Fußball-Interesse in den USA:Die Bundesliga hechelt hinterher

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Agüero (Mitte, Manchester City) jubelt, die Bayern sind frustriert: So sehen die Kräfteverhältnisse auch auf dem amerikanischen TV-Markt aus. (Foto: Peter Powell/dpa)
  • Englands Premier League liegt beim Zuschauer-Interesse im wichtigen US-Markt weit vor der deutschen Bundesliga.
  • Die Zuschauerzahlen sind um ein vielfaches höher als bei Bundesliga-Spielen.
  • Das liegt auch an der Dominanz des FC Bayern.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

27,3 Millionen. So viele Amerikaner wollten im Juli vergangenen Jahres das WM-Finale zwischen Deutschland und Argentinien sehen. Die bereits zwei Jahrzehnte zuvor prophezeite Fußballbegeisterung schien nun endlich angekommen zu sein - und wahrscheinlich haben die Verantwortlichen der Sendergruppe Fox den Siegtreffer von Mario Götze ebenso bejubelt wie die deutschen Fans im Stadion.

Denn sie hatten ein Jahr zuvor die TV-Rechte an der Bundesliga von der Saison 2015/16 an für fünf Spielzeiten erworben - und sie wussten: Sie würden fortan alle 306 Partien aus dem Land des Weltmeisters auf ihren Kanälen und Streamingportalen präsentieren können.

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Wenig Interesse an "The Klassiker"

Am Sonntag dann wurde auf dem Kabelsender Fox Sports 2 jene Partie gezeigt, die zuvor offensiv mit "The Klassiker" beworben worden war. Der FC Bayern gewann 5:1 gegen Borussia Dortmund, das interessierte jedoch gerade einmal 106 000 Amerikaner. Zum Vergleich: Gleichzeitig lief auf dem Sportkanal NBCSN die Premier-League-Partie zwischen Manchester United und dem FC Arsenal - die wollten 866 000 Amerikaner sehen.

Die Bundesliga hatte in den USA jahrelang ein tristes Dasein auf Spartensendern wie GolTV gefristet, Fox plante nun die Eroberung dieses Marktes mit dem weltmeisterlichem Vermarktungspotenzial. 58 Partien werden auf Fox Sports 1 gezeigt, den mehr als 84 Millionen Haushalte empfangen können, 60 Spiele auf Fox Sports 2 (45 Millionen Haushalte Reichweite) und alle anderen Partien auf dem Bezahlsender Fox Sports Plus.

Vor den Partien auf dem Hauptsender gibt es eine 30-minütige Show mit den ehemaligen Bundesliga-Profis Ian Joy und Eric Wynalda, als Experten werden Jens Lehmann oder Thomas Hitzlsperger zugeschaltet. Es werden Rivalitäten und Derbys erklärt, die Historie vieler Vereine und auch die Spannung im Abstiegskampf, doch noch hilft das nicht viel: Die Vorschau am Samstag sahen 8000, die Partie zwischen Gladbach und Wolfsburg immerhin 25 000 Amerikaner. Gleichzeitig wurde auf NBCSN das Spiel Newcastle gegen Manchester City gezeigt, Zuschauerzahl: 400 000.

Die wenigsten Bundesliga-Zuschauer in dieser Saison hatte es am 12. September gegeben, als gerade einmal 1000 Amerikaner die Live-Übertragung der Partie zwischen Bayer Leverkusen und Darmstadt 98 auf Fox Sports 2 sahen - zur selben Zeit sorgte das Spiel zwischen Manchester City und Crystal Palace für 454 000 Zuschauer bei der Konkurrenz.

Die Premier League hat aufgrund des gewaltigen Marketing-Aufwands in den vergangenen 15 Jahren einen immensen Vorsprung vor der Bundesliga - und es gibt kein Anzeichen dafür, dass dieser Vorsprung geringer werden dürfte. Im Gegenteil, die britische Liga hat ihre Bemühungen um diesen Markt noch einmal intensiviert. Natürlich war der FC Bayern in der Sommerpause 2014 in den USA und flog sogar Weltmeister wie Philipp Lahm, Thomas Müller und Bastian Schweinsteiger für ein paar Stunden ein. Nur: In diesem Jahr kam kein Bundesliga-Verein in die USA, dagegen präsentierten sich acht Premier-League-Klubs in Trainingslagern und bei Freundschaftsspielen.

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Bundesliga, so lange sie spannend ist

Der Platzhirsch röhrt gewaltig, und es hilft bei der Vermarktung der Bundesliga in den USA auch nicht gerade, dass nach dem vergangenen Wochenende die 17 anderen Vereine dem FC Bayern zur Meisterschaft gratuliert haben. Amerikanische Sportfans sind aufgrund der Struktur der dortigen Ligen mit Playoffs und Finale gewöhnt, dass der Titel am letzten Spieltag einer Saison vergeben wird - und nicht schon sieben Monate davor. In der Bundesliga beträgt der Vorsprung des FC Bayern auf den Zweiten Dortmund nach der 5:1-Watschn sieben Punkte - in der Premier League liegt der Abstand zwischen dem Tabellenführer Manchester City und dem FC Liverpool auf Platz zehn bei gerade einmal sechs Punkten.

Die Menschen in den USA interessieren sich für Fußball, sie interessieren sich auch für die Bundesliga - so lange sie spannend ist und nicht mit der Premier League konkurriert. Kürzlich wagte Fox ein Experiment und zeigte die Partie zwischen dem FC Bayern und dem FC Augsburg (Live-Zuschauer: 40 000) als Aufzeichnung. Zu einer besseren Sendezeit, direkt nach der Übertragung einer Partie der Football-Profiliga NFL, vor allem aber ohne gleichzeitig stattfindendes Premier-League-Spiel. Es funktionierte, 926 000 Amerikaner sahen zu. Da war die Meisterschaft allerdings auch noch nicht entschieden.

© SZ vom 08.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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