FC Bayern präsentiert Matthias Sammer:Klare Ziele beim Amtsantritt

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Von Beginn an wachsam: Der FC Bayern präsentiert Matthias Sammer in München als seinen neuen Sport-Vorstand - gleich am ersten Arbeitstag wird klar, weshalb Vorgänger Christian Nerlinger beurlaubt werden musste: Mit Sammer haben die Bayern endlich wieder einen Mann, der Aufbruchstimmung erzeugt.

Andreas Burkert

Vor vier Jahren hat Uli Hoeneß anders ausgesehen. Er grinste damals vor Glück, als sich Jürgen Klinsmann in einem Münchner Bahnhofshotel als Trainer des FC Bayern präsentierte. Klinsmann, dachten die Münchner: Was für ein Coup! Am Dienstagabend zeigte sich der Klubpräsident nicht minder überzeugt von seinem neuen Mann, er hat ihn ja persönlich ausgesucht, mit ihm verhandelt, ihn überzeugt, obwohl das offenbar ein Kinderspiel war. Dennoch: Hoeneß sah seltsam reserviert zu, wie die Fotografen Matthias Sammer, 44, ablichteten, den neuen Sportvorstand. Es wirkte fast so, als wolle da jemand von Beginn an wachsam sein. Klinsmanns Tempo hat Sammer nämlich allemal.

"Wir haben überhaupt keine Zeit", legte Sammer los, und dann hörte sich die Präsentation so an, als sei er irgendwie schon immer da gewesen: "Wir wollen, müssen und werden auch sofort erfolgreich sein. Wir sind der FC Bayern."

Das war schon das große Motivations- und Erweckungskino, was da im Presseraum der Münchner Arena am Dienstag zu bestaunen war - und es ging weiter: "Wir brauchen eine Aufbruchstimmung." Sagt einer, der Fußball selbst nie bei Bayern München gespielt hat, sondern erfolgreich in Dresden, Stuttgart, bei Inter Mailand und Borussia Dortmund.

Es sollte also gleich am ersten Arbeitstag klar werden, weshalb sich die Münchner zum Personalwechsel entschlossen haben. Weshalb sie sich von Sportdirektor Christian Nerlinger trennten - und Sammer, den Europameister von 1996, der seit 2006 als Sportdirektor beim DFB arbeitete, hinzuziehen. Befördert direkt zum vierten Mitglied im Vorstand, ausgestattet mit Vertrag bis 2015. Sammer wird zum (Re-) Animateur des FCB.

Er findet aber auch eine komplizierte Situation vor. An diesem Dienstag hatte Jupp Heynckes wieder zum Training gebeten; Sammer hielt gleich eine Ansprache vor dem arg dezimierten Kader. Einige Zugänge wie der Brasilianer Dante aus Mönchengladbach müssen bereits jetzt üben für die erst Ende August bei Aufsteiger Fürth startende Saison - andere kommen später hinzu. "Unsere Nationalspieler haben drei Wochen Urlaub", stellte Sammer fest und fügte mit gewisser Strenge an: "Ich hatte als Fußballer nie drei Wochen Urlaub!"

Er ließ einige Fachbegriffe aus der Trainingslehre ("Zieldefinition") einfließen und befand: "Die schlimmste Situation wäre jetzt Selbstmitleid. Dieses Bedauern kann vielleicht woanders möglich sein, aber nicht beim FC Bayern." Es gebe "überhaupt keinen Grund für irgendein Alibi".

Wirklich nicht? Seit zwei Jahren haben die Münchner keinen Titel gewonnen, das verlorene Elfmeterschießen gegen den FC Chelsea steckt allen in Gemüt und Knochen, die 14 Münchner EM-Darsteller von Gomez über Robben bis Ribéry stehen zum Teil unter ernüchternden Eindrücken. Sammer nimmt die komplizierte Situation ums Personal an, er spricht sofort und immerzu vom "Wir!". Eine gewisse Sympathie für die Bayern hat der gebürtige Sachse mit Wohnort München über all die Jahre offenbar stets besessen. Hoeneß erklärte, Sammer habe beim DFB eine speziell auf den FC Bayern gemünzte Ausstiegs-Verabredung gehabt. Die Freigabe vom Verband war am Montag auch rasch eingeholt.

Matthias Sammers Karriere
:Rotschopf, Motzki, Titelsammler

Er begann seine Karriere bei einem Ostklub und feierte etliche nationale und internationale Titel: Matthias Sammers Fußball-Karriere ist geprägt von großen Erfolgen und Siegeswillen. Das soll er nun auch als Sportdirektor beim FC Bayern fortsetzen.

Sammer sagt, er habe nicht lange überlegen müssen: "Wenn der FC Bayern anruft, ist das was Besonderes, da klingelt nicht einfach der Postbote." Stets war Uli Hoeneß dran. "Wir haben uns nur mit Matthias Sammer beschäftigt", versichert er. Einige Male war Hoeneß mit Sammer beim Arbeitsessen gewesen. Am vergangenen Wochenende wurde dann mit Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Trainer Heynckes getagt.

Gute Laune: Matthias Sammer (rechts) und Uli Hoeneß. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Hoeneß hofft, dass nun ein sehnlicher Wunsch in Erfüllung geht: "Ich will doch endlich oben auf der Tribüne sitzen und sehen, dass alles in Ordnung ist", erklärte er. "Wir wollten einen Mann haben, der gerade im Nachwuchsbereich Zeichen setzt", so der Präsident - beim DFB seien viele Nationalspieler "durch seine Hände gegangen". Generell ist Hoeneß "die Kompetenz seiner Auffassungen aufgefallen".

Auch deshalb rücke Sammer, anders als Nerlinger, sofort ein in den Vorstand der Bayern: "Er hat doch eine ganz andere Ausgangsposition als Christian, der als Teammanager bei Klinsmann anfing. Matthias hat seit vielen Jahren erfolgreich im Beruf gearbeitet."

Um die erste Mannschaft, den Nachwuchs und das Scouting wird er sich kümmern. Trainer aber, erklärte Sammer, werde er nicht sein wollen, auch nicht im Notfall. Er werde Heynckes "nicht reinreden in die Tagesarbeit oder die Aufstellung". Übrigens: Hoeneß relativierte seine Anmerkung, wonach Heynckes zum Saisonende definitiv aufhöre. Das nehme er zurück, "wir schauen jetzt, wie die Saison läuft". Frühestens Weihnachten werde die Nachfolgefrage akut.

Eine Planstelle hat Sammer sofort besetzt, er bringt seinen Weggefährten Doktor Karsten Schumann vom DFB mit, der "im Hintergrund" den Rang eines wissenschaftlichen Mitarbeiters bekleiden soll. Mindestens ebenso wichtig ist es auf dem Platz: Mandzukic, Shaqiri, Dante, Pizarro, Starke, Weiser lauten die Münchner Zugänge, die vor Sammers Zusage verpflichtet wurden.

Wer noch kommt? An Javier Martínez von Athletic Bilbao, einer Defensivkraft, scheinen die Münchner weiterhin stark interessiert zu sein. Martínez ist teuer, der öffentliche Spekulationsrahmen bewegt sich bis hinauf zu 40 Millionen Euro. So viel wird es nicht werden, aber es ist noch einiges zu tun, bevor die Bayern den Meister Dortmund angreifen und eine Saison so ganz ohne Alibi angehen können.

© SZ vom 04.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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