Champions League:Im Herzen sind die Bayern verwundbar

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Das 4:1 gegen Eindhoven tut dem FC Bayern nach nervösen Wochen sichtlich gut. Doch die Partie zeigt auch, wo es unter Trainer Ancelotti nach wie vor hapert.

Aus dem Stadion von Jonas Beckenkamp

Zu den unterrepräsentierten Themen des Fußballs zählt der Bereich Spielermützen, schließlich gibt es sie ab sofort witterungsbedingt Woche für Woche zu bestaunen. Der Münchner Innenverteidiger Mats Hummels trug nach diesem Champions-League-Abend ein Modell mit Bommel - und wer nun direkt einen Bezug zum PSV Eindhoven und einem seiner ehemals Besten herstellen mag, kann das gerne tun. Der alte Mark van Bommel war diesmal allerdings nicht dabei, vielleicht aber diente Hummels' Kopfbedeckung ja als Hommage an den großen Fußballbotschafter zwischen den Städten München und Eindhoven.

Zu den Kernkompetenzen van Bommels gehörte Zeit seiner aktiven Karriere die Kunst des Grätschens, des Rempelns und der sogenannten Nickeligkeit. Und irgendwie verdichtete sich beim 4:1 (2:1) des FC Bayern gegen die Niederländer der Eindruck, dass so ein van Bommel der aktuellen Münchner Elf ganz erheblich weiterhelfen würde.

Die gute Nachricht ist: Die Bayern haben ihren Durchhänger von drei sieglosen Partien überwunden, sie haben diesmal ordentlich Druck gemacht, waren sogar phasenweise wieder der souveräne FC Bayern München und widerlegten damit die Kritik ihres Vereinschefs Karl-Heinz Rummenigge vom Wochenende ("das war nicht Bayern München").

Im Herzen des Bayern-Spiels klaffen Löcher

Die schlechte Nachricht: Die Münchner sind weiterhin auf eine Art verwundbar, wie sie es unter Trainer Pep Guardiola fast nie waren: Im Herzen ihres Spiels, in ihrer Schaltzentrale, klaffen Löcher, die auch diesmal bis in Reihe 317 unterm Stadiondach zu sehen waren. Arjen Robben sprach jene 30-minütige Phase vor und nach der Pause als Erster deutlich an: "Wir haben dominiert und vieles gut gemacht, aber dann sind wir ein paar Mal nicht gut gestanden." Und wer nicht gut steht, kriegt in der Champions League in der Regel ein Gegentor. Die 41. Minute, als Eindhoven mit zwei flinken Pässen das 1:2 von Luciano Narsingh einleitete, diente als Blaupause für die Bruchstellen in der Münchner Statik.

Xabi Alonso hatte am gegnerischen Sechzehner den Ball verdaddelt, Thiago verpasste den Moment des Zugriffs und schickte David Alaba damit in einen aussichtlosen Sprint. In der Spielbewegung nach hinten, wo die Fachsprache gerne vereinfacht vom "Rückwärtsgang" ausgeht, hapert es bei Carlo Ancelottis Team. Als der Trainer noch Guardiola hieß, war das anders. Damals entstanden derartige Überfallszenen gar nicht erst, weil der Gegner es meist kaum bis über die Mittellinie schaffte. "Unter Pep haben wir viel darüber gesprochen", erklärte Robben, "dass der Gegner beim Umschalten das ganze Feld offen vor sich hat, das darf nicht passieren."

FC Bayern
:Eckballtrick mit Thomas Müller

Das schlitzohrigste Schlitzohr ist schlauer als Eindhoven, Thiago gibt den diensthabenden Zauberer und Arjen Robben gewinnt das Applaus-Duell. Die Bayern in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Christopher Gerards

Die Frage ist nun: Sprechen die Bayern auch unter Ancelotti darüber? Oder ist dem Gefühlsminimalisten aus Italien diese Unwucht nicht mehr als ein Augenbrauenzucken wert? "Wir haben gut gespielt, die Spieler haben eine gute Reaktion gezeigt. Die Einstellung hat gestimmt", sagte Ancelotti, "70 Minuten waren gut, aber zwischendrin, nach 30 Minuten, haben wir ein bisschen nachgelassen."

Eine treffende Analyse angesichts der schnell und wuchtig herausgespielten Führung - und des zwischenzeitlichen Einbruchs, bei dem durchaus mehr als das eine Gegentor möglich war. Die Partie hätte nämlich auch 2:2 ausgehen können.

Dass am Ende ein deutlicher Sieg heraussprang, lag an der bayerischen Offensivlust: Beim 1:0 (13. Minute) genügte eine Art "Bauerntrick" von Robben mit einem flachen Eckball, den Thomas Müller gekonnt reinmüllerte ("das war eher spontan, keine einstudierte Nummer"). Beim 2:0 (21.) war David Alaba mit einem Spurt in die Tiefe endlich wieder David Alaba, und Torschütze Joshua Kimmich ist derzeit halt Joshua Kimmich. Beim 3:1 und 4:1 übernahm Robben dann endgültig die Kontrolle über dieses muntere Spiel, indem er erst ganz Eindhoven umkurvte - Lewandowski war für den Abstauber zur Stelle (59.) - und schließlich selbst per Kopfball traf. Robben mit dem Kopf - eine Weltpremiere in der Champions League.

Martínez ist wieder voll einsatzfähig

In weiten Teilen klappte es also durchaus mit der Genesung der zuletzt so angeknackst wirkenden Bayern, das bestätigte auch Mats Hummels: "Wir waren heute schon viel ballsicherer als in den vergangenen Spielen und haben von Anfang an viel Druck gemacht." Dennoch ist ihm wie einigen anderen (Neuer, Lahm, Alonso) nicht entgangen, dass es ganz schön bröckelt an der Schnittstelle zwischen Defensive und Offensive. Hummels sagte: "Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, um mal eine richtig schöne Floskel rauszuhauen. Wir hatten auch heute wieder Phasen, wo wir sie flanken ließen oder sehr hoch und riskant standen."

Die Bayern haben das Problem also erkannt. Jetzt brauchen sie nur noch einen, der ihnen in der Mitte den van Bommel macht. Ach ja: Javi Martínez wurde für Kimmich eingewechselt und ist nun wieder voll einsatzfähig.

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