Mountainbike:Vital durch Tirol

Eine durchgehend beschilderte, fast 320 Kilometer lange Mountainbikeroute soll das sportliche Image der Region heben.

Traian Grigorian

Fit sollte man sein, bevor man sich auf die Mountainbike-Fernradwegstrecke quer durch Tirol begibt: Die "Tirol Vital Route" verlangt neben der nötigen Portion "Vitalität" vom Bergradler auch Kondition, Ausdauer und eine solide Fahrtechnik auf dem Geländebike.

Mountainbike: Für viele Etappen sind Ausdauer und trainierte Waden erforderlich

Für viele Etappen sind Ausdauer und trainierte Waden erforderlich

(Foto: Foto: Grigorian)

Mit der 320 Kilometer langen Bikestrecke, die das Tannheimer Tal mit den Bergen Kitzbühels in sieben Fahretappen verbindet, haben die Tiroler Tourismusmanager einen Mountainbike-Fernradweg geschaffen, an dem sich selbst durchtrainierte Typen abreagieren können. "Diese Strecke ist die Krönung aller Mountainbike-Routen Tirols", sagt der Innsbrucker Diplom- Ingenieur Günther Zimmermann, der als Biker in der zuständigen Tiroler Landschafsbehörde bei der Entstehung des Projekts mitgewirkt hat.

Schlüpfrig vom Plumsjoch

Alle Etappen addieren sich auf respektable 7.500 Höhenmeter. Im Bereich der Nördlichen Kalkalpen überwindet die Strecke hochalpine Pässe, bei deren Überschreitung man nicht nur konditionell gut vorbereitet sein, sondern auch die alpinen Gefahren richtig einschätzen können sollte.

Auch an fahrtechnisch höchst anspruchsvollen Schiebepassagen mangelt es nicht: Hoch über dem Tiroler Achensee am Kögeljoch dürfte es nur noch die hartgesottensten Biker im Sattel halten, und auch auf der steilen Abfahrt auf schlüpfriger Felspiste vom Plumsjoch hat schon mancher Bergradler unfreiwillig Bekanntschaft mit dem groben Untergrund gemacht.

Stellt sich die Frage: Ist eine verschwindend kleine Schar von überdurchschnittlich gut trainierten Mountainbikern eine ernst zu nehmende Zielgruppe für die Tourismusbranche? "Natürlich geht es uns auch ums Image", bekennt Werner Ultsch, Geschäftsführer der Hoteliersvereinigung der "Tirol Vital"-Hotels. Im Zuge eines Faceliftings ist man im österreichischen Gebirgsland bemüht, sich an manchen Stellen ein besonders sportliches, der Vitalität und dem gesunden Lebensstil angepasstes Image zu verpassen, welches über die Schlagworte "Wellness" und "Beauty" hinausreicht.

Bergsport in allen Facetten

So wollen sich beispielsweise die Regionen Tannheimer Tal und Achensee als "Vital Region" am Markt profilieren. Die Voraussetzungen dazu wären ideal: Die flankierenden Gebirge lassen Bergsport in allen Facetten zu, auf dem See kommen Wassersportler nicht zu kurz, über ihm kreisen Gleitschirm- und Drachenflieger, am Seeufer rollen Inline-Skater und im Winter finden Skifahrer, Langläufer und Schneeschuhtrapper ein großes Betätigungsfeld.

Einen hohen Gang eingelegt haben dabei die Tourismuswerber. Sie brachten das "Tiroler Mountainbike-Modell" auf den Weg, das mit Mitteln des Landes die Hürden versicherungs- und haftungsrechtlicher Fragen nahm. In zähen Verhandlungen wurde der anfängliche Widerstand des österreichischen Waldnutzungsmonopolisten, der Bundesforstverwaltung, gebrochen. Die inzwischen privatisierten Förster kassieren für ihre Zustimmung zur öffentlichen Freigabe für jeden Meter Bikeweg 2,50 Schilling jährlich - Mehrwertsteuer extra! Mittlerweile sind knapp 8.000 Kilometer Bikerouten allein in Tirol ausgewiesen und beschildert. Kein Wunder, dass sich auch der österreichische Finanzminister freut.

Durch das Jagdgebiet der Herzöge

Ein langer Organisationsmarathon

Lange hat Werner Ultsch am Verhandlungstisch um sein "Kind" ringen müssen, bis die "Tirol Vital Route" endlich stand. "Über 50 verschiedene Interessengemeinschaften, Wegehalter, Agrarvereinigungen mussten befriedigt werden, ehe wir alle Genehmigungen für die Legung der Route endgültig erhielten", schildert Ultsch den mehrjährigen Organisationsmarathon.

