André Schürrle und Mario Götze haben in Deutschland vor vier Jahren Jubel ausgelöst - aber bei Marco Reus zugleich Wehmut. Schürrles Vorlage und Götzes Siegtor im Finale machten die DFB-Elf 2014 zum Weltmeister - und Reus zu einem Spieler, der den bedeutendsten Titel verletzt daheim verpasste.
Am Samstag haben der assistierende Schürrle und der vollendende Götze das Tor zum 2:0 für Borussia Dortmund gegen den Hamburger SV als eine Art Wiederaufführung zelebriert und ihren Teamkollegen Reus daran erinnert, sich jetzt für die nächste WM bereit zu machen. Reus war acht Monate verletzt. Nun ist er wieder fit. Als er im Anschluss an sein Comeback gefragt wurde, wie er seine Chancen sehe, in vier Monaten bei der Weltmeisterschaft in Russland mitspielen zu dürfen, ging ein Lächeln über sein Gesicht. Er sagte: "Sehr gut!"
Winter- Zugang Batshuayi hilft dem BVB
Reus ist 28 Jahre alt und einer der meistverletzten Fußballer der Gegenwart. Er verpasste die WM 2014 und die EM 2016, es hieß für ihn "Adeus, Brasil!" und "Adieu, la France!" Aber diesmal könnte es klappen, diesmal könnte er - "Provet, Rossija!" - seine erste WM spielen. Vor allem darum geht es für Reus in den kommenden Wochen.
Neben dem Ziel, sich mit dem BVB für die Champions League zu qualifizieren, muss er Bundestrainer Joachim Löw beweisen, dass er wieder so stark werden kann wie zuvor. "Ich war über all die Zeit meiner Verletzung mit ihm im Austausch", berichtete Reus nach seinem Comeback, "wenn ich meine Leistung bringe, dann werde ich bei der WM in Russland dabei sein."
Die erste Verletzung in Reus' Karriere war eine Innenbanddehnung im Knie. Er war 21 Jahre alt, spielte für Mönchengladbach und versäumte nicht mal ein Spiel. Ein Jahr später fiel er mit einem Muskelfaserriss für eine Partie aus, ein Dreivierteljahr später mit einem gebrochenen Zeh für zwei Spiele. Aber das waren Kinkerlitzchen. Binnen drei Jahren in Gladbach verpasste er verletzungsbedingt nur drei Spiele. Seit er 2012 zu Dortmund gewechselt ist, hat er hingegen schon 99 Pflichtspiele verpasst.
Er fiel 2014 vier Monate aus, 2016 ein halbes Jahr und zuletzt seit dem Pokalfinale im Mai 2017. Am Samstag hat Reus erstmals wieder ein Pflichtspiel bestritten. Die acht Monate waren seine bisher längste Pause, sie haben ihn zwischenzeitlich zermürbt. Reus lässt durchklingen, wie schwierig eine x-te Rekonvaleszenz ist: "Mit zunehmendem Alter wird es nicht leichter, sich wieder heranzukämpfen."
Gegen den HSV stand Reus überraschend sogar in der Startelf. Er leitete die 1:0-Führung ein - das dritte Tor im zweiten Spiel für Sturm-Zugang Michy Batshuayi (49.) -, war 70 Minuten sehr präsent und wurde dann ausgewechselt, obwohl er Luft und Lust hatte durchzuspielen: "Auch nach 70 Minuten habe ich mich noch ziemlich gut gefühlt, aber man soll's ja nicht übertreiben, wir haben noch viele wichtige Spiele vor uns", sagte er vernünftig.