Marathon of Hope:5300 Kilometer Hoffnung

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Vor dreißig Jahren hat der kanadische Extremläufer und Spendensammler Terry Fox seinen Marathon of Hope an den Krebs verloren - sein Beispiel als Überlebenskämpfer bewegt bis heute.

Thomas Hahn

Es war ein grauer Tag in Nord-Ontario, als der Husten kam und ein Schmerz, den er nicht mehr aus seiner Brust bekam. Terry Fox kannte sich aus mit Schmerzen, er hatte schon oft welche gehabt, erst recht bei diesem Lauf quer durch Kanada, den er am 12. April 1980 in St. John's, Neufundland, begonnen hatte und den er selbst Marathon of Hope nannte, Marathon der Hoffnung.

"Ich bin nichts Besonderes": Terry Fox (1958 - 1981) im August 1980 in Sudbury/Ontario bei seinem Spendenlauf quer durch Kanada. (Foto: Bettmann/CORBIS)

Über 5300 Kilometer hatte er seither zurückgelegt auf seinem Weg an die Westküste nach Vancouver mit seiner Prothese, die seit einer Knochenkrebs-Erkrankung sein rechtes Bein ersetzte, trotzig, versunken in seiner Entschlossenheit, den Blick mutig nach vorne gerichtet, um Geld für die Krebsforschung zu sammeln. Jeden Tag war er fast 40 Kilometer gelaufen mit seinem humpelnden Schritt und jeden Tag ertrug er es, wie die Prothese auf seinen Stumpf drückte, wie Knie und Schienbein unter der Belastung litten.

"Wir müssen heimgehen"

Aber dieser Schmerz war anders, durch den konnte er nicht einfach durchlaufen, der ging auch nicht weg, wenn er eine Pause machte. Leute am Straßenrand riefen: "Du kannst es schaffen!" Er hörte es. Er lief weiter, bis einige Kilometer später niemand mehr am Straßenrand stand. Er stieg in den Bus, mit dem ihn sein Freund Doug Alward begleitete. Er bat Alward, ihn ins Krankenhaus zu bringen.

Tags darauf lag Terry Fox auf einer Trage, und er berichtete den Reportern von seinen letzten Meilen, vom Husten und von den Schmerzen. Er sprach erst wie ein Sportprofi, der eine Punktspielniederlage erklärt, er wollte standhaft sein, aber er wollte auch, dass die Leute seine Situation richtig verstanden. Er sagte: "Ich hatte ursprünglich Krebs in meinem Knie vor dreieinhalb Jahren und ..." Er stockte. "Der Krebs hat sich ausgebreitet und jetzt habe ich Krebs in meiner Lunge." Seine Stimme brach, er kämpfte. "Und wir müssen heimgehen und eine neue Behandlung versuchen."

Dass Terry Fox, 22, aus Port Coquitlam in der kanadischen Provinz British Columbia, seinen Marathon of Hope an den Krebs verloren hatte, haben sie damals in den Hauptnachrichten gebracht, und vielen Kanadiern muss es tatsächlich so vorgekommen sein, als sei mit der Aufgabe an diesem 1. September 1980 die Hoffnung gestorben. Dieser junge Mann rührte die Herzen mit seiner Ausdauer. Er trug Tabuthemen in den Alltag der Menschen: Krebs, Leistung mit Behinderung. Vor allem aber wirkte sein Lauf wie eine Art Auferstehung.

Fox war 18, als die Ärzte seinen Knochenkrebs diagnostizierten. Drei Jahre später rannte er als kraftvoller Einbeiniger quer durchs Land, weil er sich als Krebs-Überlebender auflehnen wollte gegen das Leid, das er während seiner Therapie bei anderen Patienten gesehen hatte. Fox sammelte in den 143 Tagen seiner Reise nicht nur 1,7 Millionen Dollar, er wandelte durch Kanada wie die leibhaftige Hoffnung auf ein Leben nach der Krankheit.

Die Strecke, die Terry Fox bei seinem "Marathon of Hope" zurücklegte - er wollte ganz Kanada durchqueren. (Foto: N/A)

Dass der Krebs ihn dann doch wieder einholte, wirkt wie die grobe Pointe eines Schicksals, das sich von einem kleinen Kinesiologie-Studenten nicht vorschreiben lassen will, wen es zu sich holt und wen nicht. Aber Fox beklagte sich nicht, er hatte einen klaren Blick auf die Härten des Lebens. "Ich bin kein Träumer", schrieb er in einem Brief, mit dem er die kanadische Krebs-Gesellschaft um Unterstützung für seinen Lauf bat, "ich sage nicht, dass dies irgendeine Art von endgültiger Antwort oder Heilung für Krebs hervorbringt, aber ich glaube an Wunder. Ich muss daran glauben."

Und als der Krebs ihn wieder eingefangen hatte, belehrte er seinen Vater. Rolly Fox sagte: "Ich finde, das ist unfair." Terry Fox antwortete: "Finde ich nicht. So ist das eben mit dem Krebs. Ich bin nicht der Einzige. Das passiert ständig, anderen Leuten. Ich bin nichts Besonderes. Das macht nur noch intensiver, was ich getan habe. Das macht es bedeutender." Dabei war die Diagnose tatsächlich sein Todesurteil. Terry Fox starb am 28. Juni 1981.

Der Glaube an die Menschen

In Kanada verehren sie ihn bis heute als Helden. Straßen, Schulen, sogar ein Berg sind nach ihm benannt, im ganzen Land stehen Terry-Fox-Statuen. Seine Mutter Betty war eine der Fahnenträgerinnen bei der Olympia-Eröffnungsfeier in Vancouver diesen Februar, bei der Eröffnung der Paralympics trugen Betty und Rolly Fox die Fackel. Die Terry-Fox-Stiftung hat in den vergangenen 30 Jahren über 400 Millionen Dollar für die Krebsforschung gesammelt mit ihren Hoffnungsmarathons, die jedes Jahr auf der ganzen Welt ohne kommerzielles Bohei für jedermann stattfinden.

Und diese Heldenverehrung ist echt, nicht künstlich entfacht durch die kleine eitle Welt des Hochleistungssports. Ein junger Mensch hat seine letzte Kraft zusammengenommen, um sich in den Dienst einer Sache zu stellen. Das ist die Geschichte des Terry Fox, der eine Frau aus Toronto mit seinem Lauf damals so sehr bewegte, dass sie sagte: "Durch ihn glaubt man wieder an die Menschen."

© SZ vom 01.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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