Lewandowski-Wechsel nach München:25 Millionen als Party-Thema

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Wohin wechselt er denn nun: Madrid? Chelsea? Robert Lewandowski will am liebsten zum FC Bayern - ausgerechnet Jupp Heynckes berichtet nach dem Finale von dem quasi perfekten Deal. Das missfällt den Verantwortlichen des BVB gehörig. Sie beteuern weiter, dass es bisher keine Kontaktaufnahme gegeben habe.

Von Philipp Selldorf, London

Längst war es draußen wieder hell geworden, aber Jürgen Klopp tanzte immer noch mit blonden und blondierten Damen im Herzen des imperialen Festsaals. Die Party hatte dieses Stadium erreicht, in dem das Personal desertiert und die verbliebenen Gäste wie die Nomaden durch die Gänge wandeln. Einige hatten den Zustand erreicht, der sie wanken und schwanken ließ, andere glaubten, Halluzinationen zu haben, obwohl sie sich noch nüchtern wähnten.

Aber was sonst sollten sie meinen, als sie diesen jungen Mann erblickten, der zwar genau wie Robert Lewandowski aussah, der aber definitiv nicht Robert Lewandowski war? Der allseits bekannte Robert Lewandowski, unvollendeter Held und vollendeter Schurke des Finales in Wembley (sein Foul an Boateng war von grober Hässlichkeit), hatte eben noch mit seiner Freundin Anna Stachurska ein äußerst vorteilhaftes Fotomotiv abgegeben, doch dieser Doppelgänger war viel schmächtiger und viel jünger.

Die Verantwortlichen bei Borussia Dortmund wissen, dass es leider keine Lösung ihres Problems wäre, wenn sie künftig einfach Lewandowskis kleinen Bruder ins schwarz-gelbe Trikot stecken würden, es reicht nicht, dass dieser ihm gleicht wie ein Zwilling, der bloß ein paar Jahre jünger ist. So bleiben die Sorgen um den Mittelstürmer ein wesentlicher Punkt in den Zukunftsplanungen des Klubs. Was wird jetzt aus Lewandowski? Diese Frage war ein zentrales Party-Thema.

Neuen Schwung in die alte Debatte hatte Jupp Heynckes gebracht, als er auf der Pressekonferenz im Stadion unvermittelt feststellte, sein Nachfolger Pep Guardiola werde nicht nur eine wunderbar funktionierende Mannschaft übernehmen, sondern obendrein noch zwei weitere tolle Spieler einreihen dürfen. Außer Mario Götze werde ja auch Robert Lewandowski "nicht mehr lange auf sich warten lassen", sagte Heynckes, es klang beiläufig, vielleicht sollte es das auch.

Die Bayern-Bosse Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge beglückwünschen Robert Lewandowski nach dem Champions-League-Finale (Foto: Getty Images)

Der neben ihm sitzende Bayern-Sprecher Markus Hörwick musste heftig schmunzeln, als er den Satz hörte, die Dortmunder fanden es nicht so lustig. Hans-Joachim Watzke teilte am Sonntag vor der Rückreise nach Westfalen mit, Heynckes solle "sich da raushalten und sich auf seine Mannschaftsaufstellung für nächsten Samstag konzentrieren". Den Pokalsamstag.

Das hörte sich nach mittlerer bis starker Verärgerung an, und der Eindruck trügt wohl nicht. Watzke setzte fort: "Ich weiß nicht, wie nah Jupp Heynckes am Management des FC Bayern ist. Aber wenn die Bayern Lewandowski wirklich haben wollen, dann wäre es gut, wenn wir auch davon erfahren."

Fototicker zum Champions-League-Finale
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Spieler, die sich ein Stück des Tornetzes sichern, Trainer, die zwei Meter über dem Boden schweben - und Fans, die Tränen der Freude oder der Trauer weinen: Komische und rührende Bilder aus dem Wembley-Stadion, aus Dortmund und der Fußballhauptstadt München.

Die Zuhörer in Wembley hatten aus Heynckes' Worten geschlussfolgert, dass die Sache nun auch zwischen den Vereinen geklärt wäre. Aber das wird in Dortmund energisch bestritten. Ob Watzke, Sportchef Michael Zorc oder der Vereinssprecher Sascha Fligge, sie alle sagten den gleichen Spruch auf, als ob sie ihn gemeinsam auswendig gelernt hätten: "Es hat keine Gespräche, keine Anfrage und kein Angebot gegeben." Lewandowski selbst lieferte auch keine Aufklärung.

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Von seiner vagen Ankündigung, nach dem Finale über seine Pläne zu informieren, wollte er nichts mehr wissen. Er fahre jetzt erst mal zu seinem Nationalteam, sagte er, und darin erschöpfte sich der Inhalt seiner Mitteilung.

Die Dortmunder wissen nicht präzise, wie eng die Beziehung zwischen dem FC Bayern und dem polnischen Mittelstürmer wirklich ist, aber sie haben klare Vorstellungen davon. Sie setzen voraus, dass es bereits eine vertragliche Vereinbarung zwischen Klub und Spieler gibt, obwohl das gemäß den Statuten nicht zulässig wäre, weil Lewandowskis Vertrag noch bis 2014 gilt; sie setzen auch voraus, dass bereits Geld aus München geflossen ist, zumindest auf das Konto von Lewandowskis Beratern.

Das alles gefällt den Dortmundern natürlich nicht, aber noch viel mehr stört sie, dass sie offenbar nichts dagegen unternehmen können, dass ihr bester Angreifer zum Feind überläuft. Sie sind bereit, Lewandowski an Real Madrid zu verkaufen oder an den FC Chelsea, was sogar noch praktischer wäre, weil man dann auf dem Weg des Tauschhandels den als Götze-Ersatz begehrten Kevin de Bruyne verrechnen könnte. Das Problem ist jedoch: Lewandowski, so erzählten es Eingeweihte auf der Party, will nicht nach Madrid oder London. Er will nach München.

So konzentriert die Borussia ihre Widerstandskräfte darauf, den Seitenwechsel zumindest in diesem Sommer zu verhindern. Man ist entschlossen, der Versuchung zu trotzen. Auch 25 Millionen Euro Ablöse seien nicht genug, so wird einem mit Nachdruck versichert. Das Problem ist bloß: Solange ihnen kein Angebot vorliegt, können sie auch nicht Nein sagen. Die Bayern strapazieren mit ihrem Schweigen die Nerven der Dortmunder. Sie können warten. Heynckes' überraschend vorlaute Bemerkung ändert daran nichts.

Angeblich wollen die Borussen bei ihrem Torjäger Robert Lewandowski streng auf der Vertragserfüllung bestehen. Sie haben die Hoffnung, dass er auch im Fall der verweigerten Freigabe in seinem letzten Jahr bei der Borussia die volle Leistung bringen würde. Sie wissen aber, dass nicht mal Lewandowski selbst weiß, ob ihm das auch gelingt.

© SZ vom 27.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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