Borussia Dortmund:"So etwas ist eines großen Konzerns unwürdig"

Lesezeit: 3 min

Ohne Maske: Pierre-Emerick Aubameyang (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hält die Bezihungen zum Sportartikelkonzern Nike für "belastet".
  • Er ärgert sich über die Werbeaktion mit dem Stürmer Pierre-Emerick Aubameyang.
  • Konkurrent Puma ist der Ausrüster der Borussia. Der Klub hat aber kaum Mittel gegen solche Aktionen.

Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

Der Fußball ist eine nachrichtenfressende Bestie. Pausenlos, Tag und Nacht braucht sie neues Futter, am liebsten irgendwas mit Superhelden. Ein Typ wie Pierre-Emerick Aubameyang ist ideal für die Branche, er steht ja auf solche Helden aus Marvel-Comics oder auf Batman und Robin. Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis jemand sich diese kleine Marotte des begehrten Torjägers zunutze machen würde. Und so stehen sich seit dem extravaganten Torjubel des Stürmers Aubameyang zwei Sport-Konzerne wie Werbe-Monster gegenüber: der Ausrüster-Sponsor des Spielers (Nike) und der seines Vereins Borussia Dortmund (Puma).

Einige Medien prophezeien vorsorglich schon mal fünfstellige Geldstrafen für den französisch-gabunischen Torjäger, BVB-Chef Hans-Joachim Watzke bestätigt das nicht, er hadert aber mit dem Urheber des Eklats, also Aubameyangs privatem Vertragspartner: "So etwas ist eines großen Konzerns unwürdig. Ein seriöses Miteinander sieht anders aus. Das Verhältnis ist aktuell deutlich belastet." Etwas anderes kann Watzke kaum sagen, denn Nike-Konkurrent Puma zahlt derzeit etwa neun Millionen Euro im Jahr für die exklusive Werbung mit dem BVB. Nebenbei ist Puma auch noch Minderheits-Aktionär mit etwa fünf Prozent des Anteilsscheine bei der Borussia. Andererseits: Was würde eine Geldstrafe für den Spieler nützen? Aubameyang wird sie als Spesenrechnung an den Privatsponsor durchreichen. Und Strafen, die diesem Weltkonzern weh tun würden, kann man sowieso nicht verhängen. Was sonst hätte man in der Hand gegen solche kindischen Spielchen?

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Was Hand sei und was nicht, das wisse er "schon lang nicht mehr", sagt BVB-Trainer Thomas Tuchel. Die unscharf formulierte Regel wird zu einem Refugium für Romantiker.

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Der Stürmer lässt wissen, er sei "wie ein Kind"

Die Helden-Maske des erfundenen Supermanns The Masked Finisher ("der maskierte Vollstrecker"), die der bekanntermaßen verspielte Aubameyang in einem Reklame-Clip für seinen Privatsponsor trägt, hatte er sich nach seinem Treffer in der Schalker Arena über die vom Pariser Coiffeur gestylte Haartolle gezogen. Das Logo war auf der Maske zwar leicht verfremdet, aber der Effekt dieser "Guerilla-Werbung", wie die Szene das nennt, funktionierte trotzdem. Die Fragen bewegen das Publikum offenbar: Darf er das? Was ist zu tun? Was will Aubameyang damit sagen?

Dortmunds Trainer Thomas Tuchel und Sportchef Michael Zorc hatten nach der Werbeshow für den falschen Ausrüster das Thema noch unter den Teppich kehren wollen, Zorc nannte die Diskussion "scheinheilig", genau wie die um einen ähnlichen Vorfall, bei dem Aubameyang vor einigen Wochen mit dem ins Haar gefärbten Nike-Logo aufgelaufen war. Puma hatte verlautbart, man sei sicher, dass Dortmund "die richtigen Konsequenzen aus diesem Vorfall ziehen" werde. Fragt sich eben nur, wie die aussehen sollten.

Der Spieler selbst ließ auf seinem Twitter-Kanal wissen, er sei "nicht arrogant", er sei "wie ein Kind" und wolle nur spielen und ansonsten mit dem Team weitermachen. Tatsächlich ist Aubameyang ein aufrichtig naiver Mensch, der nicht zu strategisch-abgefeimten Aktionen neigt und sich von einem mit allen Werbewassern gewaschenen Partner einspannen lässt, weil er es für eine Gaudi hält. Der Torjäger soll im Jahr mehr als eine Million Euro Taschengeld von seinem Ausrüster bekommen. In der Schlacht der Sportkonzerne geht es auch sonst kreuz und quer: Cristiano Ronaldo etwa spielt für den Adidas-Klub Real Madrid und wirbt privat für Nike, so wie Franck Ribéry vom FC Bayern.

Bei Aubameyang war der als aggressiv geltende US-Branchenführer schon früher mit ähnlichen Aktionen aktiv. Die berühmten Glitzerstein-besetzten Fußballschuhe, die er bei seinem früheren Klub AS Saint-Etienne trug, waren ebenfalls von den Amerikanern als Werbe-Gag produziert. Normalerweise befindet sich Nike, das früher auch Partner des BVB war und sich gerüchteweise demnächst erneut beim BVB einkaufen will, meist in Konkurrenz zum Rivalen Adidas. Nike hat weltweit 70 000 Angestellte und im vorigen Jahr mehr als 32 Milliarden Dollar umgesetzt - da kann man sich leisten, Klubs wie Chelsea oder die französische Nationalelf mit Summen um die 40 Millionen Euro im Jahr einzukaufen. Die Konzerne refinanzieren ihre Ausgaben für die Klubs mit vielen Stars, weil Fans weltweit ihre Klubtrikots kaufen.

Eingeweihte beim BVB halten es für unwahrscheinlich, dass der Torjäger sich mit der Vollstrecker-Maske aus seinem bis 2020 laufenden Vertrag in Dortmund provozieren wolle. "Das würde er nie so machen", sagt Watzke, "wenn er irgendwohin wollte, würde er zu uns kommen und uns das vorschlagen. Und dann müsste man mal drüber sprechen." Tatsächlich gehen sie in Dortmund davon aus, dass Aubameyang im Sommer keine Anstalten machen wird, den Klub zu verlassen. Rein sportlich gesehen gilt Aubameyang als disziplinierter Profi. Er verpasst kaum ein Spiel, sein Lebenswandel soll ohne Tadel sein, er ist fast nie verletzt, und Formkrisen dauern bei ihm höchstens mal zwei Spiele lang.

Viel Wirbel um eine Maske also. Und ob es wirklich jemandem etwas nützt? Man weiß es nicht.

© SZ vom 04.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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