Kanzlerin Merkel beim EM-Viertelfinale:Jubel vom prominentesten DFB-Maskottchen

Lächeln, winken, bibbern: Angela Merkel verfolgt das EM-Viertelfinale in Danzig von der Tribüne aus - und gratuliert danach persönlich in der Kabine. Der Besuch des prominenten DFB-Maskottchens hat im Vorfeld für viele Diskussionen gesorgt. Auf eine womöglich verbindende Geste muss die Kanzlerin allerdings verzichten.

Ingrid Fuchs

Angela Merkel strahlt, sie schäkert mit ihren Sitznachbarn, sie winkt gelöst den deutschen Fans - die Bundeskanzlerin ist derzeit wohl das prominenteste Maskottchen der deutschen Fußball-Nationalelf. Beim EM-Viertelfinale zwischen Deutschland und Griechenland ist die Kanzlerin offensichtlich bestens gelaunt. Dabei hat ihr Kurztrip nach Danzig viele Diskussionen ausgelöst.

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Angela Merkel beim EM-Viertelfinale gegen Griechenland: "Anfangs habe ich gebibbert. Danach hatte ich aber den Eindruck, dass die Mannschaft überlegen ist."

(Foto: AFP)

Der Edelfan der DFB-Elf stand schon vorab im Mittelpunkt des Interesses - mancher Beobachter empfand das offenbar als Überdosis. So twitterte der Fußball-Profi Hans Sarpei während des Spiels für das ZDF: "Nachrichten: Merkel. Fußball: Merkel. Zeitungen: Merkel. Habe Angst, heute Abend ins Schlafzimmer zu gehen."

Beschimpfungen musste Merkel im Stadion nicht aushalten. Ein paar Pfiffe gab es, vereinzelte Schmählieder waren dabei, aber vom befürchteten Spießrutenlauf konnte bei der politisch brisanten Partie keine Rede sein. Im mintgrünen Blazer konnte sich Merkel das Spiel zwischen Uefa-Boss Michel Platini und dem DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach entspannt anschauen. Im Fachgespräch gestikulierte sie, klopfte ihrem Sitznachbarn Platini auf die Schulter.

Vor dem Anpfiff gab sich die Kanzlerin, die sich im hochverschuldeten Griechenland wegen des harten Sparkurses unbeliebt gemacht hatte, betont diplomatisch. "In Griechenland gucken sie auf ihre hervorragende Mannschaft, in Deutschland auf unsere. Ich bin hier, um der deutschen Mannschaft die Daumen zu drücken", sagte die 57-Jährige dem ZDF und spielte die politische Bedeutung der Partie herunter: "Es ist vor allem ein Fußballspiel."

Um 19.50 Uhr war Merkel mit den anderen VIPs erst per Hubschrauber und dann in einer silbernen Luxus-Limousine zum Stadion gebracht worden - begleitet von zahlreichen Bodyguards mit schwarzen Regenschirmen. Als ein deutscher Fan auf dem Treppengelände "Angie!" rief, drehte sich die Kanzlerin um und winkte artig.

Diplomatie vor dem Anpfiff

Lange saß Merkel genau wie alle anderen wie auf glühenden Kohlen. Dann traf Philipp Lahm. Es folgte der kurze Schock durch Georgios Samaras in der 55. Minute, als der Grieche den vorläufigen Ausgleich erzielte. Kaum fünf Minuten später fand der Schrecken ein Ende. Die Bilder, die von diesem Spiel übrig bleiben, zeigen eine begeisterte Kanzlerin: die Arme in die Luft gestreckt, den Mund zum Jubelschrei geöffnet.

Nur zehn Minuten nach dem Abpfiff gratulierte sie den Spielern gemeinsam mit Niersbach und Liga-Präsident Reinhard Rauball in der Kabine: "Glückwunsch, weiter so. Es war wie immer aufregend. In der Anfangsphase habe ich gebibbert. Aber dann habe ich den Eindruck gehabt, dass die deutsche Mannschaft überlegen war." Auch für den DFB-Präsidenten schien es aufregend gewesen zu sein: "Das ist eine persönliche Freude, quasi eingequetscht zu sein zwischen Bundeskanzlerin und Innenminister. Ich weiß gar nicht, welche Schulter mehr lädiert ist", berichtete Niersbach.

Ein Treffen mit dem neuen griechischen Regierungschef Antonis Samaras kam auf der Tribüne nicht zustande. Der 61-Jährige musste sich wegen einer Netzhautablösung einer Augen-Operation unterziehen und verzichtete deshalb auf eine Reise nach Danzig. Auf diese womöglich verbindende Geste musste Merkel also verzichten. Doch ist fraglich, ob das für die griechischen Fans ein Trost gewesen wäre.

Auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, der zwei Plätze neben Merkel saß, wollte von einer Politisierung des Viertelfinals nichts wissen. "Ich glaube, dass da etwas hochgezogen und aufgeblasen wurde. Die Griechen mögen die Deutschen, und die Deutschen mögen die Griechen. Das sieht man ja auch an der tollen Stimmung hier", sagte der deutsche Sportminister nach seinem Rundgang durch die Danziger Altstadt drei Stunden vor dem Anpfiff.

Es war nicht Merkels erster EM-Besuch in Danzig. Drei Tage vor dem Auftaktspiel gegen Portugal hatte sie Löw und den Spielern einen Besuch im Hotel Dwor Oliwski abgestattet und viel Erfolg gewünscht. Spielmacher Mesut Özil postete anschließend auf seiner Facebook-Seite ein Foto mit der 57-Jährigen - und schwärmte: "Eine beeindruckende Persönlichkeit."

Mit Material vom sid

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