurrte Abwehrkette, davor formierte sich eine festgezurrte defensive Mittelfeldkette. In der hintersten Kette ersetzte der 23 Jahre alte Fabian Schär den verletzten Steve von Bergen.

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Dribbler, Torjäger, Freistoßschütze: Mit zwei Treffern schafft erneut Lionel Messi die Grundlage für Argentiniens 3:2-Sieg über Nigeria. Beide Teams stehen im Achtelfinale - doch die übrigen Argentinier müssen sich gewaltig steigern.

In den Zweiersturm rückte Josip Drmic, der demnächst für Bayer Leverkusen spielt, anstelle von Haris Seferovic. Dabei brauchten die Schweizer einen hohen Sieg, wollten sie nicht vom Erfolg der Franzosen gegen Ecuador abhängig sein.

Hitzfelds Vorsicht entsprang aber wohl weniger Bammel als purer Vernunft. Auch in der letzten Partie im Dschungel-Spielort Manaus hieß es: holpriger Rasen, knapp 27 Grad, 76 Prozent Luftfeuchtigkeit, und Trinken in regelmäßigen Abständen. Und dementsprechend gingen es die Schweizer an: Den Ball kontrollieren, sich nicht zu früh überanstrengen, und Tore schießen in regelmäßigen Abständen.

Das Konzept ging auf. Die Mängel in Hitzfelds Team waren zwar erkennbar, viele Zuspiele kamen nicht an, und Honduras hatte 61 Prozent Ballbesitz, aber die Schweiz lag zur Pause 2:0 vorne. FC-Bayern-Profi Shaqiri hatte das zusammen mit Drmic bewerkstelligt. Das 1:0 in der sechsten Minute hatte er noch alleine herausgespielt, es war ein Treffer nach Art von Shaqiris längst fürs Achtelfinale qualifiziertem Klubkollegen Arjen Robben, ein Dribbling am Sechzehner mit Abschluss unter die Latte.

Danach verfiel das Team wieder in den Schweizer Stand-by-Modus und schlug dann plötzlich wieder zu: 31. Minute, Konter über links, Drmic schickte Shaqiri, der traf. Dann wäre Drmic selber dran gewesen, aber er verpasste einmal aus spitzen Winkel. Viel gab es sonst nicht zu berichten aus der ersten Halbzeit, höchstens noch eine Schrecksekunde, als Torwart Diego Benaglio nach einem Zusammenstoß kurz liegen blieb.

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Es war eine der zähesten Partien dieser Fußball-WM: Ein lichter Moment von Naturbursche Edin Dzeko genügt, damit Bosnien-Herzegowina gegen Iran in Führung geht - und schließlich 3:1 gewinnt. Über das Endergebnis freut sich auch der Wald von Salvador da Bahia.

Die zweite Halbzeit begann, und interessant wurde zunehmend auch für die Schweizer Betreuer der Gedanke an das Geschehen ein paar tausend Kilometer weiter südlich, in Rio de Janeiro, wo Ecuador ein einziger Treffer genügte, um alle Schweizer Pläne zu vereiteln. Denn so viel war nun klar: Die Schweiz jagte nicht nach weiteren Toren, und das lag weniger an den Temperaturen, sondern an mangelhafter Technik und an viel zu langsamem Denken für effektives Kontern.

Immerhin, die Abwehr stand verhältnismäßig sicher, kritisch wurde es nur ein paar Mal, etwa als der honduranische Angreifer Jerry Bengtsson in der 53. Minute bereits Benaglio überwunden hatte und Rodriguez auf der Linie klärte. Glück hatten die Schweizer ferner, als ihr Verteidiger Djourou Stürmer Palacios im Sechzehner ohne Folgen zu Fall brachte, und später in der 81. Minute, als Bengtsson per Kopf aus fünf Metern an Benaglio scheiterte. All dies wurde immer unansehnlicher, immerhin konnte man Hitzfelds Team Effektivität bescheinigen: 70. Minute, 3:0. Endlich gelang wieder ein Konter, wieder passte Drmic, wieder schloss Shaqiri ab.

Am Ende reichte es für die Schweiz und ihren Trainer Hitzfeld, der nun noch weitere Spiele bestreiten darf, ehe er in den angekündigten Ruhestand geht. Wie lange noch, bleibt spannend. Mit dem Energiespar-Stil von Manaus dürften die Schweizer jedenfalls nicht weit kommen.

© SZ vom 26.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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