BVB gegen FC Bayern im DFB-Pokal:Und dann beginnt Dembélé zu tanzen

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Vorbereiter des 2:2, Schütze des 3:2: Dortmunds Ousmane Dembélé. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der BVB gewinnt nach 1:2-Rückstand noch 3:2 gegen den FC Bayern und erreicht das Pokal-Finale in Berlin - dort geht es gegen Eintracht Frankfurt.
  • Der FC Bayern hatte das Spiel eigentlich lange dominiert - bis BVB-Angreifer Ousmane Dembélé aufdrehte.
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Von Claudio Catuogno, München

Der Ball kam von Arturo Vidal. Philipp Lahm hatte ihn sicher. Dachte man. Dachte er. Einfache Pässe in den Fuß verarbeitet der Bayern-Kapitän sonst im Schlaf. Wenn Philipp Lahm in wenigen Wochen seine Laufbahn beendet, wird man sich an keinen wirklich schlimmen Stockfehler erinnern. Außer an diesen. Der letzte Eindruck bleibt. Und seit diesem Mittwochabend steht fest: Philipp Lahm wird in seiner Karriere kein DFB-Pokal-Spiel mehr bestreiten.

Denn dann sprang Lahm der Ball doch irgendwie zwischen den Füßen hin und her - Lahm kam ins Stolpern, der Ball war weg. Kurz darauf stand es 3:2 (1:2) für Borussia Dortmund. Zum neunten Mal hat der BVB das Pokalfinale in Berlin erreicht. Am 27. Mai, im Finale gegen Eintracht Frankfurt, könnten die Dortmunder den Pokal zum vierten Mal gewinnen.

Und die Bayern? Für sie war genau das eingetreten, was der Dortmunder Trainer Thomas Tuchel gehofft und auch ein bisschen prophezeit hatte: "Bayern hat auf jeden Fall mehr zu verlieren. Wir können ihnen diese Saison ein Stück weit vermiesen." Schon an diesem Samstag in Wolfsburg können die Bayern theoretisch deutscher Meister werden. Aber was ist ihnen selbst das dann Wert?

Die Mannschaft müsse "diesen Rückschlag jetzt auch erst mal verdauen", sagte Philipp Lahm, nachdem die Bayern ja zuletzt bereits das Champions-League-Aus gegen Real Madrid als emotionalen Ballast mit sich herumgeschleppt hatten. "Ich denke, man hat gesehen, dass wir unbedingt in dieses Finale wollten. Leider hat es nicht funktioniert." Nachdem sich der erste Frühling unter dem Trainer Carlo Ancelotti bis vor drei Wochen noch vielversprechend angelassen hatte, sind sie jetzt plötzlich nur noch auf einer Hochzeit dabei.

Eine Weile vor dem Anpfiff, als sich die Teams auf dem Rasen warm machten, sah man den Bayern-Innenverteidiger Mats Hummels noch an der Seitenlinie kauern - ein Knie auf dem Rasen, auf dem anderen die Arme abgestützt. Eine medizinische Fachkraft hüllte Hummels' Sprunggelenk in einen Tapeverband. Dieser Akt der öffentlichen Einwicklung wirkte fast, als wollten die Bayern es allen noch mal vor Augen führen: dass es bei ihnen gerade in jedem zweiten Gelenk knirscht. Seht her, wie treten heute unter erschwerten Bedingungen an, das war die Botschaft.

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Mats Hummels - nur fast der Mann des Abends

Mats Hummels hatte sich schon durch das verlorene Viertelfinal-Rückspiel in Madrid gequält mit seinem lädierten Sprunggelenk, und dann wurde er von Trainer Ancelotti auch noch beim 2:2 gegen Mainz in der Liga gebraucht. Wenn man sich nur die Namen auf dem Spielberichtsbogen ansieht - auch David Alaba war am Mittwoch schließlich mit dabei, trotz gerade erst zurückliegender Knieblessur -, könnte man auf die Idee kommen, die Münchner würden gerade in Bestbesetzung durch die heiße Phase der Saison pflügen (mal abgesehen von Manuel Neuer, der auch dieses Spiel wegen seines gebrochenen Fußes verpasste). Wenn man die Röntgenbilder und Kernspinaufnahmen danebenlegt, sieht es ganz anders aus.

