FC Bayern:Pep Guardiola bleibt sich treu

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Wie die Münchner den Fußballtrainer Guardiola in Erinnerung behalten, das hängt mit dem Rückspiel gegen Atlético Madrid zusammen. (Foto: dpa)

Spielt Müller? Ist Boateng fit? Schulterzucken. Bayern-Trainer Guardiola setzt auch gegen das bärbeißige Atlético Madrid alles auf seine Spielidee.

Von Thomas Hummel

Diesmal hörte nicht nur Deutschland zu. Diesmal hörte die Fußballwelt zu. Zumindest jener Teil, der für Pep Guardiola wichtig ist. Spanier, Amerikaner, Engländer, Brasilianer - alle waren sie da, um einen Abend vor dem Champions-League-Halbfinale die Sprechstunde zu nutzen. Und dann nutzte Pep Guardiola die Sprechstunde.

Der Katalane machte das zuletzt häufiger. Er hat maximal noch fünf Spiele als Trainer des FC Bayern vor sich, bevor er nach England umzieht. Und dieser so skeptische, bisweilen misstrauische Mann legt zunehmend seine Scheu ab. Als habe er ohnehin nichts mehr zu verlieren, als wolle er nun einiges klarstellen und sein Erbe regeln. Die Art, wie er in München in Erinnerung bleiben soll.

Guardiola erzählte, wie gut er und seine Familie in München aufgenommen wurden, wie fantastisch ihn die Leute auf der Straße behandelt haben. Es sei etwas ruhiger als in Barcelona, aber "es ist eine großartige Stadt, meiner Familie hat es auch gut gefallen". Als Fußballtrainer habe er ein paar neue Dinge nach Deutschland bringen wollen, einen anderen Stil. "Es war teilweise auch ein harter Kampf", gab er zu, doch für ihn habe es sich gelohnt. Er sei heute ein besserer Trainer als vor seiner Münchner Zeit.

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Wie die Münchner den Fußballtrainer Guardiola in Erinnerung behalten, das hängt allerdings fundamental mit dem Rückspiel gegen Atlético Madrid (Dienstag, 20.45 Uhr, im SZ-Liveblog) zusammen. Scheidet er zum dritten Mal in seiner Münchner Mission in einem Halbfinale gegen eine spanische Mannschaft aus? Nachdem seine Mannschaft wie schon bei Real 2014 und wie in Barcelona 2015 ohne Tor aus Spanien zurückkehrte und nun ein 0:1 aufholen muss? Eins immerhin steht schon vorher fest: Sollte Pep Guardiola scheitern, dann mit den Ideen von Pep Guardiola. Mit seinem Stil, für den er in Deutschland so häufig kritisiert wurde. Er wird sich selbst treu bleiben.

"Wir haben nicht in Madrid verloren, weil Thomas am Anfang draußen war"

Seine Mannschaft habe "viel gelernt in den vergangenen drei Jahren", erklärte er. Obwohl sie wegen Verletzungen mit den nicht gelernten Innenverteidigern Joshua Kimmich und David Alaba spielen musste, obwohl sie weit vorne attackierte, habe sie sehr wenige Gegentore erhalten. Kollegen wie Giovanni Trapattoni oder Ottmar Hitzfeld haben große Erfolge gefeiert mit "elf Mann im eigenen Strafraum". Das sei okay, aber er habe ein anderes Konzept. Und dieses werde er auch am Dienstagabend nicht ändern.

Hinter diesem Konzept verschwinden bisweilen auch große Namen. Spielt Thomas Müller diesmal von Anfang an? "Wir haben nicht in Madrid verloren, weil Thomas am Anfang draußen war. Wir werden morgen auch nicht verlieren oder gewinnen, weil Thomas dabei ist oder nicht." Ist Jérôme Boateng fit für den maximalen Kampf? Schulterzucken. "Wir werden morgen schauen, wir werden mit ihm sprechen und dann entscheiden."

Guardiola wollte sich dann doch nicht zu sehr in den Plan blicken lassen, den er mit seinen Mitarbeitern ausgeheckt hat. Doch einiges deutet darauf hin, dass die Münchner viel Wert darauf legen, die Konter von Atlético zu verhindern und kein Gegentor zu kriegen. "Wir wissen, dass wir eine starke Defensiv-Leistung brauchen und haben dann 90 Minuten Zeit, um erst einmal das 1:0 hinzubekommen", sagte Torwart Manuel Neuer.

Das dürfte schwierig genug werden, denn Atlético Madrid ist die wohl eifrigste, härteste und schlaueste Defensive des Kontinents, seit 601 Pflichtspielminuten hat die Mannschaft kein Gegentor mehr hingenommen. Selbst der passionierte Analyst Guardiola sieht wenig Schwächen. "Wir haben Dinge gesehen, aber sehr wenige. Es ist sehr schwierig, durchzukommen."

Empfindlich reagierte Guardiola auf die Mutmaßung, er wollte den stumpfen Rasen im Estadio Vicente Calderón verantwortlich machen für die Niederlage im Hinspiel. Da redete er sich fast in Rage und ratterte auf Spanisch die Wörter nur so aneinander. Ja, der Rasen sei langsamer gewesen als gewohnt. Aber er der FC Bayern habe in Madrid nicht deshalb verloren, er würde eine Niederlage nie damit entschuldigen wollen.

Es war einer dieser Momente, in denen der Mensch Guardiola zutage kommt. Billige Ausreden sind nicht sein Ding, damit das alle wissen! Den Rasen in der Münchner Arena wird er vor dem Spiel dennoch ordentlich wässern lassen, damit seine Spieler auf gewohntem Untergrund ihren Ballbesitz-Fußball besser aufziehen können. Und die Konter zur Not beim herauseilenden Manuel Neuer landen.

Die Bayern hoffen auch deshalb auf einen ordentlichen Heimvorteil, der sie ins Finale nach Mailand tragen wird. "Hier in der Arena wird es ein anderes Spiel", prophezeite Javi Martínez. Die sonst eher zurückhaltenden Münchner Zuschauer sollen bitteschön diesmal einen furchteinflößenden Radau veranstalten. Sollen helfen, diesen bärbeißigen Gegner irgendwie aus dem Weg zu räumen.

Und was sagt der? "Wir werden unseren Stil spielen, so fühlen wir uns wohl. Wir werden wir selbst sein", erklärte Atlético-Trainer Diego Simeone. Ein Mann, dem man zutraut, selbst unbequeme Fragen mit einer Grätsche abzuwehren. Und der es schafft, dass selbst ein eher feinsinniger Fußballer wie Fernando Torres seine Haltung verinnerlicht hat. Der Stürmer, den sie in Madrid immer noch El Nino - das Kind - rufen, sagte in München: "Wir müssen ein Team sein. Wir sterben füreinander auf dem Platz. Es wird ein Kampf."

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