Reaktionen auf Bayern-Niederlage:"Die Liga hat wieder einen Sinn"

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Jubel beim FSV Mainz: 2:1 in München. (Foto: REUTERS)

Was haben Sie gedacht, als Sie von der Bayern-Niederlage gegen Mainz 05 erfahren haben? Wir haben uns umgehört.

Der FC Bayern hat verloren. 1:2 gegen Mainz 05. Nach 15 Pflichtspiel-Heimsiegen in dieser Saison. Der Vorsprung der Über-Riesen-Bayern auf Borussia Dortmund schmolz auf fünf Punkte zusammen, und am Samstag müssen die Münchner zum BVB.

Wir fragten bei Freunden und Kollegen nach: Was war euer erster Gedanke, als ihr von der Bayern-Niederlage erfahren habt? Es kam eine erstaunliche Auswahl zusammen:

Endlich!

Gibt's nicht!

Uli Hoeneß bringt Unglück!

Sch***. Geht des scho wieder los? Der Rückrundenfluch? Halbe Mannschaft verletzt und schon wieder eine Saison, die nach einer furiosen Hinrunde flöten geht?

Nur nicht zu viel Hoffnung machen, dass es doch nochmal spannend werden könnte.

Der arme Uli. Grade raus und schon wieder Blutdruck auf Anschlag.

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Oh Mann - da wird Weltuntergangsstimmung angesagt sein, wenn der Mann nach Hause kommt.

Schnell ins Bett und schlafen. Oder so tun, als ob.

Man kann die destruktive Neunerkette der Mainzer sowohl respektieren als auch verachten; ich persönlich: verachte.

Braucht sich niemand einbilden, dass es jetzt nochmal spannend wird!

Oje, und jetzt verlieren sie in Dortmund, dann scheiden sie in Turin aus und dann ist die Kacke am Dampfen.

Zum Glück habe ich die Karten nicht genommen, die mir gestern noch über Facebook von einem Bekannten angeboten wurden.

Was hat Mainz, was andere nicht haben?

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Die Bayern werden doch nicht etwa noch ins Straucheln ...?! - Nein, werden sie nicht. - Aber was, wenn doch?

Früher war mehr Robbery.

Schnell raus ins Parkhaus, sonst stehen wir lange im Stau.

Was habe ich bei Mainz verpasst, dass die so gut geworden sind?

Ach, deswegen sahen die rot-weißen Massen, die meine U-Bahn blockiert haben, so bedröppelt aus.

Wenn Bayern jetzt noch zwei- bis dreimal verliert, werden Träume wahr! Und wie schön wäre es, wenn der BVB am Wochenende gewinnt.

Seltsamer Abend. Bayern verliert, Dortmund gewinnt, nur noch fünf Punkte Abstand: Die Liga hat wieder einen Sinn.

Wie geil, jetzt geht in der Meisterschaft doch noch was! Ein Sieg am Samstag, und das Ding ist wieder offen. Danke, ihr Mainzer!

Und was ist jetzt mit Samstag? Ziemlich perfide, alle Planungen derart über den Haufen zu schmeißen. Doch wieder Spannung? Eventuell sogar bis zum Saisonende? Die Meisterschaft doch nicht bereits Anfang März entschieden? An diesen Gedanken muss man sich tatsächlich erst wieder gewöhnen.

Es gibt doch noch einen Gott für die Nicht-nur-FC-Bayern-Bundesliga.

Wer früher als geplant aus dem Knast darf, wird anderweitig bestraft.

Das können die Mainzer selbst kaum glauben. Trotzdem wird die Meisterschaft nicht mehr spannend.

Der scheußliche Pep Guardiola wird keinen einzigen Titel gewinnen in diesem Jahr.

1:2? Gegen Mainz? Muahahaha! Endlich mal wieder ein Dämpfer für die Bayern-Hybris. Und zwei Freundinnen, mit denen ich gerade trinken war, ging es genauso. Dass es Hoeneß' erstes Spiel war, hat bei der Schadenfreude aber keine Rolle gespielt.

Ich musste aus beruflichen Gründen den Bachelor auf RTL sehen - konnte aber parallel mit einem Auge auf dem Handy (Sky) das Spiel verfolgen. Die Bayern-Abwehr war so durchlässig wie die Schlafzimmertüren der Bachelor-Kandidatinnen. Dafür kommen einem die Bayern-Interviews nach dem Spiel, verglichen mit den Sätzen des Bachelors Leonard Freier, geradezu tiefgründig und philosophisch vor.

Ich hatte gestern einen weiblichen Teenager-Fan im Bus, die so bescheuert lächelnde Kussmund-Selfies gemacht hat, dass man hätte glauben können, es sei andersrum ausgegangen.

Dann war es doch gut, dass mir die Kollegin die intern angebotenen Karten weggeschnappt hat. Und dass mein bester Freund doch lieber mit seiner Holden ins Stadion gegangen ist, anstatt mich mitzunehmen.

Und hier noch ein etwas längerer Gedanke:

Borussia Dortmund
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Weshalb der BVB das Meisterschaftsrennen in der Bundesliga tatsächlich wieder spannend machen kann.

Von Johannes Aumüller

Die Bundesliga hat sich mal eine Menge darauf eingebildet, dass sie einen spannenden Meisterschaftskampf anzubieten hat - und ziemlich hochnäsig nach Spanien oder England geblickt, wo angeblich immer die gleichen zwei, drei Teams den Titel untereinander ausmachten. Uli Hoeneß hat vor drei Jahren, auch aus dieser Überheblichkeit heraus, vor "spanischen Verhältnissen" gewarnt - will heißen: vor einer ungesunden Übermacht der zwei Platzhirsche Bayern und Dortmund, die im Stile von Barcelona und Real Madrid über dem Rest der Liga schweben. Heute würden sich viele Fußballfans in Deutschland, abgesehen von denen des FC Bayern, nach spanischen Verhältnissen sehnen. Nach einem Titelrennen, das diesen Namen auch verdient.

Doch die Zeiten, in denen Wolfsburg (2009), Stuttgart (2007) oder Werder Bremen (2004) die Bayern-Dominanz durchbrechen konnten, scheinen noch viel länger her zu sein, als sie es in Wirklichkeit sind. Und auch Dortmund musste, nach dem doppelten Titelgewinn 2011/2012, abreißen lassen. Statt spanischer hat die Bundesliga fast schon französische Verhältnisse bekommen: Das von Ölmilliarden aufgepumpte Paris Saint-Germain dominiert die dortige Liga nach Belieben, derzeit mit dem grotesken Vorsprung von 23 Punkten. Auch wenn man dem Menschen Uli Hoeneß eine erfreulichere Rückkehr in die Bundesliga gegönnt hätte: Es liegt schon eine gewisse Ironie darin, dass das erste Spiel, das er nach seinem Gefängnisaufenthalt im Stadion erlebt, das Spiel ist, das die Liga nun wieder spannend machen kann - und sei es nur bis Samstag.

Sollten die Bayern in Dortmund gewinnen, wäre der alte Vorsprung von acht Punkten wiederhergestellt und die Meisterschaft wohl entschieden. Das Rennen hätte dann nur drei Tage gedauert - und wäre trotzdem das spannendste der vergangenen Jahre gewesen. Allein für diesen womöglich flüchtigen Nervenkitzel darf man den tapferen Mainzern dankbar sein. In Spanien, das nur am Rande, hat Atlético Madrid den Zweikampf an der Spitze längst zum Dreikampf ausgebaut. Und in England schickt sich gerade der vermeintlich sichere Abstiegskandidat Leicester City an, die Meisterschaft zu gewinnen. Eine böse Überraschung für die etablierte Konkurrenz - und eine grandiose Geschichte für Fußballfans.

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