Liverpool schlägt City:"Zwei Teams! Vollgas! Wow!"

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Reagierte eigentlich ganz gelassen auf das Spiel: Jürgen Klopp. (Foto: REUTERS)
  • Zum ersten Mal verliert Manchester City in dieser Saison ein Spiel. An das 4:3 gegen den FC Liverpool wird man sich noch eine Weile erinnern.
  • Gegen keinen Trainer hat Pep Guardiola eine so schlechte Bilanz wie gegen Jürgen Klopp.
  • Langfristig ist es aber das Ziel des FC Liverpool, konstant um den ersten Platz mitzuspielen.

Von Sven Haist, Liverpool

Eine gewisse Heimeligkeit hatte sich über Anfield gelegt. In diesem mythischen Stadion, wo es an irgendeiner Stelle an Spieltagen quasi immer laut ist, liefen bloß noch die Rasenhüter über den Platz - bis Jürgen Klopp am Spielfeldrand erschien. Der Anführer des FC Liverpool hatte sich den US-Sender NBC ausgesucht, um loszuwerden, was sich in England öffentlich keiner traut, loszuwerden. Selbst die Warnung des Moderators, das Gespräch laufe "live" ab, schreckte Klopp in der Euphorie nicht ab. Bei seinen Ausführungen redete er so schnell und furchtlos, wie sein Team zuvor angegriffen hatte. "Man kann das Spiel als Trainer betrachten und sagen: Okay, wir hätten dies und das besser machen können. Oder man betrachtet es als Fan und sagt: What the fuck was that?"

Auf die Reaktion, dass dieser eigentliche Fluch (Was "zur Hölle" war das?) doch bitte nicht ins Fernsehen gehört, richtete Klopp sein Gesicht direkt in die Kamera. Als ob er jeden Zuseher persönlich ansprechen wollte auf der anderen Seite des Atlantiks, sagte er: "Ich dachte, in Amerika geht das in Ordnung." Dann lachte er sein bestens bekanntes Lachen, gegen das sich wohl kein Vorwurf behaupten kann. Und die Öffentlichkeit riss sich um diesen denkwürdigen Dialog, der einen Nachhall fand wie das ebenso denkwürdige Spiel, das Klopp gar als ein "historisches" einstufte, über das man noch in 20 Jahren sprechen werde. "Zwei Teams! Vollgas! Wow! Wenn sich Qualität mit Einstellung mischt, kommt ein Spiel wie dieses heraus. Ich habe es geliebt."

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Streng genommen handelt es sich ja zeitgeschichtlich bei Liverpools 4:3 gegen den Spitzenreiter Manchester City um einen Erfolg am 23. Spieltag der Premier League, durch den sich die Reds auf Platz drei vorarbeiteten und den Rückstand in der Tabelle auf 15 Punkte verringerten. Die schier grenzenlose Begeisterung bei Liverpool über das Resultat bezog sich also daher, nun die erste Mannschaft zu sein, die City in dieser Saison besiegt hat. Niemand auf der Insel wusste ja so genau, ob der neureiche Klub in der Liga überhaupt verlieren kann. Seit dem 1:2 beim FC Chelsea im April 2017 blieb die Mannschaft des katalanischen Fußballgurus Pep Guardiola in 30 Spielen ohne Niederlage. Das Vorhaben, den Rekord des FC Arsenal aus der Saison 2003/04 zu egalisieren, als kein Verein die sogenannten Invincibles bezwingen konnte, rückte mit jedem schadlos überstandenen Spiel einerseits näher, aber andererseits auch nicht. Nach der mitreißenden ersten Saisonhälfte vermittelte City jüngst den Eindruck, sich eigenmächtig eine im Spielplan nicht vorhandene Winterpause zu gönnen. An Silvester bewahrte noch ein gehaltener Elfmeter den Status der Unantastbarkeit. Jetzt kam er doch abhanden.

Um der auf Dominanz ausgerichteten Spielidee von City beizukommen, bedarf es in der Theorie einer Angriffstaktik, die vorsieht, sich permanent mit mehreren Spielern wagemutig auf den Ballführenden zu stürzen. Genau darauf hat Klopp sein Team in der bisherigen Amtszeit getrimmt. Das bestätigt die Vermutung aus früheren Duellen in Deutschland, dass sich Guardiola mit Klopp als Gegenspieler besonders schwer tut. Mit sechs Erfolgen in zwölf Partien hat der Kontermeister Klopp nun den Ballbesitzmeister Guardiola häufiger besiegt als jeder andere Trainer. Dafür exemplarisch stehen die vier Tore für Liverpool durch Alex Oxlaide-Chamberlain (9.), Roberto Firmino (59.), Sadio Mané (61.) und Mo Salah (68.), die allesamt aus einem unmittelbar vorher erlittenen Ballverlust Citys entstanden.

Das Problem der vielen erinnerungswürdigen Auftritte von Liverpool ist: Sie lassen sich nicht zu einer gesamten Saison aneinander reihen. Deshalb wird der Klub wohl auch in diesem Jahr den ersten Titel in der Premier League verfehlen. Ein solcher Husarenritt wie am Sonntag gelingt im dicht gedrängten Terminkalender eben nicht beständig, zumal der Tiefgang im Personal bei Liverpool weiter fehlt. Die aktuellen Kräfteverhältnisse in der Liga könnten für Liverpool ab dem Sommer ein Zeitfenster öffnen, in dem die Reds die Chance haben, sich nach 1990 endlich mal wieder zum Meister zu machen. Bis dahin geht es um die Feinabstimmung, die Klopp mit einer Entscheidung auf der Position des Torhüters einleitete. Nach anhaltenden Wechseln sprach sich Klopp nun für den Ex-Mainzer Loris Karius als neue Nummer eins aus.

Zu den weiter ungeklärten Personalien gehört dagegen die Zukunft des deutschen Nationalspielers Emre Can. Mit Naby Keita aus Leipzig hat Liverpool einen möglichen Ersatz bereits verpflichtet, aber bei der Stelle vor der Abwehr schadet ein Überangebot wahrlich nicht. Davon abgesehen hat sich Can zu einer international gefragten Größe entwickelt. Seine kraftvolle Spielweise schafft die ausgleichenden Bewegungen zur Offensive, damit das Team nicht aus dem Gleichgewicht gerät. Im aktuellen Vertragspoker dürfte es dem defensiven Mittelfeldspieler vorrangig um die Wertschätzung seiner Fähigkeiten gehen. Trotz eines grippalen Infekts koordinierte Can bis zu seiner Auswechslung in der Schlussphase die Abläufe auf dem Platz: Erst danach kam City durch zwei Tore noch mal heran.

Ein öffentliches Lob brachte ihm diese Leistung nicht ein. Auf dem Weg durch die Medienzone lieferte Jürgen Klopp vielmehr ein anderes Bonmot ab. "Vielleicht finden wir jemand, der sich über die Defensive beschwert", sagte Klopp, aber der könne ihm mal "den Schuh aufblasen".

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