Ötztal Trek in Tirol:Grandioses Stückwerk

Wer alle 22 Etappen des Ötztal Treks abwandern will, braucht viel Zeit und Kondition. Man kann sich aber auch einzelne Etappen der zum Teil hochalpinen Route herauspicken.

Stefan Herbke

Oben rum statt unten durch, das gilt für den Ötztal Trek. Auf 22 abwechslungsreichen Etappen und 15 spannenden Varianten geht es über Jöcher und Gipfel von Hütte zu Hütte, wobei man sich nach Lust und Laune - und Zeit - seine Wunschetappen beliebig zusammenstellen kann. Wer die gesamten 400 Kilometer abläuft, der umrundet einmal das komplette Tal und entdeckt die Ötztaler Bergwelt von ihrer schönsten Seite.

Ötztal Trek Tirol Bergsteigen
(Foto: Stefan Herbke)

Der Gletscher schwitzt. Kleine Rinnsaale suchen sich ihren Weg talwärts, glucksen über sprödes Eis und sammeln sich zu Bächen, die in einem tiefen Loch verschwinden. Das Eis liegt träge da, doch nur ein paar Meter weiter drüben richtet es sich auf zu jähen Eistürmen, zwischen denen tiefe Klüfte einen Blick ins Innere des Gletschers gewähren.

Die fünfte Etappe ist gleichzeitig die erste hochalpine des Ötztal Treks, der beim Bahnhof Ötztal seinen Anfang nimmt. Die Teilstrecke führt von der idyllisch in einem Almboden gelegenen Amberger Hütte über den Sulztalferner zur Hochstubaihütte. Vom grünen Tal geht es durch eine immer karger werdende Landschaft bergauf und schließlich über uraltes Eis zu einem mehr als 3000 Meter hohen Fels- und Schneerücken mit der Hochstubaihütte, dem Tagesziel.

Bergab auf der Himmelsleiter

Die Hütte ist ein massiver Steinbau, der selbst stärksten Stürmen trotzt und Schutz bietet in dieser unwirtlichen Hochgebirgslandschaft. Bei gutem Wetter dagegen ist die Hochstubaihütte eine Aussichtsloge mit von der Sonne gewärmten Natursteinbänken. Ein idealer Platz, um in aller Ruhe die einmalige Rundsicht auf die Dreitausender der Ötztaler und Stubaier Alpen zu genießen und sich auf die weiteren Etappen des Ötztal Treks zu freuen.

Ötztal Trek Tirol Bergsteigen
(Foto: Stefan Herbke)

Über Scharten, Grate und Gipfel, von Hütte zu Hütte führt die Hochroute der Superlative von Ötztal-Bahnhof auf der östlichen Talseite des Ötztals nach Obergurgl und schließlich durch die Ötztaler Alpen zurück zum Ausgangspunkt. Zum Glück muss niemand die 22 Etappen am Stück absolvieren. Jede Etappe bietet die Möglichkeit zum Ein- und Ausstieg - man kann somit den Ötztal Trek in feinen Portionen erleben und genießen. Doch falls jemanden der Ehrgeiz packt, es geht auch schneller. Der Profisportler Peter Schlickenrieder bewältigte den kompletten Ötztal Trek etwa in rekordverdächtigen sieben Tagen!

Die sechste Etappe zur Hildesheimer Hütte beginnt mit einem Abstieg bei der Hochstubaihütte. Massive Steinplatten bilden die Trittstufen der Himmelsleiter, die hinunter führt ins Seekar zu zwei in der Sonne glitzernden Bergseen - blaugrüne Farbtupfer inmitten einer Geröllwüste.

Allein die Umrundung des Windachtales, bei der man ganz stille, ursprüngliche Gegenden erkundet, schlägt normalerweise mit drei Tagen zu Buche. Auf dem neu angelegten Panoramaweg Richtung Warenkar und Hildesheimer Hütte wird es bunt, überall strecken Enziane ihre tiefblauen Blütenkelche Richtung Sonne. Aus dicken, moosähnlichen Polstern spitzt ein Meer aus rosa Blüten, eine unglaubliche Farbenpracht und oft nur wenige Meter entfernt von Schneefeldern, die in der Sommersonne tauen.

Wie ein Adlerhorst

Dreitausender, Gletscher, Moränen, der auffallend grüne Triebenkarsee und das von Gletschern ausgeschürfte Windachtal bilden die Höhepunkte der nächsten beiden Etappen über die Siegerlandhütte zum Brunnenkogelhaus, das nur vom Einschnitt des Windachtals getrennt quasi gegenüber der Hochstubaihütte steht - und von dort aus auf direktem Weg auch in einem Tag erreicht werden kann.

