Premier-League-Auftakt für Schweinsteiger:Zwei Tritte in die Hacken

Lesezeit: 3 min

Erster Auftritt in der Premier League für Bastian Schweinsteiger. (Foto: Jon Super/AP)
  • Manchester United siegt zum Premier-League-Start 1:0 gegen Tottenham.
  • Der eingewechselte Bastian Schweinsteiger agiert britisch robust - spielerisch überzeugt er kaum.
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Von Filippo Cataldo, Manchester/München

Zugegeben: Die Backsteinoptik und das eingefasste Klubwappen sehen gut aus, leicht erhöht sind sie auch. Trotzdem gibt es bessere Plätze im Theatre of Dreams als die Ersatzbank. Plätze, die näher dran am Geschehen und natürlich auch welche, die mitten im Geschehen sind: auf dem Rasen.

Doch Bastian Schweinsteiger durfte am Samstag bei seiner Heimspielpremiere für Manchester United zunächst Bekanntschaft mit der Ersatzbank im Old Trafford machen. Schweinsteiger war zwar der Wunschspieler von Trainer Louis van Gaal in dieser Transferperiode, der von den Bayern-Fans zum "Fußballgott" geadelte Mittelfeldspieler war schon während der Münchner Periode des (nicht nur) selbsternannten Trainergotts einer seiner Lieblingsschüler. Doch für einen Platz in der Startelf reichte es für den 31-Jährigen beim Premier-League-Auftakt gegen Tottenham Hotspur noch nicht.

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"Die Spiele in der Vorbereitung waren hart für ihn. Er ist noch nicht ganz fit", erklärte van Gaal vor dem Spiel. Deshalb habe man "gemeinsam entschieden", dass Schweinsteiger ein wenig warten müsse auf seine Premiere im neuen Trikot.

Verschont von van Gaals Tiraden

Das hat wenigstens die gleiche Farbe wie sein bisheriges, auch wenn das United-Rot heller und glänzender ist als das der Bayern. Auch an eine neue Rückennummer muss Schweinsteiger sich nicht gewöhnen, er trägt in Manchester wie zuvor in München die 31. Und vielleicht war es gar nicht so schlecht, dass Schweinsteiger die Partie zunächst vom Backsteinbau aus verfolgen konnte. So wurde er wenigstens verschont von den Wut-Tiraden, die van Gaal während der ersten Halbzeit unentwegt aufs Spielfeld rief.

Manchester tat sich äußerst schwer gegen den Fünften der abgelaufenen Saison, spielte arg uninspiriert, bekam den Ball kaum in die Nähe des gegnerischen Tores. Was auch an den Spurs lag, die kompakt standen, klug verteidigten und viel mehr Ballbesitz hatten im gegnerischen Stadion. Nur einmal war die Londoner Hintermannschaft nach einem fatalen Fehlpass Nabil Bentalebs völlig falsch sortiert und konnte dem über Juan Mata und Ashley Young schnell vorgetragenen Angriff der Gastgeber nichts entgegensetzen.

Dass es prompt 1:0 stand, hatte United aber weniger dem folgenden Angriff zu verdanken: Wayne Rooney hatte Youngs scharfe Flanke im Strafraum eigentlich schon vertändelt, doch Tottenhams Walker erbarmte sich und drückte den Ball beim Rettungsversuch zielsicher ins linke untere Eck. Die Führung durch das Eigentor (22.) machte van Gaal an seinem 64. Geburtstag auch nicht viel glücklicher.

Warmmachen ab Minute 51

Es lief die 51. Minute, als van Gaal Schweinsteiger zum Warmmachen schickte. Als sich der Münchner von der Bank erhoben hatte, applaudierten die Zuschauer. Schweinsteiger klatschte zurück, auch, als er sich längst schon warm lief. Neun Minuten später durfte er dann auch endlich aufs Feld. Michael Carrick musste raus, Schweinsteiger übernahm seinen Platz im linken defensiven Mittelfeld neben Morgan Schneiderlin, ein anderer Zugang, für den United sogar über 30 Millionen Euro berappen musste. Schweinsteiger war keine zwei Minuten auf dem Platz, als die Fans seinen Namen skandierten. Keine fünf Minuten dauerte es, bis die Fans "shoot" riefen, als er an der Strafraumkante an den Ball kam. Doch Schweinsteiger schoss nicht, er schob das Spielgerät rasch weiter.

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Überhaupt orientierte er sich eher nach hinten, sammelte in der Schnittstelle zwischen Mittelfeld und Abwehr die Bälle ein und leitete sie zur Seite oder schräg nach vorne weiter. Auf 27 Ballkontakte kam er so, ein durchschnittlicher Wert. Zweikämpfe mied er, Schweinsteiger absolvierte gerade mal fünf in 30 Minuten und gewann davon nur einen. "Es war ein gutes Gefühl und hat sehr viel Spaß gemacht", erklärte der Weltmeister dennoch nach dem Spiel: "Aber der Trainer hat recht: Ein bisschen fehlt mir noch der Rhythmus. Ich brauche noch ein bisschen Zeit, dann wird es schon noch besser."

Zwei Hackentritte gegen Chadli

Wäre nicht die gelbe Karte gewesen, die Premier-League-Premiere des Weltmeisters wäre keiner Rede wert gewesen. Neun Minuten dauerte es bis zu Schweinsteigers erster Verwarnung. Nach zwei Hackentritten gegen Chadli sah er völlig zu Recht Gelb. Das Foul im Mittelfeld vereitelte möglicherweise einen Angriff der Londoner, doch es war auch nicht so spektakulär, dass es die Zuschauer nachhaltig beeindruckte.

Die Fans skandierten da längst schon nicht mehr den Namen des ersten deutschen Spielers bei United, sondern feierten lieber: Sergio Romero, den Torwart. Der ist ebenfalls neu, sein Startelfeinsatz war aber eher überraschend. Van Gaal will einen weiteren Keeper holen, sobald der Wechsel des eigentlichen Stammkeepers David de Gea zu Real Madrid endlich unter Dach und Fach ist. Doch an diesem Samstag rettete Romero durch einige Paraden den Startsieg über die Zeit - und bescherte van Gaal so einen einigermaßen versöhnlichen Geburtstag.

© SZ vom 09.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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