Aber nun kam also dieser weite Pass von Xabi Alonso geflogen, kurz vor dem Ende einer bereits extrem ereignisreichen ersten Halbzeit, der Ball landete bei Franck Ribéry, der tanzte seinen Lieblingstanz, legte schließlich quer. Und da stand Hummels. Der Innenverteidiger mit dem lädierten Sprunggelenk hatte den weiten Weg auf sich genommen bis in den Dortmunder Strafraum, und jetzt platzierte er den Ball bemerkenswert lässig mit dem Innenrist zur 2:1-Führung ins Dortmunder Tor.

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Einmal rettete Hummels noch spektakulär gegen Ousmane Dembélé (56.), dann wurde er ausgewechselt. Als versehrter Kämpfer. Als Mann des Abends. So sah es zu diesem Zeitpunkt noch aus. Aber in Pokalpartien zwischen München und Dortmund gehören Überraschungen und Wendungen ja traditionell zum Programm. Und so gewann der BVB diese Partie noch durch Tore von Reus (19.), Aubameyang (69.) und Dembélé (74.).

Seit 2012 sind sich die beiden Rivalen jedes Jahr im Pokal begegnet, fünf Mal in fünf Jahren. Gemessen an diesen fünf Spielen konnte man für die sechste am Mittwoch zwei statistische Annahmen treffen: Es sprach viel dafür, dass die Partie zumindest in die Verlängerung gehen würde - so wie in den vergangenen drei Jahren; zweimal musste ein Elfmeterschießen entscheiden. Und es sprach viel dafür, dass es turbulent werden würde. Nur Letzteres trat ein. Schon in der 4. Minute erreichte den Dortmunder Flügelspieler Raphael Guerreiro ein Diagonalpass, den er weiterleitete zu Pierre-Emerick Aubameyang. Nur, weil dem der Ball über den Fuß flutschte, stand es weiter 0:0.

Kurz darauf sprang nach einem Schuss von Franck Ribéry und einer Faustabwehr von Roman Bürki der Ball an die Hand von Julian Weigl - im Strafraum, aber ohne Absicht. Kein Elfmeter (13.). Dann die 19. Minute: Javi Martínez wollte den Ball unter Druck zum Bayern-Torwart Sven Ulreich zurückspielen, der Neuer vertrat, übersah dabei aber, dass Guerreiro herbeilief. Der schoss, Lahm schaffte es nicht mehr, den Ball zwischen Pfosten und Torlinie wegzuschlagen - Marco Reus war zur Stelle und musste nur noch einschieben.

Dann schien es eine Weile, als solle Martínez der Mann des Spiels werden: Kurz nach dem verschuldeten Rückstand wuchtete der Verteidiger den Ball nach einer Ecke mit dem Kopf ins BVB-Tor (28.). Es folgten weitere exzellente Angriffe der Bayern, einmal warf sich Gonzalo Castro noch in einen Schuss von Vidal (37.), ein Kopfball von Robert Lewandowski prallte an den Pfosten (38.). Dann das 2:1 von Mats Hummels (41.) kurz vor der Pause. Und in der 63. Minute hatte Robben die Entscheidung auf dem Fuß - Verteidiger Sven Bender lenkte den Ball noch mit der Fußspitze an den Pfosten. Die Rettungsaktion des Abends.

Bald darauf erzielte Aubameyang per Kopf den Ausgleich (69.). Und dann verliert Philipp Lahm diesen Ball an Guerreiro und Reus. Blitzschnell geht es zum Münchner Strafraum, Dembélé vollendet schließlich ins Toreck. Tuchel konnte später gar nicht aufhören zu grinsen. Ancelotti meinte: "Ich denke, es ist zu früh, über die Saison zu sprechen." Dabei ist im Grunde alles gesagt.

© SZ vom 27.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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