Ötztal Trek Tirol Bergsteigen
(Foto: Stefan Herbke)

Erst im Sommer 2007 wurde der alte, 1888 erbaute Steinbau des Brunnenkogelhauses durch eine neue Hütte ersetzt, deren helles Holz schon von weitem deutlich zu sehen ist. Wie ein Adlerhorst thront sie hoch über Sölden und Zwieselstein auf dem Gipfel des 2738 Meter hohen Vorderen Brunnenkogels, umgeben von den Stubaier und Ötztaler Alpen.

Grandioser Ausblick

Der Ausblick auf Zuckerhütl, Wildspitze, Weißkugel und die Dreitausender über dem Talschluss von Obergurgl ist einzigartig, vor allem bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang.

Ötztal Trek Tirol Bergsteigen

Blick auf Zuckerhütl, Wildspitze, Weißkugel und die Dreitausender über dem Talschluss von Obergurgl.

(Foto: Stefan Herbke)

Holz bedeutet Wärme und genau das strahlt die Hütte schon von weitem aus. Auch innen wird es einem garantiert nicht kalt. Ungewöhnlich warm ist es in der Hütte, und oben, im kleinen, gemütlichen Lager mit den herzförmig zusammengelegten, rot-weißen Bettdecken, bekommt man sogar Hitzewallungen - das kleine Dachfenster zur Belüftung reicht bei weitem nicht aus. Die Hütte ist bestens isoliert, die Küche gibt genug Wärme ab und nur, wenn es einmal mehrere Tage richtig kalt ist, muss der Ofen in der gemütlichen Gaststube mit 40 Plätzen eingeschürt werden.

Weiter zum Timmelsjoch

Der Ötztal Trek führt auf dem Hochstubai-Panoramaweg über einige Gipfel und durch einsame Kare mit malerischen Seen weiter zum Timmelsjoch. Rund vier bis fünf abwechslungsreiche - und aussichtsreiche - Stunden braucht man für den teils schmalen Steig, dann nimmt man am Timmelsjoch den Bus und fährt hinunter nach Obergurgl, um von dort anderntags auf der zehnten Etappe zum Ramolhaus aufzusteigen.

Ötztal Trek Tirol Bergsteigen
(Foto: Stefan Herbke)

Die Hütte im hintersten Gurgler Tal liegt auf über 3000 Metern Höhe und bietet einen spektakulären Blick auf die gegenüberliegenden Eisflächen des riesigen Gurgler Ferners, der in seiner ganzen Größe zu bestaunen ist. Ein ganz besonderer Platz, von dem aus man bestens den Sonnenaufgang genießen kann.

Ab dem Ramolhaus bewegt man sich immer wieder über der 3000-Meter-Marke. Über die Martin-Busch-Hütte erreicht man die Similaunhütte (3017 m), steigt anderntags am Fundort des Ötzi vorbei - ein Denkmal steht wenige Meter von der Stelle entfernt, an der am 19. September 1991 das Ehepaar Simon zufällig die Mumie entdeckte - ins Hauslabjoch (3283 m) und erreicht schließlich auf der 14. Etappe mit dem Brandenburger Haus die höchstgelegene Hütte des Ötztals Treks.

Majestätisch thront die stattliche Berghütte auf dem Südrücken der Dahmannspitze (3397 m), hoch über den ausgedehnten Firnfeldern des Gepatsch- und Kesselwandferners. Damit ist das Brandenburger Haus die höchste Alpenvereinshütte in den Ostalpen. Alle Anstiege führen im Schlussteil über zum Teil spaltige Gletscher, entsprechende Erfahrung und Ausrüstung sind daher Voraussetzung. Am besten man unternimmt die anspruchsvollen Gletscheretappen mit einem Bergführer - oder umgeht sie auf einer gletscherfreien Variante.

Nach 22 Etappen und 30.000 Höhenmetern im Aufstieg geht es hinab ins Ötztal. Kurz vor dem Ziel erreicht man den Piburger See - ein blauer Farbtupfer inmitten grüner Wälder und Wiesen und eine willkommene Erfrischung nach so vielen abwechslungsreichen und eindrucksvollen Etappen durch die Welt der Ötztaler Alpen.

Information: www.oetztal.com

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: