50 Jahre Schließung von Alcatraz:Verbannung für die Schlimmsten der Schlimmen

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Gefangene des Gefängnisses Alcatraz in der Bucht von San Francisco, USA, verlassen am 21.03.1963 einen Zellenblock der Justizvollzugsanstalt. (Foto: dpa)

Gangster wie Al Capone machten die Gefängnisinsel Alcatraz berühmt. Vor 50 Jahren endete der Mythos von "The Rock", die letzten Häftlinge wurden verlegt. Aber die schauerliche Atmosphäre gibt es bis heute.

Noch heute ist auf einer Tafel im Speisesaal von Alcatraz zu lesen, was die letzten Häftlinge serviert bekamen: Rühreier, Cornflakes, Toast und Kaffee standen am 21. März 1963 unter anderem auf dem Menü. Nach dem Frühstück wurden die letzten 27 Insassen mit Hand- und Fußschellen gefesselt von dem berüchtigten Felsen in der Bucht von San Francisco in andere Gefängnisse verfrachtet.

Die Schließung von Alcatraz war ein Medienspektakel, erzählt Alexandra Picavet, Sprecherin der Nationalen Parkbehörde in San Francisco. "Außer den Gefangenen und Wärtern hatte bis dahin niemand die Anstalt von innen gesehen, keine Frauen, keine Journalisten, keine Kinder." 29 Jahre lang war Alcatraz der Verbannungsort für die "Schlimmsten der Schlimmsten". Es war das ausbruchsicherste Zuchthaus Amerikas für Schwerverbrecher wie Al Capone, George "Machine Gun" Kelly, Alvin "Creepy" Karpis und Robert Stroud, der legendäre Vogelmann von Alcatraz.

Jeder hatte eine Nummer, hinter 1576 Männern schlossen sich die Gittertüren zu den kleinen Zellen. Allerdings saßen nie mehr als 300 Gefangene zur gleichen Zeit ein. Viele Wärter lebten mit ihren Familien auf der kargen Felsinsel, zeitweise mit 50 Kindern. Heute steht der "Rock" als Museum und als Brutstätte für viele Vögel unter Denkmal- und Naturschutz.

Inzwischen lockt das ehemalige Gefängnis jährlich mehr als 1,4 Millionen Besucher aus aller Welt an. "Alcatraz ist die berüchtigtste Insel der Welt", so tönt es aus dem Lautsprecher auf der 15-minütigen Fähre, mit der die Besucher von San Francisco übersetzen. Im Sommer sind die Touren oft wochenlang ausgebucht ( Tickets können Sie hier buchen, spezielle Nachttouren hier).

Auch für den 50. Jahrestag der Schließung waren die Tickets schnell vergriffen. Die Parkbehörde hat ehemalige Wärter und einen der wenigen noch lebenden Ex-Häftlinge eingeladen. Auch eine Ausstellung widmet sich dem Jahrestag, mit nie zuvor gezeigten Fotos vom Abtransport der letzten Insassen 1963.

Gründe für das Ende von Alcatraz gab es damals genug. Die Betriebskosten waren zu hoch, die Lebensbedingungen als unmenschlich in die Kritik geraten. Wasser und Verpflegung mussten per Boot auf die Insel gebracht werden. In der harschen Seeluft verfielen die alten Gebäude mehr und mehr. "Vom ersten Tag an, als das Bundesgefängnis 1934 in Betrieb genommen wurde, dachte man über die Schließung nach", erzählt Picavet.

Zudem bröckelte der Mythos vom fluchtsicheren Zuchthaus. Im Juni 1962 war einem Trio ein spektakulärer Ausbruch gelungen. Mit Löffeln und einem improvisierten Bohrer gruben sich die Männer durch Mauern und Belüftungsschächte. Bis heute fehlt von ihnen jede Spur. Die Justizbehörde ist überzeugt, dass sie im eiskalten Wasser mit seinen gefährlichen Strömungen ertranken und ihre Leichen unter der Golden-Gate-Brücke hinweg in den Pazifik trieben.

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:Auf Regenmänteln in die Freiheit

Viele hatten es vor ihnen schon versucht, doch eine Flucht von der Gefängnisinsel Alcatraz in der San Francisco Bay schien unmöglich. In der Nacht zum 12. Juni 1962 verließen drei Häftlinge dennoch unbemerkt das Hochsicherheitsgefängis - mit Hilfe von unscheinbaren Alltagsgegenständen.

Daniela Dau

Im Laufe der Jahre versuchten etwa 40 Gefangene, zu entkommen. Die meisten wurden gefasst, einige auf der Flucht erschossen, andere ertranken. Nur in fünf Fällen blieb ihr Schicksal im Dunkeln.

Alcatraz, das ein spanischer Seefahrer 1775 nach den Seevögeln "Alcatracas" benannte, diente Anfang des 20. Jahrhunderts als Militärgefängnis. Nach der Schließung des Zuchthauses 1963 gab es zunächst Ideen für ein Kasino, Hotels und Restaurants. Sechs Jahre später wurde die verlassene Insel von einer Gruppe Indianern besetzt. 1971 schritt die Regierung ein, machte Alcatraz zum Denkmal und für Besucher zugänglich.

Die kalten, monotonen Zellenblocks mit verrosteten Gittertüren sorgen heute noch für Gänsehaut. Jeder sollte sich diesen Ort zur Abschreckung anschauen, empfahl der frühere Häftling Darwin Coon 2006 bei einem Treffen mit Wärtern und ehemaligen Insassen. 1959 wurde der hartgesottene Bankräuber nach Alcatraz verbannt, 1963 erlebte er die Schließung mit. "29 Tage im Block D, in einer bitterkalten Dunkelzelle ohne einen Lichtstrahl", waren Coons schlimmste Erinnerung. Er schrieb später ein Buch über seine Haft und lebte zeitweise in San Francisco: "Es ist eindeutig besser, von hier auf die Insel zu schauen, als umgekehrt der Blick aus der Zelle auf die Stadt."

Tickets für die Insel Alcatraz gibt es hier, spezielle Nachttouren bietet XY an.

© Süddeutsche.de/Barbara Munker/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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