FC Augsburg:"Mit so einer Aktion gefährdet er die Karriere des Spielers"

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Schmerzen in der Nachspielzeit: Dominik Kohr. (Foto: Stefan Puchner)

Mitspieler des schwer gefoulten Augsburgers Dominik Kohr reagieren wütend, Kohr selbst kommt zumindest ohne Knochenbrüche davon. Der Mainzer Trainer Schmidt rügt seinen Spieler.

Von Sebastian Fischer, Augsburg

Über den Fußballtrainer Dirk Schuster sagt man, er möge keine Überraschungen auf dem Platz. Schuster versteht den Sport mehr als Handwerk denn als Kunst; er hat es gerne, wenn Spiele nach bewährtem Schema ablaufen. Auf diese Weise hat Schuster es weit gebracht, dank seiner Verdienste um den Klassenverbleib des SV Darmstadt 98 trägt er den Titel "Trainer des Jahres 2016".

Seit Sommer ist Schuster beim FC Augsburg, doch verändert hat er an seinem Stil nicht viel. An den ersten beiden Bundesliga-Wochenenden spielte der FCA jeweils wie ein schwäbisches Darmstadt, stand tief, schlug den Ball weit, vertraute auf Standards. Am Sonntag, beim Duell gegen Mainz 05, war das kaum anders. Doch wie Schuster dort im Regen am Spielfeldrand stand, die Arme mal vor, mal hinter dem Rücken verschränkt, sah er immer nachdenklicher aus: Sein Plan funktionierte einfach nicht. Und so gab es nach Abpfiff mindestens zwei Überraschungen zu viel für die Augsburger: Zum einen diese 1:3 (0:1)-Niederlage, zum anderen diese schwere Verletzung von Dominik Kohr.

Sie ereignete sich in der Nachspielzeit, als sportlich alles entschieden war. Nach einem brutalen Foul des Mainzers José Rodríguez musste der Mittelfeldspieler vom Platz getragen werden. "Das ist unverschämt", schimpfte FCA-Kapitän Paul Verhaegh später, "mit so einer Aktion gefährdet er die Karriere des Spielers. So was gehört nicht auf den Fußballplatz". Kohr wurde mit Schmerzmitteln und Verdacht auf Wadenbeinbruch ins Krankenhaus gebracht; Rodríguez sah die rote Karte.

Am Montag gab es erste Entwarungen: "Der Knochen ist heil, aber es sind die Muskeln und Sehnen betroffen. Es ist eine tiefe Wunde bis auf den Knochen", sagte Manager Stefan Reuter. Wie lange Kohr ausfalle, "können wir noch nicht sagen", ergänzte Reuter, "wir hoffen, dass er gutes Heilfleisch hat."

Der Mainzer Trainer Martin Schmidt hatte sich nach dem Spiel für Rodríguez entschuldigt, der mit gestrecktem Bein attackiert hatte, das Foul werde Konsequenzen haben: "Dieses böse Gesicht ist nicht das Gesicht von Mainz 05. Wir werden das sanktionieren."

Mit der Aufgabe, nach dem 0:1 das Spiel zu gestalten, wirkte der FCA überfordert

"Man wagt sich gar nicht zu freuen", sagte Schmidt nach dem ersten Saisonsieg, "du würdest gerne den anderen in die Arme fallen, aber das hat uns die Freude genommen. Im Bus wird es wegen dieser doofen Aktion auch nur halb so lustig sein." Schmidt zeigte aber auch ein Mindestmaß an Verständnis für den 21-jährigen Rodríguez. "Er war sehr, sehr enttäuscht, dass er zuletzt nicht im Kader war und jetzt nicht gespielt hat. Dann kommt er rein und will dem Coach zeigen, dass er aggressiv ist - und dann hat er es übertrieben. Das war falscher Ehrgeiz, das war dumm."

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Schuster saß in der Pressekonferenz mit enttäuschtem Blick neben Schmidt, er hatte ja noch mehr gesehen, was ihm nicht gefallen konnte. Jene Szene nach sieben Spielminuten etwa, welche die Niederlage des FCA einleitete: Da war Augsburgs neue Stärke - Standardsituationen - plötzlich eine Schwäche. Nach Flanke von Yunus Malli vergaßen die Augsburger, Jhon Cordoba zu bewachen, seine Kollegen hatten ihn mit simplen Mitteln freigeblockt. Und ebenso simpel, ohne hochzuspringen, traf Cordoba per Kopf zum 1:0.

Den im Vergleich zum 1:1 in der Europa League gegen Saint-Étienne auf fünf Positionen veränderten Mainzern passte die Führung perfekt in den Plan. Trainer Schmidt pflegt bereits zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison die Rotation, um Kräfte zu schonen. Mainz wartete nun auf Augsburger Ideen. Mainz wartete lange vergeblich.

Das Augsburger 0:2 zum Saisonauftakt gegen Wolfsburg war zu erwarten gewesen, der 2:1-Sieg in Bremen war aufgrund des fragwürdigen Zustands des SV Werder kaum ein Gradmesser. Das Spiel gegen Mainz wurde es deshalb umso mehr, was aus FCA-Sicht keine gute Botschaft ist. Denn mit der Aufgabe, das Spiel machen zu müssen, wirkte Augsburg überfordert. Meist sah es so aus: Verteidiger Martin Hinteregger schlug den Ball weit nach vorne - oder Mittelfeldspieler Kohr und Rechtsaußen Bobadilla trugen ihn solo voran. Jedesmal hatte Augsburgs Kreativ-Abteilung Mühe, aus dieser unkonventionellen Spieleröffnung Chancen zu kreieren.

Der fünf Millionen Euro teure Zugang Jonathan Schmid, in dieser Saison zuvor ohne Einsatz, kam erst nach einer Stunde. Prompt schlug Schmid einen Eckball in die Mitte, in dessen Anschluss Hinteregger die erste klare Torchance des Tages vergab. Augsburg wurde besser. Und nach 73 Minuten hatte der FCA eine gute Idee: Verteidiger Kostas Stafylidis schoss einfach mal aus der Distanz - 1:1. Aber dann nahm das Drama lawinenartig seinen Lauf: Malli erzielte per Kopf das Mainzer 2:1 (75.), Muto erhöhte auf 3:1 (81.), es folgte der Schock um Dominik Kohr und die Zusammenfassung von Dirk Schuster: "Wir haben uns das heute ein bisschen anders vorgestellt."

© SZ vom 19.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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