Kommentar:Uli Hoeneß muss seine Couch zusperren

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Enges Verhältnis: Uli Hoeneß und Franck Ribéry. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Eine der Eigenheiten des FC Bayern ist bis heute: Wenn ein Profi sauer ist oder traurig oder beides, wird er vom Präsidenten aufgepäppelt. Das wird in Zukunft nicht mehr funktionieren.

Kommentar von Claudio Catuogno

Wenn die eigene Mannschaft fünf Tore mehr als der Gegner erzielt, kann man als Trainer zufrieden sein. Bloß: Dieser Trainer ist ja nie zufrieden. "Man kann immer noch besser spielen", sagte also Pep Guardiola nach dem 7:2 (3:1) von Manchester City gegen Stoke City.

Kaum jemand beim FC Bayern dürfte am Samstag an Guardiola gedacht haben. Dafür war die Gegenwart zu identitätsstiftend. Und deshalb ist nach diesem ersten Spiel der vierten Amtszeit von Jupp Heynckes, in dem die Bayern ebenfalls fünf Tore mehr erzielten als der Gegner (5:0 gegen Freiburg City), auch nichts dagegen einzuwenden, dass diese Heynckes-Elf jetzt wieder so spielt wie 2013, im Triple-System und (so weit es eben geht) mit dem Triple-Personal. Außer vielleicht eines: dass es 2017 ist.

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Der FC Bayern hat unter dem Rückkehrer Heynckes einen Schritt nach vorn gemacht. Aber zugleich grüßt von der Insel Heynckes' Vor-Vorgänger (der 2013 sein Nachfolger war) und erinnert die Münchner daran, dass sie auch schon mal weiter waren als heute. Die drei Jahre unter Guardiola mögen anstrengend gewesen sein - und der Champions-League-Titel ist auch nicht dabei rausgekommen. Aber eine Zeit lang waren die Bayern in der Moderne angekommen: Im Zentrum ihrer (spiel-)strategischen Entscheidungen stand, wie inzwischen bei fast allen relevanten Klubs, ein Trainer. Das ist rückblickend umso bemerkenswerter, weil gerade die Bayern immer der Inbegriff des Spielervereins waren.

Eine der kulturellen Eigenheiten dieses Klubs ist bis heute: Wenn ein Spieler sauer ist oder traurig oder beides, wird er auf der Couch von Uli Hoeneß am Tegernsee wieder aufgepäppelt. Der Spieler ist König. Dem Trainer Carlo Ancelotti haben sie seinen Hang zum Laissez-faire lange durchgehen lassen, aber als er kürzlich in Paris fünf Führungsspieler gegen sich aufbrachte, war noch in der Nacht Schluss. Spieler als Feinde, "das hätte er niemals durchgehalten", sagte Hoeneß.

Die Bayern gewinnen gerade Zeit - und sie verlieren Zeit

Das Markante beim FC Bayern ist, dass er gerade gleichzeitig Zeit gewinnt und Zeit verliert. Er verliert Zeit, weil Heynckes nicht derjenige sein kann, der das Team Richtung Zukunft modelliert; er festigt den Status quo als Spielerverein. Aber der Klub gewinnt mit Heynckes auch Zeit, um sich zu hinterfragen: Was wollen wir ab 2018 unter einem neuen Coach sein? Weiter der alte Spielerversteherklub? Oder doch ein Trainerverein?

Klar, für den Schritt in die Zukunft werden sie einen Trainer finden müssen, der mehr Gestaltungswille besitzt als zuletzt Ancelotti. Aber sie werden diesen Trainer dann auch machen lassen müssen. Uli Hoeneß wird seine Couch zusperren müssen, anders geht es nicht.

© SZ vom 16.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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