Bayern-Torschütze Mario Götze:Pointe mit der Pike

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Umarmung nach dem Spiel: Mario Götze (links) und Dortmunds Marco Reus. (Foto: dpa)

Ausgerechnet Mario Götze gibt dem Topspiel mit seinem Führungstor den entscheidenden Spin. Dass er sich den Auftritt in Dortmund dafür aufgehoben hat, um sich von seinem langjährigen Verein abzunabeln und beim FC Bayern anzukommen, findet wohl auch er ein bisschen kitschig.

Von Maik Rosner, Dortmund

Später schlurfte Mario Götze keck bemützt und strahlend durch die Gänge der Dortmunder Arena. Ein Besuch in der Kabine, ein freundschaftlicher Klaps für den ehemaligen Kollegen Marcel Schmelzer, ein paar kurze, nette Worte für die vertrauten Dortmunder Journalisten - der Mann des Abends nahm noch einmal ausgiebig Abschied von seinen langjährigen Weggefährten, ganz ohne Groll.

Dass er ausgerechnet hier dem Topspiel zwischen seinem ehemaligen Verein und dem FC Bayern den entscheidenden Spin verliehen hatte, fand wohl auch er ein bisschen kitschig. Sich offiziell äußern zu seinem Führungstor, zu den Pfiffen der Borussia-Fans, zum ganzen thematischen Überbau seines 34-minütigen Auftritts, das wollte Götze nicht. Er ließ lieber ein paar nette Gesten sprechen - und die neuen Kollegen.

Thomas Müller zum Beispiel, dem nach Arjen Robbens frechem Lupfer zum 2:0 (85.) zwei Minuten später noch der 3:0 (0:0)-Endstand gelungen war. "Eine Geschichte wieder, die klassisch ist für den Fußball. Das passiert fast nur im Fußball. Ich weiß nicht, ob es das in anderen Sportarten auch gibt", sagte Müller also, "er kommt rein, macht das 1:0. Das ist einfach unglaublich. Für uns war es natürlich super, er hat sehr gut gespielt."

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Mario Götze erhält das lauteste Pfeifkonzert der Bundesliga-Geschichte, auch Arjen Robben macht sich keine neuen Freunde. David Alaba vermisst seinen Kumpel Ribéry. Thomas Müller fehlt die Zeit, um Hengstvideos zu schauen. Der FC Bayern beim 3:0 gegen Dortmund in der Einzelkritik.

Von Maik Rosner, Dortmund

Robben begeisterte vor allem die Handlungsschnelligkeit des 21-Jährigen, der Müllers Pass mit zwei flinken Bewegungen zu seinem Tor genutzt hatte. "Alles sehr gut gemacht, schnelle Kontrolle - er ist einfach ein super Spieler", befand Robben.

Es war ja tatsächlich die Pointe des Spiels. Nicht nur, dass Götze das 1:0 in der 66. Minute erzielt hatte, zehn Minuten nach seiner Einwechselung und dem vorangegangenen Aufwärmen im Schutz des Spielertunnels, sondern auch wie: Ballannahme mit der linken Innenseite, Abschluss mit der rechten Pike. Statt Hacke, Spitze, eins, zwei, drei, ein Stilmittel, für das der Feinfuß Götze immer ein bisschen verdächtigt wird, hatte er sich nun eher schlichter Instrumente bedient. Dafür aber in flüssiger Eleganz.

Nun durfte er sich angekommen fühlen beim FC Bayern, nach seinem komplizierten Einstieg mit zwei Verletzungspausen und nur selten überzeugenden Auftritten. Mit seinem Tor in Dortmund hatte er sich nun gewissermaßen endgültig abgenabelt von der Borussia, für die er bis zu seinem Abschied im Sommer zwölf Jahre lang gespielt hatte.

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"Mario hat das gut, abgeklärt gemacht. Aber da hatte ich auch keine Bedenken", sagte Toni Kroos, "was soll man ihm auch vorwerfen? Er wollte den nächsten Schritt in seiner Karriere machen. Und mit seiner Qualität gehört er zu Bayern und nicht zu Dortmund." Das wird man beim BVB immer noch ein bisschen anders sehen.

Die Münchner scheinen damit auf den nächsten Titelgewinn zuzusteuern. Sieben Punkte beträgt der Vorsprung auf die Dortmunder, deren vier sind es auf den nun ersten Verfolger Leverkusen. Die Hoffnung der Liga, dass Bayer 04 tatsächlich dauerhaft in der Lage sein wird, den FC Bayern herauszufordern, hält sich allerdings in Grenzen. Denn anders als nun die Dortmunder hatte die Mannschaft von Trainer Pep Guardiola die Leverkusener Anfang Oktober ja regelrecht an die Wand gespielt. Nur das Ergebnis, das damalige 1:1, passte nicht so recht zum Kräfteverhältnis.

Wäre die lange Zeit ziemlich ausgeglichene Partie in Dortmund nun in einem Unentschieden gemündet, hätte das Zahlenwerk das Geschehen schon etwas präziser abgebildet, wenngleich die Münchner verdient gewonnen hatten. Manuel Neuer verhinderte den mehrfach möglichen Ausgleich unter anderem mit einem spektakulären Hechtsprung nach einem Schuss von Marco Reus.

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Beim Tabellenführer bemühte man sich wohl auch deshalb um Zurückhaltung, zumindest ein bisschen. "Wir müssen noch sehr viele Spiele gewinnen, um Deutscher Meister zu werden", sagte Müller, "ich kann mich ja nicht im November hinstellen und über die Meisterschaft sprechen, die im Mai verteilt wird. Sonst ist ja das nächste halbe Jahr komplett Funkstille, dann haben wir ja gar nichts mehr zu besprechen."

Und auch Kapitän Philipp Lahm erinnerte daran, dass erst 13 von 34 Partien absolviert sind. "Wenn wir jetzt nur noch zwei Spiele vor der Brust hätten, würden wir sagen: Alles klar, gebt uns die Schale." So aber sei Vorsicht geboten, zumindest vorerst. "Wenn wir jetzt auch noch die nächsten Spiele gewinnen und keine Punkte liegen lassen, dann wird es für die Gegner schwer, auch psychologisch", sagte Lahm.

Nur Robben scherte ein wenig aus im Hochgefühl des Sieges und seines erneuten Erfolgserlebnisses gegen den BVB. "Von mir aus können wir jede Woche gegen Dortmund spielen. Ich liebe solche Spiele", sagte er, "ich meine, was willst du noch mehr? Wenn du ein kleiner Junge bist, dann träumst du von solchen Spielen, in so einem Stadion, in so einer Atmosphäre. Es geht nicht besser, das ist das Beste, was es gibt."

Das passte auch ganz gut zur prägenden Figur dieses Abends, zu Mario Götze. Er soll ja als kleiner Junge in Memmingen in der Bettwäsche des FC Bayern geschlafen haben, bevor seine Familie nach Dortmund zog. Noch so ein kitschiger Anstrich dieser Geschichte.

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