Diebstahl im Hotel:Sinatras Duschtür - oder gleich das ganze Bad

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Manche Hotelgäste entwickeln kriminelle Energie und lassen nicht nur Badeschlappen, sondern das Tafelsilber und den Fernseher mitgehen. Sogar ein komplettes Badezimmer wurde schon ausgebaut. Nun locken manche Hotels mit Straffreiheit. Hauptsache, sie erhalten historisches Diebesgut zurück.

Katja Schnitzler

"Die will ich nicht mehr!" Mit diesen Worten brachte eine Rentnerin diese Kaffeekanne ins Waldorf-Astoria zurück. Sie hatte sie in den späten 1940er Jahren als Andenken mitgehen lassen. (Foto: Waldorf-Astoria)

Leider ist die Duschtür von Frank Sinatra nicht wieder aufgetaucht. Es war eine gläserne Tür, verziert mit den Initialen des Sängers und seiner Frau Nancy. Und sie war in aus einem Appartement des New Yorker Hotels Waldorf-Astoria gestohlen worden. Ein etwas auffällig zu transportierendes Souvenir - doch das hatte einen Hotelgast offensichtlich nicht abgeschreckt. Und anscheinend denken derzeit weder er oder seine Nachkommen daran, die Sinatra-Tür wieder herauszurücken.

Denn das Waldorf-Astoria hat nun Langfingern Amnestie versprochen, die Diebesgut zurückbringen. Dabei geht es dem Hotel allerdings weniger um Handtücher, Morgenmäntel oder gar Hausschlappen. Die Hotelleitung hätte vor allem gerne Kostbarkeiten, Mobiliar und Geschirr zurück, das vor 1960 aus dem Hotel verschwunden war. Andere reuige Diebe oder deren Erben, die Güter neueren Datums mit dem Hotel-Emblem entdeckten, werden aber auch nicht weggeschickt.

Mit den Stücken wird das hoteleigene Archiv aufgestockt, Teile davon sind im Traditionshotel in der Park Avenue ausgestellt. Immerhin: ein Silberlöffel, ein Weinuntersetzer, eine Kaffeekanne und eine Suppenschüssel sind wieder da. Die Leitung des Waldorf-Astoria hatte sich bei der Sonderaktion allerdings ein bisschen mehr erhofft.

Manche Leute, die Diebesgut zurückschicken, wissen gar nicht, was sie da genau in Händen halten. Eine alter Glasuntersetzer für Weinflaschen trudelte gemeinsam mit einem Brief ein: Ein unverheirateter Onkel (das klingt ein wenig nach dem schwarzen Schaf der Familie) habe diesen "Aschenbecher" in den 1930er Jahren mitgehen lassen. Auch die Dame aus Austin, Texas, die einen wertvollen Löffel herausrückte, hat eine diebische Angehörige, eine nahe noch dazu: Ihre Mutter und deren Freunde dinierten gerne in schicken Hotels, die Löffel nahmen sie als Andenken mit.

Manchmal kehren auch die Diebe selbst an den Tatort zurück: In den späten 1940ern, berichtete eine alte Frau den Angestellten, hätten sie und ihr Mann eine Veranstaltung im Hotel besucht. Das Geld, das sie eigentlich gar nicht hatten, verprassten sie mit der Buchung eines Hotelzimmers. Als Andenken packte es eine Kaffeekanne ein und behielt sie bis heute. "Jetzt aber will ich sie nicht mehr", sagte die Frau, als sie die Kanne ins Hotel zurückbrachte.

Insgesamt war die Resonanz auf den Amnestie-Aufrufs des Waldorf-Astoria nicht besonders groß, die Berichterstattung der Medien aber umso größer: "Hotel-Ikone Waldorf-Astoria führt ein Amnestie-Programm ein", schrieb etwa USA Today - wies aber auch darauf hin: So neu ist die Idee nicht. Dieselbe Zeitung hatte schon vier Jahre vorher von dem Bemühen des traditionsreichen Mayflower Hotels in Washington berichtet, an historisches Diebesgut heranzukommen.

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Der Manager des Mayflower Hotels hatte zuvor auf Ebay einen silbernen Champagner-Kühler entdeckt, was ihn laut USA Today nicht sonderlich überraschte. Aber wie hatten die Diebe eine Fünf-Gallonen-Bowleschüssel aus dem Hotel geschmuggelt, die nach einer Party in den 1950ern verschwunden war? Fünf Gallonen sind immerhin knapp 19 Liter. Als der Hotelmanager noch zwei Bankettstühle aus den 1920er Jahren aus einem Vorort abholen durfte, änderte das Mayflower seine Strategie und gewährte einen Generalablass: Es werden keine Fragen gestellt, Amnestie für alle, lautete nun die Devise. Hauptsache, die guten Stücke finden heim.

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Im vergangenen Jahrhundert logierten die Menschen eher selten im Hotel und stibitzten deswegen oftmals Andenken daran, zum Beispiel silberne Löffel. Heute scheinen manche Gäste die Gelegenheit zu nutzen, ihren Hausstand zu vervollständigen. Das beschränkt sich nicht auf Weingläser mit eingeprägtem Hotel-Logo.

Die Reisewebseite Lastminute.de hat 500 Hoteliers gefragt, welche Dinge am häufigsten verschwinden: Die Leute packten nicht nur Stifte und Shampoo ein, sondern auch Besteck, Geschirr und Bademäntel. Jedes Jahr würde ihnen dadurch einen Schaden von etwa 5500 Euro entstehen, klagen die Hoteliers - in Fünf-Sterne-Hotels sogar etwa 20.000 Euro.

Andere gehen noch weiter: Aus jedem sechsten der befragten Hotels wurde von Gästen schon einmal ein Fernseher entwendet. Kriminelle Energien haben auch die Urlauber, die Vorhänge, Matratzen und die Mini-Bar hinausschaffen, wie auch immer sie das bewerkstelligen, ohne aufzufallen. Offenbar reisen manche gleich mit Ausrüstung an. Ein Berliner Hotel berichtete in der Umfrage, dass schon einmal die komplette Bad-Möblierung gefehlt hatte, inklusive Duschkopf, Toilettensitz und Waschbecken.

Zumindest im letzten Fall hatte das Hotel Anlass genug, Anzeige zu erstatten. Fehlen hingegen Handtücher und Bademäntel, behaupten die abgereisten Gäste gerne: Die waren schon vor uns weg.

Seien Sie ehrlich: Haben Sie im Hotel schon mal etwas mitgehen lassen - und warum? Schreiben Sie es auf.

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