Borussia Dortmund:Am liebsten schweigen

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Vier verletzte Spieler und nur ein Remis in Hannover: Der Abstand von Borussia Dortmund auf Tabellenführer FC Bayern wird immer größer, die Laune von BVB-Trainer Jürgen Klopp immer schlechter. Die wachsenden Ansprüche scheinen dem erfolgsverwöhnten Fußballlehrer aufs Gemüt zu schlagen.

Jörg Marwedel

Dortmunds Remis gegen Hannover vermiest Jürgen Klopp die Laune. (Foto: dapd)

Die Partie war nicht viel weniger eindrucksvoll gewesen als das Dortmunder Spektakel in der Champions League vergangene Woche bei Manchester City. Am Mittwoch hatte das 1:1 im City-of-Manchester-Stadium nicht gepasst zum abendfüllenden Fußballvortrag des BVB 09, es waren verschenkte Punkte. Diesmal stimmte das 1:1 schon eher. Die Hannoveraner hatten, anders als die Engländer, in der zweiten Halbzeit das Spiel teilweise an sich gerissen. Sie hatten den Rückstand durch Robert Lewandowski (26.) dank eines Tores des eingewechselten Mame Diouf (86.) ausgeglichen. Auch diesmal waren die Zuschauer begeistert wie bei einer außergewöhnlichen Theater-Premiere. Nur einer zog nach dem Abpfiff sein schwarzes Käppi noch tiefer ins Gesicht, als wolle er in seinem Ärger am liebsten gar nichts mehr sagen.

Der Mann mit dem schwarzen Käppi war Jürgen Klopp. Der Dortmunder Trainer war wohl einer der wenigen, die nicht bezaubert waren von diesem Duell der Bayern-Verfolger. Was einerseits verständlich war, denn er beklagte gleich vier Opfer. Nacheinander kamen die Borussia-Versehrten später aus der Kabine. Jakub Blaszcykowski, der sich ohne Fremdeinwirkung am Syndesmoseband verletzt hatte und in Minute 39 vom Feld musste, humpelte arg; Mats Hummels, der einen Schlag aufs Sprunggelenk abbekommen hatte und Halbzeit zwei von draußen anschauen musste, etwas weniger. Sven Bender, der einen Finger von Didier Ya Konan ins Auge bekommen hatte und mit einer Augapfel-Prellung ausscheiden musste, konnte nur verschwommen sehen. Dass Sebastian Kehl nach einem Luftkampf im Gesicht genäht werden musste, war schon eine Lappalie, denn der hatte unverdrossen weitergekämpft.

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Zum Teil waren diese Verletzungen auf den gewaltigen Einsatz der Hannoveraner zurückzuführen. Andererseits hob der missmutige Klopp seine Profis in den Stand von Saubermännern. Er regte sich auf, dass "gegen eine blitzsaubere Mannschaft wie unsere im Sekundentakt Freistöße gepfiffen wurden". Mehr wollte der gerade vom DFB bestrafte Coach nicht sagen, "weil immer alles falsch verstanden wird".

Dass er die Arena aber in seinem Frust zum neuen Betzenberg erklärte, war kaum missverständlich. Auf Deutschlands höchstem Fußballberg in Kaiserslautern, wo die Fans besonders hysterisch für ihr Team eintreten, taten sich schon viele Referees schwer, nicht wie ein Heim-Schiedsrichter zu pfeifen. In Hannover dagegen hatten sich die 96-Ultras in der Nordkurve gerade ein Anfeuerungsverbot auferlegt, weil der Klub ihre neuesten Choreografien ablehnte. So wirkte die Arena lange Zeit eher wie ein Dortmunder Betzenberg.

Hart attackiert: Dortmunds Robert Lewandowski spielt gegen drei Hannoveraner. Am Ende reichte es für den Meister nur zu einem Punkt.   (Foto: dpa)

Aber auch sonst scheinen die wachsenden Ansprüche dem erfolgsverwöhnten Fußballlehrer Klopp aufs Gemüt zu schlagen. Es fällt ihm zunehmend schwerer hinzunehmen, dass seine Offensivabteilung hervorragend gespielte Konter nicht zum Torabschluss bringt. In Hannover gab es besonders in der ersten Halbzeit eine Menge schnelle Angriffe. 96-Trainer Mirko Slomka hat sich zum Teil "geschüttelt", weil er fürchtete, sein Team könne "dem Dortmunder Druck nicht mehr standhalten". Es kam anders, weil weder Torjäger Lewandowski noch Mario Götze oder Marco Reus die Cleverness hatten, ihre Spielkunst zu vergolden. Und Außenverteidiger Lukasz Piszczek, Vorbereiter des 1:0, traf in der 53. Minute den Innenpfosten.

Neun Punkte liegt der Meister jetzt hinter dem FC Bayern. Eine Tatsache, die Klopp angeblich überhaupt nicht interessiert. Nur auf die Spiele des eigenen Teams sei er neugierig, behauptet er. Borussia-Chef Joachim Watzke hat diese Sichtweise genauer erklärt: "Wichtig ist, dass wir einen Tabellenplatz erreichen, der uns wieder in die Champions League bringt." Wozu braucht man da den nächsten Titel?

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Was den Schiedsrichter Peter Gagelmann angeht, muss man noch erwähnen, dass er keineswegs nur gegen den empfindlichen Klopp pfiff. Den 96ern erkannte er ein Tor von Mario Eggimann (55.) nicht an, weil er ein Foul von Ya Konan an Marcel Schmelzer gesehen hatte. Deshalb musste er Schieber-Rufe nicht von Klopp, sondern vom hannoverschen Publikum über sich ergehen lassen. Und auch in der Nachspielzeit lag er richtig, als Reus nach einem Einsatz von Karim Haggui im Strafraum zu Fall kam. "Ich war eher am Ball", sagte Haggui, was Reus bestätigte: "Kein Elfmeter. Ich habe mir den Ball zu weit vorgelegt." Ein gütliches Ende in einem aufregenden Spiel.

© SZ vom 09.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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