Fußball-WM in Brasilien:Mexiko trifft dreimal - und gewinnt 1:0

Lesezeit: 3 min

Der dritte Treffer zählt: Mexiko bejubelt das 1:0. (Foto: dpa)

Mexiko bezwingt Kamerun hochverdient - und erspart der Fifa damit die nächste Schiedsrichterdebatte. Denn der Unparteiische aus Kolumbien macht einfach da weiter, wo sein japanischer Kollege Nishimura tags zuvor beim Eröffnungsspiel aufgehört hatte.

Wenige Stunden zuvor noch hatten sich die Schleusen des Himmels geöffnet, in Natal, der Hauptstadt des Bundesstaats Rio Grande do Norte im Nordosten Brasiliens, sah es so aus, als könnte dieses zweite WM-Spiel nicht angepfiffen werden. Immerhin mussten etwa die elektronischen Sicherheitskontrollen am Medieneingang wegen des starken Regens abgeschaltet und die Einlasskontrolle per Hand vorgenommen werden.

Aber dann hatte eine göttliche Macht Einsicht und ließ die Auswahlen aus Mexiko und Kamerun pünktlich auflaufen, weil der Rasen auf mysteriöse Weise tatsächlich mit den Wassermengen klar kam.

Die Bedingungen waren freilich nicht optimal, was den Unterhaltungswert dieses Duells indes nur steigerte, der rutschige Ball beschleunigte die ohnehin munter geführte Partie, die Mexiko verdient mit 1:0 gewann. Dass die Mittelamerikaner in der Gruppe A wie Brasilien mit einem Sieg gestartet sind, hat möglicherweise eine zweite große Debatte verhindert. Fragwürdige Schiedsrichterentscheidungen hatten Mexiko klar benachteiligt.

WM-Spiele im Video
:Alle Tore des Fußballabends

Haben Sie die spannenden Viertelfinalpartien Deutschland gegen Frankreich und Brasilien gegen Kolumbien bei der Fußball-WM verpasst? Wir präsentieren Ihnen die Höhepunkte verlinkt aus der Mediathek von ARD und ZDF.

"Es wird nie langweilig", das hatte Volker Finke, der deutsche Cheftrainer der Afrikaner, angemerkt, "jeder Tag bringt Überraschungen", wobei er das natürlich nicht prophetisch mit Blick auf dieses Freitagsspiel bezogen hatte. Dem ersten Einsatz Kameruns waren die üblichen Streitereien um Prämien vorangegangen, das afrikanische Team zeigte sich streikbereit, im letzten Moment knickte der nationale Verband ein. So hoffte Finke endlich zur Abwechslung mal auf eine positive Überraschung.

Im 4-3-3-System schickte der 66-Jährige sein Team auf den klitschnassen Rasen, mit Samuel Eto'o als namhafte Spitze. Allerdings mutierte die Viererkette rasch zu einer Sechserstaffel, aus Not.

Die Mexikaner griffen an, als wollten sie ihren Trainer noch glücklicher machen, Miguel Herrera hat zuvor so schön gesagt: "Ich habe Schmetterlinge im Bauch. Jeder Spieler wird jeden Tropfen Schweiß geben, den er im Körper hat, um Geschichte zu schreiben." Zunächst jedoch folgte: Wutschweiß.

Drei Tore fielen in den ersten 30 Minuten, und doch stand es unschuldig 0:0. Diese WM, erst zwei Tage jung, wird noch viel zu bereden haben, denn Wilmar Roldan aus Kolumbien etwa machte da weiter, wo sein Kollege Yuichi Nishimura tags zuvor beim Eröffnungsspiel aufgehört hatte: Der kolumbianische Referee schaffte gar das Kunststück, zwei Aktionen falsch zu bewerten. Beide Male litt Mexikos quirliger Giovani Dos Santos Höllenqualen. Erst traf der Angreifer vom FC Villarreal per Fuß (11.) - angeblich Abseits. Dann köpfte er nach einer Ecke von Miguel Layun den Ball ins Netz (30.) - angeblich wieder Abseits, was selbst mit mikroskopischem Blick nicht zu eruieren war.

"Uns wurden zwei klare Tore genommen", klagte später Mexikos Trainer Herrera.

Finale: Deutschland Argentinien
:Fußball-WM 2014 Spielplan

Täglicher Spielplan zur Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien mit Gruppeneinteilung und allen WM-Spiel-Terminen.

Angesichts dieser Vorfälle gingen zwei gute Aktionen Kameruns fast unter. Eric Maxim Choupo-Moting, Profi des Bundesligisten FSV Mainz (Joel Matip vom FC Schalke saß auf der Bank), schob ins Tor ein (16.), stand jedoch im Abseits, was Herr Roldan diesmal sah. Eto'o, der alterslose Star im Team, der sich auch so verhält (etwa beim Prämienkampf), schoss zudem an den Außenpfosten, nach schönem Dribbling von Benoit Assou-Ekotto (21.).

Die Frage in der zweiten Halbzeit war, ob vor allem die Mexikaner ihr in letzter Konsequenz zu umständliches Spiel vor dem Tor würden vereinfachen können. Sie sind Pass- und Kombinationskünstler, das zweifellos, doch schon gleich die erste Chance vergab Oribe Peralta auf halbrechts, er hatte nur Torwart Charles-Hubert Itandje vor sich gehabt. Eine symptomatische Szene. Prickelnd blieb diese Partie allemal, schon deshalb, weil die beiden Mannschaften unterschiedliche Spielanlagen pflegen, auch aus solchen Gegensätzen zieht eine WM ja ihren Reiz.

Peralta staubt ab

Kameruns Taktik - hinten ein Bollwerk, vorne ein lungernder Eto'o - ging fast auf, begünstigt durch Standardsituationen, die die Afrikaner oft anstrebten. Der Freistoß von Assou-Ekotto, mit den Queens Park Rangers jüngst in die Premier League aufgestiegen, landete abgefälscht beinahe im Tor (58.). Dieses fiel nur drei Minuten später, und Dos Santos vollendete seine unvollendete Geschichte auf versöhnliche Art: Auch sein dritter Versuch scheiterte, Itandje hielt seinen Schuss aus nächster Distanz, doch Peralta staubte mit links ab, 1:0 (61.).

Eine Erlösung für Mexiko, das seiner Linie treu blieb, Herrera brachte Stürmer für Stürmer, Javier Hernandez, der gefährliche Import von Manchester United, kam für Peralta (72.), dabei mussten doch die Kameruner agiler werden.

Sie mühten sich dann wirklich, doch sie fielen nur noch zwei Mal auf. Erst fällte Nikolas Nkoulou Fabian Marco im Stile eines Gewalttäters. Er hatte Glück, der Mexikaner hatte den Strafraum noch nicht erreicht. Und in der Nachspielzeit scheiterte Benjamin Moukandjo mit einem Kopfball an Torwart Guillermo Ochoa, der akrobatisch den Ball aus der Ecke fischte. "Wir haben uns nicht beirren lassen", freute sich Herrera, während Finke meinte: "Wir sind enttäuscht. Wir hätten ein Unentschieden verdient gehabt, aber nichts ist verloren."

© SZ vom 14.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: