Montagsspiel in Dortmund:Die Gelbe Wand zeigt graue Flecken

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Rund 27 000 weniger als normalerweise kamen zum Montagsspiel in Dortmund. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Das Montagsspiel des BVB gegen den FC Augsburg besuchen nur 54 300 Zuschauer - weniger Menschen kamen zuletzt vor 20 Jahren bei einem Bundesligaspiel ins Dortmunder Stadion.
  • Die schwache Leistung des BVB wollen die Spieler aber nicht auf die Kulisse schieben.
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Von Felix Meininghaus, Dortmund

Als Schiedsrichter Manuel Gräfe das Spiel abgepfiffen hatte, reichte es Michael Zorc endgültig: Dortmunds Sportdirektor sprang von der Bank auf, trat eine Getränkeflasche durch die Gegend und pfefferte seine Handschuhe auf den Boden. Zorc ist eigentlich ein ruhiger Mensch, aber nun verlor selbst er die Beherrschung. Er hatte ja eine extrem schwache zweite Halbzeit des BVB gesehen, an deren Ende nur ein 1:1 gegen den FC Augsburg stand.

Und dann waren da noch noch die Begleiterscheinungen dieses Montagsspiels.

Lediglich 54 300 Zuschauer wollten die Partie sehen, rund 27 000 weniger als normalerweise. Weniger Menschen waren zuletzt vor 20 Jahren bei einem Dortmunder Heimspiel. Selbst als die Südtribüne nach den hässlichen Übergriffen auf Leipziger Anhänger komplett gesperrt wurde, kamen gegen Wolfsburg noch 56 000 Leute ins Stadion. Nun hatten 350 Dortmunder Fan-Klubs beschlossen, nicht zum Spiel zu erscheinen und ihre Karten verfallen zu lassen.

Doch Nationalspieler Mario Götze etwa wollte die stimmungsarme Kulisse nicht als Vorwand für die schwache zweite Halbzeit heranziehen. "Natürlich sind wir verwöhnt, wir spielen ja immer vor vollen Rängen. Aber wir müssen bei uns selbst anfangen." Das sah sein Trainer Peter Stöger genauso: "Es wäre viel zu einfach, sich damit rauszureden, dass man nur vor 81 000 Zuschauern gut Fußball spielen kann." Er bemängelte: "Wir schieben die Kugel nur noch hin und her und verwalten unseren Vorsprung. Da leidest du draußen mit, weil es nicht das ist, was du dir an Temperament und Willen vorstellst."

Eine geradezu gespenstige Atmosphäre

Die Dortmunder versuchten erst gar nicht, Ausreden zu finden. Und doch bleibt von diesem Abend vor allem die gärende Unzufriedenheit der zahlenden Kundschaft hängen. Und zwar nicht nur in Dortmund. Mehr als 90 Prozent aller Fans - das hat eine vom Fachmagazin Kicker in Auftrag gegebene nicht repräsentative Untersuchung ergeben - mögen keine Erstligaspiele an einem Montagabend (wobei die Hälfte der Befragten den einst viel kritisierten Sonntagstermin nicht ablehnt).

Der Rechtfertigungsdruck ist riesig, seit die Deutsche Fußball Liga (DFL) verkündet hat, in dieser Saison fünf der umstrittenen Termine in seinen Spielplan aufzunehmen. Bei der Premiere vor einer Woche wurde die Partie Frankfurt gegen Leipzig durch Trillerpfeifen und fliegende Tennisbälle gestört, nun ging der Protest weiter.

Es war eine geradezu gespenstige Atmosphäre: Dort, wo sonst das pralle Leben tobt, wenn das Flutlicht angeht, herrschte eine Melange aus gespanntem Schweigen und verhaltenem Gemurmel. Keine lauten Fangesänge, kein schwarz-gelber Ausnahmezustand, für den die Dortmunder Südtribüne weit über die Landesgrenzen hinaus berühmt ist. Die als "Gelbe Wand" glorifizierte größte Stehplatztribüne der Welt zeigte viele graue Flecken. Auch sonst gab es ungewohnte Lücken im größten Stadion der Republik.

So viel ist sicher: Die Debatten um die Montagsspiele werden weitergehen. Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hat inzwischen Einsicht signalisiert und angekündigt, das Thema bei der kommenden Vergabe der Fernsehrechte erneut zu behandeln. Die Zeitung Reviersport zitierte Watzke wie folgt: "Ohne Montagsspiele werden wir vielleicht ein, zwei Millionen Euro weniger einnehmen. Aber eine größere Einheit mit den Fans ist uns mehr wert." Das klingt jedoch reichlich populistisch. Schließlich stimmten alle Erst- und Zweitligisten - und damit auch Borussia Dortmund - zu, als es darum ging, einzelne Spieltage in den Wochenanfang hinein auszudehnen.

Zudem widersprechen sich Watzke und die DFL implizit. Die DFL sagt nämlich nicht, bei der Einführung der Montagsspiele handele es sich um eine rein kommerzielle Maßnahme. Stattdessen verweisen die Vertreter der Liga darauf, den in der Europa League geforderten Klubs mehr Zeit zur Regeneration zu verschaffen. Zudem gehe es um eine Stärkung des traditionell am Sonntag stattfindenden Amateurfußballs.

Zumindest für das erste Argument kann sich BVB-Trainer Stöger durchaus erwärmen: "Der Wunsch vieler Deutscher ist es, dass wir Euro-League-mäßig gut unterwegs sind", sagte er: "Und da schadet ein Tag mehr Regeneration nicht." So weit die Theorie. Die Realität in Dortmund sah an einem klirrend kalten Februarabend anders aus.

Der BVB hinterließ in der zweiten Halbzeit einen so harmlosen und uninspirierten Eindruck, dass er den Sieg nicht verdient hatte. "In allen Bereichen viel zu wenig", monierte Julian Weigl, "das war definitiv nicht der BVB." Andererseits: Es war praktisch genau der BVB, der schon in den vergangenen Wochen schwach agierte, seine Defizite aber mit ebenso glücklichen wie positiven Resultaten übermalte.

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