DFB-Elf mit Klose, Schürrle und Reus:Gewagtes Wechselspiel von Joachim Löw

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Große Überraschung in der DFB-Elf vor dem Viertelfinale gegen Griechenland: Bundestrainer Joachim Löw setzt auf Miroslav Klose, André Schürrle und Marco Reus und schickt Gomez, Podolski und Müller auf die Bank. Grund sind taktische Überlegungen - und womöglich der Gedanke an ein mögliches Halbfinale sein.

Carsten Eberts

Joachim Löw hat eine Lust daran entwickelt, die Leute zu verblüffen. Er treibt gerne seine Späßchen, narrt Journalisten, lässt sich vor allem vor wichtigen Spielen keineswegs in seine goldrandverzierten Bundestrainer-Karten blicken. An einem hielt Löw bislang jedoch immer fest: am Stamm seiner Nationalelf. Bis zu diesem Freitag.

Wechselt im Viertelfinale gehörig durch: Bundestrainer Joachim Löw. (Foto: dpa)

Statt Mario Gomez, Thomas Müller und Lukas Podolski sollen gegen die Griechen Miroslav Klose, André Schürrle und Marco Reus spielen. Zudem ersetzt Jérôme Boateng nach seiner Gelbsperre erwartungsgemäß Lars Bender. Vier Änderungen gegenüber einer zuletzt siegreichen Mannschaft, das Ganze in einem laufenden Turnier - das hat es unter Löw noch nicht gegeben.

Am wenigsten überrascht die Nominierung von Klose. Löws Treue zu alten Fahrensleuten ist bekannt, nach SZ-Informationen wurde seit Tagen diskutiert, ob der beweglichere Klose, der nachweislich hervorragend mit Regisseur Mesut Özil harmoniert, gegen die biederen Abwehrgriechen nicht die bessere Option sei.

Klose ist ein spielerischer Typ, vollbringt immense Laufwege weit jenseits der 10-Kilometer-Marke, ist für die Griechen damit schwerer auszurechnen. Gomez verfügt derzeit zwar über herausragende Qualitäten im Torabschluss, wie er zuletzt beim 2:1 gegen Holland bewies. Von einer sehr defensiven Abwehrformation, die sich im Zweifelsfall mit drei Spielern um ihn herum drapiert, ist der Bayern-Profi jedoch leichter zuzustellen.

Nach seiner längeren Verletzungspause vor der EM (zu einer Sprunggelenksverletzung kam auch noch ein Muskelriss im Oberschenkel) hat sich Klose in den vergangenen Wochen wieder an seine alte Leistungsstärke herangekämpft. Im Verlauf der letzten Turniere war ohnehin zu beobachten, dass Klose, der mit Abstand treffsicherste deutsche Stürmer der vergangenen Jahre, über lange Strecken seine Wirkung verliert. Sechs Spiele auf gleichbleibendem Niveau zeigte er bislang nicht.

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Weitaus unerwarteter sind die Nominierungen für Schürrle und Reus für die Startelf. Sicher: Müller und vor allem Podolski (trotz seines Tores gegen Dänemark) haben bei dieser EM noch nicht ihr Leistungsvermögen abgerufen. Doch dass Löw auf eine zu Dreiviertel neu besetzte Offensive setzt (nur Mesut Özil verbleibt in der Startelf), war kaum zu erwarten.

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Erklärbar sind Löws Gedankenspiele trotzdem. Sowohl Schürrle als auch Reus können gegen die vor allem im Defensivverbund starken Griechen besser Räume reißen als der bislang wenig durchschlagskräftige Podolski und der glücklose Müller. Zumal Schürrle, der bei Leverkusen eine eher mäßige Bundesliga-Saison absolvierte, im DFB-Team stets enorm agil und vor allem treffsicher auftritt.

"Man muss das tun, was auf den Gegner passt", hieß es seit Tagen im DFB-Lager. Die einfache Erklärung könnte sein, dass Löw seinen jungen Spielern Schürrle und Reus eher zutraut, gegen die Griechen Löcher zu reißen.

Möglich auch, dass Löw bereits weiterdenkt - auch wenn dies riskant anmutet. Wie auch Klose will er Podolski und Müller bis zu einem möglichen Finale nicht zwangsläufig sechs Spiele auf hohem Niveau zumuten. Schafft er die vermeintlich leichte Aufgabe gegen die Griechen auch mit Reus und Schürrle, sind die verdienten Stammspieler Podolski und Müller in einem möglichen Halbfinale gegen Italien ausgeruht und fit.

Gefährlich ist, dass in dieser Überlegung viele Konjunktive mitschwimmen: Löws Plan geht nur auf, wenn die DFB-Elf die Aufgabe gegen Griechenland meistert. Und das Halbfinale gegen Italien oder England überhaupt erreicht.

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