Lewandowski beim FC Bayern:One-Man-Show mit Aussetzer

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Spielt niemand mit mir? Münchens Torjäger Robert Lewandowski fand nie richtig in die Partie. (Foto: Christof Stache/AFP)
  • Der FC Bayern verliert im Pokal-Halbfinale 2:3 gegen Dortmund - auch, weil Robert Lewandowski nicht trifft.
  • Vor wenigen Wochen galt er noch als Lebensversicherung des Klubs, die immer Tore schießt. Doch seine Form scheint weg.

Von Ralf Wiegand

Von den vielen, vielen Verletzten, die der FC Bayern in diesen fußballerischen Hardcore-Wochen der Entscheidungen zu beklagen hat, in der zwar noch nicht jedes Spiel ein Finale ist, aber doch schon ein Endspiel, gehörte also in diesem Halbfinal-Endspiel gegen Borussia Dortmund dann exakt ein einziger nicht zum Aufgebot: Torwart Manuel Neuer. Der ist mit einem gebrochen Fuß bis in den Sommer vom Sport befreit. Für alle anderen aber, die geplagten und gepeinigten, die geschundenen und gequälten, von Madrid und Mainz malträtierten Münchner gab es kein Pardon.

Jérôme Boateng hatte sich zunächst, aber auch nur für eine gute Stunde, auf der Bank einzufinden, David Alaba, Javier Martínez und Mats Hummels schoben Dienst auf dem Rasen. Und auch, als ob jemand etwas anderes erwartet hatte, der Unersetzliche im Team des Rekordmeisters, die Mensch gewordene Rückversicherung gegen Torflauten und Sturmkrisen jeder Art, der alles in allem einzigartige Robert Lewandowski stand in der Startelf gegen seinen Ex-Verein Borussia Dortmund.

Lewandowski, 28, ist bekanntlich seit dem letzten Aufeinandertreffen mit den lieben Kollegen in Schwarz-Gelb irgendwie an der rechten Schulter verletzt, wie schwer, darüber wird munter gemutmaßt. Sport 1 wartete mit der Meldung auf, der Pole habe sogar einen veritablen Bänderriss in dem für die Stabilität und Körperbalance eines Torjägers nicht ganz unwesentlichen Gelenk erlitten, Quellen und Bestätigungen dafür gab es indes nicht.

Lewandowski schießt Bürki nur an

Wenn es denn kein Riss sein sollte, so markierte die schmerzhafte Begegnung Lewandowskis mit BVB-Torwart Roman Bürki in der 68. Minute des Ligaspiels vom 8. April (4:1) zumindest einen Bruch in dem sonst sehr gradlinigen Saisonverlauf für den Top-Angreifer. Den fälligen Elfmeter verwandelte er damals noch, es war das 38. Pflichtspieltor 2016/2017 für Robert Lewandowski. Es folgte die Pause im Hinspiel gegen Real Madrid und sein umstrittener Einsatz beim Rückspiel in der Champions League, in dem Lewandowski immerhin noch einmal einen Elfmeter verwandelte, Pflichtspieltor 39 - vorläufig sein letztes.

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Dem Missetäter Bürki begegnete Lewandowski in der 45. Minute des DFB-Pokal-Halbfinalspieles wieder in ähnlicher Situation wie vor drei Wochen, Auge in Auge, Stürmer gegen Torwart. Aus solchen Situationen machte der Münchner im bisherigen Saisonverlauf, den man wohl spätestens seit gestern Abend in Prä- und Post-Schulter unterteilen muss, so sicher ein Tor, wie nach dem Blitz der Donner folgt. Diesmal aber schoss er den Dortmunder Keeper an, und drei Minuten nach der Pause, als er wieder allein auf Bürki hätte zulaufen können, versprang ihm der Ball wie ein flüchtendes Pokémon. "Nicht perfekt", sei das gelaufen, so Lewandowski am Mittwochabend lapidar.

Lewandowski traf auch bei einem Freistoß in der 27. Minute präzise genau 50 Prozent der sehr schmalen Dortmunder Zwei-Mann-Mauer. Kurz: Es lief nicht rund für Lewandowski, und auch Lewandowski selbst läuft seit der Verletzung nicht mehr rund. Schon gesunde Spieler müssen in dieser Phase der Saison um jeden Meter Raumgewinn härter arbeiten als noch in der Woche zuvor; mit Schmerzen in der Schulter kann der Rasen zum Treibsand werden.

"Ich hatte ein bisschen Pause", entschuldigte sich Lewandowski. So langsam gehe es aber wieder: "Wenn ich in dem ersten Spiel in der Champions League spiele, wären wir jetzt vielleicht in einer anderen Situation." Dass allerdings ein derart eingeschränkter Lewandowski für Bayern-Trainer Carlo Ancelotti immer noch wichtiger ist als ein gesunder Thomas Müller, sagt einerseits viel über die Form von Thomas Müller und andererseits noch mehr über die Abhängigkeit des Mannschaftsgefüges von der heiligen Nummer 9, auch wenn ihm an diesem Abend sogar die Assists nicht vergönnt waren, wie vor Robbens Großchance, die Lewandowski in der 64. Minute aufgelegt hatte, die der Holländer aber nicht zu nutzen wusste. (In der Prä-Schulter-Saison hätte er vermutlich sogar noch handlungsschnell selbst verwandelt, die Möglichkeit war da.)

Dass als Torschütze für Lewandowski keine andere Offensivkraft einsprang, sondern die Verteidiger Martínez und Hummels, rundet das Bild von der One-Man-Show in vorderster Linie.

Wie wichtig es ist, dass solch eine Versicherung wie Lewandowski in der Regel eine ist, auch zahlt, wenn der Ernstfall eintritt, bewies der Dortmunder Pierre-Emerick Aubameyang, der den Ausgleich für die Borussia erzielte, als die das Spiel in München gerade zu verlieren drohte. Es war für den Torjäger aus Gabun übrigens das 35. Pflichtspieltor dieser Saison - und wohl nicht das letzte.

© SZ vom 27.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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