Bayern-Sieg in Hannover:Mit absurder Leichtigkeit

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Und da ist das 4:0: Münchens Torschütze Mario Gomez präsentiert sich mit fünf Toren in zwei Spielen in exzellenter Verfassung. (Foto: dpa)

Der FC Bayern gibt sich größte Mühe, die Causa Hoeneß zu ignorieren. Zumindest auf dem Platz gelingt das: Die Münchner setzen ihre Rekordsaison munter fort und gewinnen auch in dieser Höhe verdient mit 6:1 in Hannover. Es könnte keinen besseren Zeitpunkt für das Kräftemessen mit Barcelona geben - zumindest sportlich.

Von Carsten Eberts, Hannover

Jupp Heynckes wirkte hochkonzentriert, fast ein wenig genervt. Kein Lächeln, nur ein stoischer Blick. Nicht einmal die Frage nach dem Präsidenten konnte ihm den Fokus rauben. "Nein", sagte Heynckes knapp, die Spekulationen um Uli Hoeneß belasteten seine Mannschaft nicht. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft seien "die Sache des Präsidenten", von niemandem anders. Dabei wollte es der Trainer bewenden lassen.

Der Samstag war kein leichter Tag für den FC Bayern, als in den Morgenstunden bekannt wurde, dass Vereinspräsident Hoeneß ins Visier der Steuerfahnder geraten ist. Hoeneß hatte sich selbst angezeigt, offenbar geht es um einen hohen Millionenbetrag. Was für den Menschen Hoeneß eine prekäre Lage ist, kommt auch für den Klub zu einem ungünstigen Zeitpunkt: Am Dienstag empfangen die Bayern den FC Barcelona, das Champions-League-Halbfinale gegen das beste Team der Welt wird das größte und wichtigste Spiel der bisherigen Saison.

Hoeneß wollte in dieser Lage offenbar keine weitere Unruhe stiften, blieb dem Stadion in Hannover vorsorglich fern. Auch Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge wurde nicht gesichtet. Niemand sollte der Mannschaft vor dem großen Spiel die Konzentration rauben.

Umso befriedigender für Trainer Heynckes, dass die Mannschaft erneut einen konzentrierten Vortrag lieferte. Auch die Spieler des FC Bayern hatten die Neuigkeiten vor der Partie natürlich vernommen. Das 6:1 (3:0) gegen völlig überforderte Hannoveraner gelang den Münchnern mit absurder Leichtigkeit und war auch in dieser Höhe verdient.

Franck Ribéry (23. Minute), Mario Gomez (40., 62.) und Claudio Pizarro (71., 86.) erzielten die Tore, unterstützt von einem Eigentor des Hannoveraners Lars Stindl (16.). Hannovers Trainer Mirko Slomka gestand später: "Die Bayern waren heute überragend. Wir haben im gesamten Defensivbereich keine Chance gehabt, den Bayern Paroli zu bieten."

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Die Münchner setzen ihre Rekordsaison damit munter fort. Sportlich könnte es keinen besseren Zeitpunkt für das Kräftemessen mit Barcelona geben.

Mit Blick auf den Champions-League-Kracher hatte Heynckes den Auftritt in Hannover generalstabsmäßig geplant - und der Plan ging auf. Ohne den einkalkulierten Sieg zu gefährden, konnte Heynckes wichtige Kräfte schonen. So verordnete er seiner Zentrale mit Schweinsteiger und Martínez eine Pause, brachte dafür Gustavo und Timoschtschuk. In der Abwehr setzte der sonst unverzichtbare Kapitän Lahm aus. Auch der Brasilianer Dante spielte nicht.

Auch seine Kreativlinge mussten sich nicht überanstrengen. Ribéry, Müller, Robben und Shaqiri durften jeweils lediglich eine Halbzeit ran - genau richtig, um im Rhythmus zu bleiben, um auf Wettkampfniveau anzuschwitzen. Jedoch ohne großes Risiko auf Überanstrengung oder gar eine dumme Verletzung. "Die Mannschaft hat das Spiel nach dem 3:0 sehr clever heruntergespielt", urteilte Heynckes zufrieden.

In der Sturmspitze veranstaltete Heynckes hingegen ein Schaulaufen. Gegen Barcelona muss er seinen Chefangreifer Mario Mandzukic ersetzen, deshalb gab er beiden möglichen Ersatzleuten ordentlich Spielpraxis. Gomez spielte eine gute Stunde den Solostürmer, Pizarro agierte 90 Minuten als Spielmacher dahinter. Beide waren an fast jeder Aktion beteiligt, belohnten sich mit je zwei Toren, sammelten wichtiges Selbstvertrauen.

Wer gegen Barcelona im Sturm auflaufen wird, verriet Heynckes nicht. Der Coach will erst am Montag oder Dienstag entscheiden, ob seine Wahl auf Gomez oder Pizarro fällt. Viele glauben, dass der spielstarke Pizarro gegen die Katalanen die bessere Lösung wäre. Allerdings präsentiert sich auch Gomez mit fünf Toren in zwei Spielen in exzellenter Verfassung.

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Vielleicht wird es gar eine Kombination: Gomez auf der Neun, Pizarro dahinter, wie gegen Hannover. "Ich habe gesehen, dass Claudio die Rolle gut interpretieren kann", lobte Heynckes den Peruaner. In diesem Fall würde der Platz im Mittelfeld knapp, entweder Robben oder Müller müssten wohl auf die Bank. Ganz aus dem Rennen scheint diese Variante nicht.

In der Mannschaft genießt Heynckes das Vertrauen, dass er die beste Konstellation wählen wird. Mit seinen jüngsten Rotationen hat der 67-Jährige seine Spieler bei Laune gehalten. Niemand ist akut frustriert, jeder bekommt seine Einsätze, bis auf Toni Kroos sind auch alle fit. Sogar Gomez, dem ernste Abwanderungsgedanken nachgesagt werden, überzeugte zuletzt mit einer perfekten Chancenverwertung, erhielt viel Lob. Auch Gomez weiß, dass er wieder gebraucht wird.

Der Trainer habe die Qual der Wahl, analysierte Kapitän Lahm, der diesmal pausierte und entspannt in Richtung Mannschaftsbus schlenderte. "Er hat fast zwei Mannschaften zur Verfügung", sagte Lahm weiter: "Bislang hat er noch immer die beste Wahl getroffen." Für Lahm ist Barcelona zwar "die Topmannschaft in Europa", doch die Bayern hätten im letzten Jahr gute Schritte nach vorn gemacht. "Jetzt können wir zeigen, wie weit wir sind", sagte Lahm.

Auch Robben trug das Münchner Selbstbewusstsein zur Schau. "Jetzt kommt vielleicht das schönste Spiel des Jahres", erklärte der Niederländer, "wenn wir unsere Leistung bringen, können wir jede Mannschaft der Welt schlagen." Er fügte ausdrücklich hinzu: "Auch Barcelona".

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