Bundesliga:Dortmund zeigt biederen Fußball und eine maue Körpersprache

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  • Gegen den FC Augsburg reicht es für den BVB nur zu einem 1:1. Erneut zeigt die Borussia biederen Fußball.
  • Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke spricht trotzdem davon, mit Trainer Peter Stöger über den Sommer hinaus zusammenzuarbeiten.
  • Weil Julian Nagelsmann offenbar nicht verfügbar sein wird, verspricht man sich von der Stöger-Methodik noch den meisten Erfolg.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Am Montagabend ist der Eindruck entstanden, die Auslastung der Tribünen diene den Fußballern von Borussia Dortmund als eine Art Energiestandanzeiger, etwa so wie bei der Akku-Anzeige auf dem Smartphone. Wenn 81 360 Zuschauer für die maximale Power der Spieler stehen, dann bedeuten 54 300 Zuschauer nur etwa zwei Drittel der verfügbaren Leistung. Am Montag hat diese These gestimmt. Weil die Dortmunder nur mit etwa zwei Dritteln an Leidenschaft, Körpereinsatz und mentaler Präsenz auftraten, sind sie nicht über ein mageres 1:1 (1:0) gegen den FC Augsburg hinausgekommen.

27 060 Plätze im Stadion waren leer geblieben, weil viele Fans gegen die neuen Montagsspiele in der Bundesliga protestierten. Dass der BVB mit einem Drittel weniger Zuschauer auch ein Drittel schlechter spielte, war eine logisch erscheinende Konsequenz, die ein qualifizierter Gutachter nachher aber brüsk zurückwies. "Das hat doch damit nix zu tun", schimpfte der BVB-Trainer Peter Stöger.

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Seit der Österreicher Anfang Dezember den Niederländer Peter Bosz abgelöst hat, haben die Dortmunder von neun Bundesligaspielen keines verloren, fünf gewonnen und vier unentschieden gestaltet; sie sind durch ein 3:2 und ein 1:1 gegen Bergamo ins Achtelfinale der Europa League eingezogen, und nur eins von zwölf Pflichtspielen mit Stöger ging verloren: das Pokal-Achtelfinale beim FC Bayern (1:2).

Wer diese Gesamtbilanz betrachtet, könnte den adventlichen Trainerwechsel für einen cleveren Coup halten und wäre da offenbar einer Meinung mit dem BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der immer häufiger davon spricht, sich mit Stöger auch eine längere Zusammenarbeit vorstellen zu können als nur die zunächst bis zum Sommer verabredete.

Statt den Fans Gänsehaut-Fußball zu bieten, wird langsam und mit vielen hohen Bällen agiert

Von Stöger war aus seiner Zeit beim 1. FC Köln bekannt, dass er einer Mannschaft defensive Stabilität verleihen kann, und eine solche haben die Dortmunder gebraucht, nachdem sie sich mit dem Harakiri-Fußball unter Bosz um Kopf und Kragen gespielt hatten. Watzkes ursprüngliche Idee war wohl, Stöger als Stabilisator und Platzhalter zu engagieren - vermutlich für Julian Nagelsmann.

Nun aber deutet vieles darauf hin, dass Nagelsmann in Hoffenheim bleibt und man beim BVB zurzeit keinen Kandidaten sieht, dessen Methodik mehr Erfolg verspräche als jene von Stöger. Tatsächlich gibt es, was den neuen gelb-schwarzen Fußball angeht, bislang nur ein Problem: Das an den üblichen Heimspieltagen größte deutsche Fußballpublikum bekommt momentan eine eher begrenzt attraktive Vorstellung zu sehen.

In diesem gewaltigen Stadion, in dem die Luft vibriert und das Publikum für Gänsehaut-Atmosphäre sorgt, wird kein Gänsehaut-Fußball mehr gespielt. Sondern ein eher biederer, mit vielen hohen Bällen vor den gegnerischen Strafraum, wo sich die Angreifer dann um die sogenannten zweiten Bälle bemühen. Für spektakuläres Kurzpassspiel agieren die Dortmunder zu langsam, und gegen die stark verteidigenden Augsburger kam eine maue Körpersprache hinzu. Das 1:0 (16.) durch Marco Reus resultierte aus einer unglücklichen Aktion des Augsburgers Martin Hinteregger: "Danach hätte man den Druck hochhalten müssen, stattdessen wurde nur verwaltet", klagte Stöger, "da wurde keine Leidenschaft abgerufen, und zu behaupten, das habe etwas mit der Zuschauerkulisse zu tun, das wäre eine billige Ausrede."

Stögers Anspruch hat sich kurz vor Beginn seines vierten Monats als BVB-Trainer leicht verändert. Er will seine Mannschaft nicht mehr nur sicher stehen, sondern auch schneller und kreativer mit dem Ball umgehen sehen. Schon nach dem 1:0-Sieg in Mönchengladbach und dem zum Weiterkommen ausreichenden 1:1 bei Atalanta Bergamo hatte Stöger am Dortmunder Spiel herumgenörgelt. Nun wieder: "Irgendwie hatte ich gehofft, dass wir bei der Entwicklung unserer Spielidee schneller vorankommen", sagte er.

Aber so richtig zu erkennen ist gar keine bahnbrechende Idee. Mit zweiten Bällen am Strafraum und versuchtem schnellen Spiel über die Flügel bewegen sich die Borussen taktisch im großen Pulk der Liga und schaffen es auch kaum, das besser oder schneller umzusetzen als die Konkurrenz. Und nun steht ihnen ihre bisher härteste Testphase bevor: Am Samstag in Leipzig, danach in der Europa League gegen RB Salzburg und anschließend daheim gegen Eintracht Frankfurt werden sie hart um ihre Saisonziele namens Champions-League-Qualifikation und Europa-League-Finale kämpfen müssen.

Wenigstens der Energiestandanzeiger dürfte dann wieder 81 360 melden. Ausreden gäbe es dann also keine mehr.

© SZ vom 28.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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