Fußball-EM:Island stellt Ronaldo kalt

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Kari Arnason gegen Cristiano Ronaldo. (Foto: dpa)

Der Außenseiter ringt Portugal ein 1:1 ab. Obwohl der Favorit drückend überlegen spielt und durch Nani in Führung geht, holen die Isländer ihren ersten Punkt bei einem großen Turnier.

Von Ulrich Hartmann, Saint-Etienne

Cristiano Ronaldo hat drei Mal die Champions League gewonnen, war drei Mal Weltfußballer des Jahres und wird immer einer der bedeutendsten Fußballer bleiben. Mit der Mannschaft Portugals hat er aber nie einen Erfolg gefeiert. 2004 verloren sie das EM-Finale gegen Griechenland.

Am Dienstagabend haben Ronaldo und seine Kollegen einen neuen Anlauf genommen. Nach je drei Welt- und Europameisterschaften spielt der 31-Jährige mit Portugal nun zum siebten Mal bei einem großen Turnier mit und hofft sehnsüchtig auf den Titel. Aber auf solche Einzelschicksale konnten die Isländer keine Rücksicht nehmen. Sie spielten überraschend gut mit, rangen den technisch überlegenen Portugiesen ein verdientes 1:1 (0:1)-Unentschieden ab und entzauberten nicht nur Cristiano Ronaldo.

Bei den Isländern, die als Zweiter ihrer Qualifikationsgruppe schon dafür mitverantwortlich waren, dass die Niederländer diese EM versäumen, standen in der Startformation elf Spieler, die in neun unterschiedlichen Ländern aktiv sind. Mit Jon Bödvarsson war auch ein Stürmer vom 1. FC Kaiserslautern dabei, während Alfred Finnbogason vom FC Augsburg bis kurz vor dem Ende auf der Ersatzbank saß.

Sie begannen ihre EM-Premiere genauso engagiert wie sie die Qualifikation bestritten und dabei auch 1:0 in Amsterdam gewonnen hatten. Nach zweieinhalb Minuten hatte der frühere Hoffenheimer Gylfi Sigurdsson vom walisischen Klub Swansea die große Chance zur frühen Führung, scheiterte aber am Torwart Rui Patricio. Das wäre ein unglaublicher Start gewesen. Aber die geschätzten 8000 isländischen Fans machten auch so einen Riesenlärm. Sie bejubelten anfangs jeden Ballbesitz ihrer Mannschaft. Irgendwann war das Nullzunull aber schmeichelhaft, nachdem Torwart Hannes Halldorsson einen Schuss des Wolfsburgers Vieirinha (18.) und einen Kopfball von Nani (21.) hatte parieren müssen. Der Druck der Südeuropäer auf die Nordeuropäer erhöhte sich sukzessive.

600. Treffer der EM-Geschichte

Ronaldo, der in der ersten Halbzeit einen Kopfball neben das Tor setzte und einen langen Ball nicht erwischte, spielte sich zwischendurch ein bisschen auf. Er ließ den Fuß großspurig über den Ball rollen und schaute bei einem profanen Pass nach links absichtlich nach rechts. No-look-Pass nennen das Sportler. Aber Ronaldo wollte sich ein bisschen profilieren. Immerhin ist er mit 127 Länderspielen nun gleichauf mit Luis Figo portugiesischer Rekordspieler.

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Die technische Überlegenheit der Portugiesen wurde immer größer. So fiel in der 31. Minute das dem Spielverlauf durchaus angemessene 1:0. André Gomes brachte von rechts einen scharfen Ball in den Fünfmeterraum, in dem Nani inmitten zweier isländischer Abwehrmänner ungestört ins Tor schießen durfte. Es war der 600. Treffer der EM-Geschichte. Dem Jubiläumstor ließen die Portugiesen gleich eine weitere Druckwelle folgen. Die Isländer hatten nun mit der hohen Geschwindigkeit ihrer Kontrahenten zu kämpfen.

Trotzdem begann die zweite Halbzeit mit einem Knaller. Johann Gudmundsson vom englischen Klub Charlton Athletic brachte in der 50. Minute eine Flanke in den Strafraum, die Birkir Bjarnason vom FC Basel volley zum unerwarteten 1:1 einschießen konnte. Es war das erste EM-Tor in der isländische Fußballgeschichte. Der Ausgleich förderte die Durchblutung der Nordlichter sichtlich, nun träumten sie von der Sensation und erwehrten sich der filigranen Portugiesen mit aller Rustikalität. In der 71. Minute kam Bayern Münchens künftiger Portugiese Renato Sanchez ins Spiel, konnte seiner Mannschaft aber auch nicht mehr auf die Sprünge helfen. Beim Abpfiff jubelten die Isländer überschwänglich.

© SZ vom 15.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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