Belgien wird Gruppensieger:Batshuayi trifft sich beim Torjubel selbst

Lesezeit: 3 min

  • Belgien wird bei der WM Sieger der Gruppe G, gegen England siegt das Team mit 1:0.
  • Dortmunds Michy Batshuayi schießt den Ball nach dem Tor noch mal gegen den Pfosten und trifft sich damit selber im Gesicht. Mit der Szene kann er aber ganz gut leben.
  • Sowohl England als auch Belgien spielten mit umgekrempelten Mannschaften, beide hatten das Achtelfinale schon vorab erreicht.

Von Sven Haist, Kaliningrad

Listig stellte Youri Tielemans seinem englischen Gegenspieler ein Bein. Auf der linken Seite war dem belgischen Mittelfeldspieler kurzzeitig Danny Rose entwischt, der bei seinem Antritt den Strafraum anvisierte. Die Aktion stufte der slowakische Schiedsrichter Damir Skomina als taktisches Foul ein, für Tielemans zog das eine Verwarnung nach sich. Die Bestrafung begleiteten die englischen Fans mit einem lauten Torjubel. Weil sich später Leander Dendoncker - wieder zur Freude des Inseltrosses - ein ähnliches Foul an Rose leistete, lag Belgien zur Halbzeit in der Statistik der gelben Karten gegen England mit 2:0 vorne - und damit auf Kurs den zweiten Tabellenplatz abzusichern.

Bei einem Unentschieden zwischen England und Belgien hätte ja die Fair-Play-Wertung über die Vergabe des ersten und zweiten Rangs in der Gruppe G entschieden, weil beide Nationen dann punkt- und torgleich gewesen wären. Doch letztlich waren die Rechenspiele mit Karten hinfällig, denn Adnan Januzaj entschied die Partie mit einem feinen Schlenzer (51.) in den Winkel für die Belgier. Als Gruppenerster treffen sie nach dem 1:0 (0:0) im Achtelfinale auf Japan, England fordert Kolumbien.

Unabhängig vom Ergebnis sorgte der vom FC Chelsea an Dortmund verliehene Michy Batshuayi für weitere Erheiterung bei den Fans: Er feierte Januzajs Führungstor, indem er den Ball zurück ins Tor schießen wollte. Doch er visierte fälschlicherweise den Pfosten an, von wo ihn die Kugel mit voller Wucht am Kopf traf: "Warum bin ich nur so blöd?", twitterte er unmittelbar nach der Partie - mit zwölf Lach-Smileys. Der Fauxpas war schnell vergessen.

Plattform X

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von X Corp. angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X Corp. angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

So ganz zum Lachen zumute war den Belgiern aber wohl nicht. Hinter vorgehaltener Hand hätten sie schon gerne Platz zwei in der Gruppe genommen. Denn dadurch hätten sie das Achtel- und gegebenenfalls auch das Halbfinale sowie das Endspiel in Moskau unweit des eigenen Quartiers bestreiten dürfen. Diesen öffentlich kursierenden Gedankenspielen nahm der englische Trainer Gareth Southgate allerdings im Vorfeld der Partie die Wucht. "Wenn ich in den letzten fünf Minuten meinem Kollegen Roberto Martinez einen Kopfstoß verpasse, weiß man, dass wir unser Vorgehen abgeändert haben, um weiterzukommen", sagte er. Diese ironische Anspielung sollte heißen, dass sowohl England als auch Belgien auf Sieg spielen. Nun müssen die Belgier aber am Montag in Rostow-am-Don ran, die Engländer spielen am Dienstag in Moskau. Die Three Lions umgehen auf diese Weise auch ein Viertelfinale gegen Brasilien.

Laola trotz Sommerkick

An Southgates gestiegener Popularität bei den englischen Anhängern, die aus den erfolgreichen Auftaktspielen gegen Tunesien und Panama resultiert, änderte die maue Darbietung in Kaliningrad nichts. Genauso wie seine Entscheidung, auf Harry Kane, den fünffachen englischen Torschützen in diesem Turnier, komplett zu verzichten. Mit insgesamt 17 Veränderungen versuchten die Trainer nicht, dem beinahe irrelevant gewordenen Spiel einen nützlichen Wert abzugewinnen. Die einzige Priorität lag darin, möglichst jedem Feldspieler während der Gruppenphase einen Einsatz in der Anfangself zu gewähren.

Die Rochade nahm erwartungsgemäß Einfluss auf das Niveau des Aufeinandertreffens, das etliche Fehlpässe kennzeichnete. Die Spieler mussten sich merklich an ihre neuen Partner auf dem Platz gewöhnen, was den englischen Torhüter Jordan Pickford nach einem Distanzschuss des Belgiers Youri Tielemans in der sechsten Minute zur ersten Parade in diesem Turnier zwang. Kurz darauf war Pickford allerdings auf die Hilfe seines Vordermanns Gary Cahill angewiesen, der einen Ball vor der Torlinie abwehrte, den der unerfahrene Schlussmann in seinem dritten Pflichtspiel für die Three Lions durch seine Beine rutschen ließ. Anschließend unterhielten sich die englischen Anhänger selbst, indem sie ihre Nationalhymne "God Save the Queen" a cappella sangen, zu ereignisarm war die Partie danach geworden. Die Belgier hielten mit einer Laola dagegen.

Das Treffen der Premier League - 34 der 46 Kaderspieler der Teams verdienen ihr Geld in der ersten englischen Liga - verkam so zu einem laschen Sommerkick, mit wenigen Torgelegenheiten und umso mehr Ballgeschiebe. Der belgische Führungstreffer forderte dann jedoch den Stolz der Engländer heraus, die das Spieltempo in der zweiten Hälfte merklich anzogen, ohne jedoch eine Lösung präsentieren zu können gegen die Fünferreihe der Belgier in der Abwehr. Die beste Gelegenheit vergab Marcus Rashford (66.). Freistehend vor dem belgischen Torwart Thibaut Courtois schob der Angreifer den Ball am Tor vorbei. In der Schlussphase setzte er einen Freistoß zu hoch an. So verpasste England durch die Niederlage Historisches: Lediglich bei der WM 1982 in Spanien konnte das Land alle Gruppenspiele gewinnen.

© SZ vom 29.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Nationalmannschaft
:Löw fehlte die Leitidee für diese WM

Das DFB-Team war nicht zu alt oder zu satt - Bundestrainer Löw hatte schlicht keinen Plan B. Bei der Analyse des Desasters dürfte er zu einem eindeutigen Schluss kommen.

Kommentar von Claudio Catuogno

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: