BVB in der Europa League:Auch mal böse gucken

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Grimmiger Blick Richtung Ball: Michy Batshuayi hat bereits bewiesen, dass er Borussia Dortmund weiterhelfen kann - und wurde deshalb für den Europapokal nachnominiert. (Foto: Leon Kuegeler/Reuters)
  • Von Dortmunds Winterzugängen ist nur Michy Batshuayi in der Europa League spielberechtigt.
  • Vor dem Spiel gegen Atalanta Bergamo kann BVB-Trainer Stöger auf Sokratis und Toprak in der Innenverteidigung zurückgreifen.
  • Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke liebäugelt mit einer Vertragsverlängerung von Stöger - bei anhaltendem Erfolg.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Kürzlich ist dem Schweizer Fußballer Manuel Akanji etwas gelungen, das seinem neuen Klub Borussia Dortmund verwehrt blieb: Er ist ins Achtelfinale der Champions League eingezogen. Während Dortmund kein einziges seiner sechs Gruppenspiele gewinnen konnte, haben Akanji und der FC Basel vier Spiele sogar zu Null gewonnen: zwei gegen Benfica Lissabon, eines gegen ZSKA Moskau und eines gegen Manchester United, mit so furchteinflößenden Angreifern wie Paul Pogba, Anthony Martial und Romelu Lukaku. Manuel Akanji ist Verteidiger. Einen wie ihn könnten die Dortmunder jetzt natürlich hervorragend gebrauchen auf ihrem Weg in der Europa League.

Der Weg beginnt an diesem Donnerstag mit einem Heimspiel in der Zwischenrunde gegen Atalanta Bergamo. Aber die Dortmunder haben darauf verzichtet, Akanji für die Europa League zu melden. Sie mussten sich entscheiden zwischen ihm und dem anderen Winterzugang, dem Stürmer Michy Batshuayi. Nur ein Spieler, der in dieser Saison schon in der Champions League für einen anderen Klub gespielt hat, durfte für den Europapokal nachnominiert werden.

"Michy kann uns besser mit Toren helfen als ich"

Die Dortmunder haben sich für den vom FC Chelsea ausgeliehenen Batshuayi entschieden. "Ich spiel' eh lieber Champions League", raunzte Akanji mit gerümpfter Nase, aber bevor das jemand in den falschen Hals bekommen konnte, fügte er mit seinem sympathischsten Lächeln hinzu: "Das war nur Spaß. Nein, ich verstehe die Entscheidung, denn Michy kann uns besser mit Toren helfen als ich."

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Auch Batshuayi war mit dem FC Chelsea ins Achtelfinale der Champions League eingezogen. Er steuerte in der Gruppenphase zu den Siegen gegen Qarabag Agdam und Atletico Madrid sogar je ein Tor bei, doch danach bekam er nicht mehr viel Einsatzzeit. Er wurde von Trainer Antonio Conte zwei Mal spät eingewechselt und kam auch in der Premier League über elf Teilzeit-Einsätze und nur eine volle Partie nicht hinaus. Deshalb ist er ja jetzt in Dortmund. Er hat sich für ein halbes Jahr ins Westfälische ausleihen lassen, weil er sich dem belgischen Nationaltrainer Roberto Martinez in einer derart guten Verfassung präsentieren will, dass dieser ihn im Sommer mit zur Weltmeisterschaft nach Russland nimmt.

Dortmunder Skeptiker, die fürchteten, der in Chelsea unterrepräsentierte Batshuayi könnte nur ein mauer Ersatz für den zum FC Arsenal gewechselten Pierre-Emerick Aubameyang sein, sahen sich sofort eines Besseren belehrt. Beim 3:2-Sieg in Köln schoss Batshuayi zwei Tore und bereitete eines vor, und beim jüngsten 2:0 gegen Hamburg erzielte er das 1:0. Sein zeremonieller Flickflack, ein gedrehter Handstandüberschlag mit anschließendem Salto, war sogar noch ein bisschen spektakulärer als die simplen Salti von Aubameyang.

Weil Akanji nicht mitspielen darf, Neven Subotic zum AS Saint-Etienne gewechselt ist und Marc Bartra zu Betis Sevilla, formiert sich Dortmunds Innenverteidigung gegen Bergamo mit Ömer Toprak und dem Griechen Sokratis quasi von selbst. Das ist aber auch gar nicht so schlecht, denn Sokratis, der zuletzt gegen Hamburg nur auf der Bank saß, weil er Akanji den Vortritt lassen musste, ist im gegenwärtigen Dortmunder Kader so ziemlich der Einzige, der Gegnern Angst machen kann. Spieler mit dieser Schlüsselqualifikation vermisst der Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke zurzeit im Dortmunder Kader. "Vielleicht bräuchten wir einen zusätzlichen Spieler in der Mannschaft, der böse gucken kann, vielleicht müssten wir einen haben, der auch mal einen wegsenst", sagte er bei Sky.

Watzke, der seinen Vertrag soeben bis 2022 verlängert hat, macht dem Sportdirektor Michael Zorc, dessen bis 2019 gültiger Vertrag bislang übrigens noch nicht verlängert wurde, mit dieser Aussage eine gewisse Vorgabe: Der BVB, bei dem viele junge Spieler momentan mehr Perspektive als Präsenz auf dem Platz besitzen, benötigt wieder mehr Erfahrung, Souveränität und Rustikalität. Und obwohl das bislang eher unwahrscheinlich erschien, könnte es gar sein, dass der im Dezember zunächst bloß als Interimstrainer verpflichtete Österreicher Peter Stöger bei den Justierungen am Kader konkret mitarbeiten darf. Denn Watzke spricht neuerdings davon, mit Stöger womöglich verlängern zu wollen.

Vor Kurzem handelte die Branche noch Julian Nagelsmann als designierten BVB-Trainer, aber mittlerweile scheint festzustehen, dass Nagelsmann in Hoffenheim bleiben muss. Jetzt sagt Watzke über Stöger, unter dem der BVB bislang vier Ligaspiele gewonnen und dreimal Unentschieden gespielt hat: "Wenn er weiterhin keines verliert, wären wir schön blöd, wenn wir nicht mit ihm weitermachen würden."

Stöger, so konnte man das verstehen, sollte für eine Vertragsverlängerung also möglichst nicht mehr verlieren. Die erste Herausforderung wird dabei schon das Spiel gegen Bergamo. Der letzte BVB-Heimsieg im Europapokal ist elf Monate her.

© SZ vom 15.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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