Herausgekommen ist laut Günther Zimmermann eine "Bikeroute der Superlative". Gemütlich und durchaus "familiengerecht" beginnt sie im lieblichen Alpenhochtal bei Tannheim mit herrlichen Ausblicken auf die schroffen Gipfel der Roten Flüh. Ein Juwel gleich zu Beginn der Route, wo die Strecke auf der mittelalterlichen Salzhandelstraße "Via Salina" den Übergang zwischen Tannheimer und Lechtal am Gaichtpass schafft. "Der verfallene, kaum noch begehbare Steig wurde mit erheblichem Aufwand zum Radweg restauriert", berichtet Zimmermann.

Durch das Ausserfern geht's entlang des Lechs, einem der letzten Wildflüsse der Alpen, ins Ehrwalder Moos. Mehr als 1000 einheitliche Wegweiser wurden aufgestellt, damit kein zusätzliches Kartenmaterial nötig ist. Dafür allein machte die Hotelgruppe 400.000 Schilling (rund 58.000 Mark) locker. Zu Füßen der Zugspitze klettert die Route ins Gaistal und erreicht nach langer Abfahrt das Leutascher Hochplateau.

Am dritten Tag wird's ernst: Es folgt die "Königsetappe" durch den Naturpark Karwendel mit Zwischenstation am Achensee. Im weiteren Verlauf wird das Rofangebirge durchquert, das ehemalige Jagdgebiet der Herzöge von Tirol im Tal der Brandenberger Ache, und man erreicht endlich Thiersee. Der Inn wird in Bayern mittels Fähre überquert. Auf wieder gemütlicheren Passagen wird über Oberndorf und Ebbs an den Walchsee zu Füßen des Kaisergebirges geradelt.

Sieben anstrengende Tage...

Landschaftliche Schönheiten gibt es im Übermaß, und oft werden Biker versucht sein, die Reise zu unterbrechen, um die Umgebung der Zwischenstationen näher kennenzulernen. Die letzte Etappe führt von Kössen über Kirchdorf und St. Johann nach Kitzbühel, wo man sich nach sieben anstrengenden Tagen von den Strapazen der Tour erholen kann.

Dieses natürlich nach Vorstellung der Organisatoren am besten in einem der 23 landesweit verteilten Vier-Sterne-"Tirol Vital"-Hotels, welche sich von der Bikeroute auch einen Gästezuwachs erhoffen. In diesen Häusern gibt es sportmedizinische Betreuung, Ernährungs- und Trainingsratschläge durch ausgebildetes Personal. Auf Wunsch ermittelt dieses auch persönliche Laktatwerte, Puls- und Leistungsmesskurven. Doch so eindeutig will Werner Ultsch gar nicht auf den direkten Nutzungszusammenhang und Hintergedanken festgelegt werden: "Uns ist auch klar, dass die echten Mountainbiker weiterhin auf Berghütten übernachten wollen, das soll auch so sein."

Doch wenn der eine oder andere auf der siebentägigen Tour durch Tirol sich mal eine Nacht im Vitalhotel gönnt und dabei die gesundheits- und fitnessorientierte Ausrichtung des Angebots kennenlernt, dürfte die Rechnung aufgegangen sein: Dann hat sich zumindest das sporliche Image der Tiroler vital verstärkt.

Wissenswertes

Route: Start im Alpenhochtal bei Tannheim - Rote Flüh - Salzhandelsstraße - Gaichtpass - Ehrwalder Moos - Naturpark Karwendel - Achensee - Brandenberger Ache - Thiersee - Oberndorf - Ebbs - Walchensee - Kössen - Kirchdorf - St.Johann - Kitzbühel

Länge: insgesamt 316,25 Kilometer, Höhenunterschiede ca. 7.500 Meter, 34 Stunden Fahrzeit, drei bis vier Tage

Schwierigkeit: Gut ausgeschilderte Strecke, die abwechslungsreiche Passagen hat, lange Abfahrten, teils über Schotter und schwierige Anstiege erfordern dauerhafte Kondition und Konzentration, die volle Strecke ist nur für trainierte Biker ratsam

Einkehr: diverse Hotels und Pensionen in den Ortschaften entlang der Tirol Vital Route

Informationen: Tirol Vital, Tel.:0043 512 379855 0

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