Nachfolger für Sportdirektor:Der DFB sucht die Sammer-Kopie

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Der DFB will sich auf der Suche nach einem Nachfolger für Sportdirektor Matthias Sammer Zeit lassen. Der Favoritenkreis besteht aus ehemaligen Spitzenprofis wie Kahn, Effenberg oder Ziege. Doch Klarheit herrscht bisher nur beim Anforderungsprofil für den neuen Mann.

Philipp Selldorf

Der Junioren- und der Jugendfußball ist ein Zweig des Geschäfts, den auch die Profis mittlerweile sehr ernst nehmen. Beim Finale um die deutsche A-Jugendmeisterschaft zwischen Schalke 04 und dem FC Bayern im Juni in Erkenschwick saßen auf der Haupttribüne viele bekannte Männer. Manager Horst Heldt und Cheftrainer Jupp Heynckes repräsentierten die beiden Vereine - und selbstverständlich war auch Matthias Sammer angereist.

Wer folgt auf Sammer? Beim DFB ist man noch ratlos. (Foto: REUTERS)

Selbstverständlich? Als Sammer 2006 sein Amt als Sportdirektor im Deutschen Fußball-Bund antrat, hatten ihm viele nicht zugetraut, dass er tatsächlich so viel Interesse an der Basisarbeit entwickeln könnte. Möglicherweise hat er sich anfangs selbst nicht wiedererkannt, wenn er mit Jugendmannschaften und deren Trainern auf Kunstrasenplätzen stand und die großen Ratschläge erteilte.

Viele der Spieler, die Sammer in Erkenschwick im Finale sah, kannte er bereits aus Auftritten mit den Nationalteams. Die Qualitäten des 16-jährigen Max Meyer, der als Einwechselspieler zum Schalker 2:1 beitrug und für Raunen im Fachpublikum sorgte, hatte Sammer längst vorher beschrieben und gerühmt.

Sammer hatte seit 2006 seinen DFB-Vertrag zweimal verlängert, zuletzt sogar bis 2016, "der Job des Sportdirektors ist meine absolute Erfüllung", hatte er kurz vor der EM geschwärmt. Jetzt erklärte der für den Jugendfußball zuständige DFB-Vizepräsident Hans-Dieter Drewitz, dass man diese Bindungen und Empfindungen nie als Garantie betrachtet habe. "Es war klar, dass ein Mann seiner Qualität nicht beim DFB die Rente mit 67 antreten wird", sagte Drewitz dem Sport-Informations-Dienst SID.

Auf Sammers plötzliche Abwerbung war man dennoch nicht eingerichtet. Beim DFB herrscht daher eine gewisse Ratlosigkeit, wer nach Sammers am Montag verkündetem Wechsel als SportVorstand zum FC Bayern auf die verwaiste Stelle treten soll. Im Moment könne er "nicht viel sagen", teilte Präsident Wolfgang Niersbach der SZ am Dienstag mit, "schon gar nicht" könne er Namen nennen, die sich für die Nachfolge eigneten: "Das wären blanke Spekulationen."

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Spanien dominiert. Spanien triumphiert. Spanien feiert. Doch die EM offenbarte noch ganz andere Stars: Zum Beispiel Portugals vermeintliches Rauhbein Pepe, der in Wahrheit kaum foulte. Und Sami Khedira, der sogar musikalisch richtig liegt.

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Binnen einer Woche lernt Niersbach sein neues Amt von der ungemütlichen Seite kennen. Vor ein paar Tagen war die deutsche Nationalelf noch der favorisierte Kandidat auf die Teilnahme am EM-Finale, zu dem ganz gewiss auch der Sportdirektor Sammer in Kiew erschienen wäre. Stattdessen gab es die bittere Niederlage gegen Italien samt anhängender Bundestrainer-Debatte, und der Sportdirektor zog plötzlich einen Posten in der Privatwirtschaft vor. Sammer habe gute Arbeit geleistet, stellte Drewitz fest: "Am besten wäre es, die Kopiermaschine anzuwerfen und eine Kopie zu ziehen."

Dieses Lob setzt durchaus Maßstäbe, eine bequeme verbandsinterne Lösung scheint von dem zuständigen Funktionär eher nicht favorisiert zu werden: "Danach sollte man nicht schauen, es geht nur um die Kompetenz."

Niersbach betont daher, dass der Verband sich keinen Zeitdruck auferlegen werde: "Es kann schnell gehen, es kann ein paar Wochen, aber auch ein paar Monate dauern." Die Namen, die jetzt kursieren, entstammen offenkundig keiner amtlichen Kandidatenliste. Gehandelt werden zum Beispiel die DFB-Junioren-Trainer Steffen Freund und Christian Ziege, die mit Sammer 1996 Europameister wurden (Niersbach fungierte damals als DFB-Pressechef).

Von Oliver Kahn ist die Rede, der ja durchaus einen Einstieg ins Fußballgeschäft zu suchen scheint, aber auch von Stefan Effenberg, der kürzlich an der Trainerakademie den Fußball-Lehrer-Schein erworben hat. Sammer hatte Effenberg zum Erwerb der Lizenz gedrängt, er hätte ihn auch gern in die Verbandsarbeit eingebunden. Womöglich möchte er ihn nun ebenso gern beim FC Bayern einbeziehen.

In DFB-Kreisen wurde auch über Bernard Peters gesprochen. Der frühere Hockey-Nationaltrainer arbeitet bei der TSG Hoffenheim, vor sechs Jahren hatten ihn Jürgen Klinsmann und Joachim Löw als den idealen Sportdirektor für den DFB gepriesen. Der Verband wählte lieber Sammer aus. Dass Peters jetzt doch in die Frankfurter Zentrale wechseln könnte, halten Kenner für unwahrscheinlich. Wie Sammer sollte auch dessen Nachfolger ein ehemaliger Spitzenprofi sein, heißt es.

© SZ vom 04.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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