Zivilschutzkonzept:So plant die Bundesregierung für Katastrophen und Anschläge

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Die Bundesregierung überarbeitet ihre Planung im Fall von Terroranschlägen und Katastrophen. (Foto: Florian Peljak)
  • Die Bundesregierung überarbeitet ihr Konzept zur zivilen Verteidigung.
  • Unter anderem sollen Impfstoffe, Ölreserven und Trinkwasservorräte aufgestockt werden.
  • Mit den aktuellen Anschlägen von Ansbach und Würzburg sowie dem Amoklauf von München hat die Überarbeitung dem Bundesinnenministerium zufolge nichts zu tun.

Von Robert Roßmann, Berlin

Wegen der veränderten Weltlage überarbeitet die Bundesregierung zum ersten Mal seit mehr als 20 Jahren ihr Konzept zur zivilen Verteidigung. In dem Entwurf heißt es, "das sicherheitspolitische Umfeld" habe sich verändert, zudem biete die "wachsende Verwundbarkeit der modernen Infrastruktur und die Ressourcenabhängigkeit moderner Gesellschaften ... vielfältige Angriffspunkte".

Das federführende Bundesinnenministerium erklärte am Donnerstag auf Nachfrage, das neue Konzept habe "nichts mit den aktuellen Entwicklungen, also etwa dem Amoklauf in München oder den Taten von Ansbach und Würzburg zu tun". Ausgangspunkt für die Revision seien vielmehr die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA und das Elbehochwasser im August 2002 gewesen, die eine neue Dimension an Schadensszenarien offenbart hätten.

Die bisher letzte Neukonzeption der zivilen Verteidigung stammt aus dem Jahr 1995. Sie war noch von der sicherheitspolitischen Entspannung nach dem Ende des Kalten Krieges geprägt. Außerdem waren die Auswirkungen des Klimawandels damals noch nicht so sichtbar. Deshalb wurden viele bundeseigene Einrichtungen und Strukturen abgebaut. Das wird jetzt revidiert. Das neue Konzept ist bereits in der Ressortabstimmung zwischen den Ministerien. Es soll Ende August vom Kabinett beschlossen werden. Bereits im Juni hatte das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in seinem Jahresbericht darauf hingewiesen, dass der Zivilschutz dringend überprüft werden müsse - etwa weil lebensnotwendige Einrichtungen wie Wasserwerke mittlerweile oft in privater Hand seien und sich die Bedrohungsformen etwa durch Cyber-Angriffe verändert hätten.

Trinkwasser für mindestens 14 Tage

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Das neue Konzept, über das zuerst die Bild-Zeitung berichtete, sieht eine ganze Reihe von Veränderungen vor. Durch eine "staatliche Notfallvorsorge" soll die Versorgung der Bürger mit Trinkwasser für mindestens 14 Tage gesichert werden. Der Mindestbedarf an Trinkwasser wird dabei auf 15 Liter pro Mensch und Tag taxiert. Er soll mit autarken Brunnen und einer "mobilen Trinkwasserversorgung" durch Transporte garantiert werden.

An 140 Standorten sollen Erdöl-Erzeugnisse wie Benzin gelagert werden, die Mengen sollen für 90 Tage reichen. Künftig soll ein Drittel der Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks innerhalb von 24 Stunden gleichzeitig einsetzbar sein. Vor Krankenhäusern sollen im Fall von ABC-Angriffen Dekontaminationsstellen eingerichtet werden, um Verletzte dort außerhalb der Kliniken notversorgen zu können. Außerdem sollen ausreichend Pockenimpfstoffe, Antibiotika, Kaliumiodid-Tabletten und Beatmungsbetten vorgehalten werden.

Bund und Länder arbeiten auch an einem "Gesamtkonzept Notstrom", um eine Minimalversorgung mit Energie zu sichern. Im Krisenfall soll die Bundesnetzagentur in der Lage sein, über "Abschaltungen oder die bevorrechtigte Versorgung lebenswichtiger Einrichtungen" Strom zu regulieren, also zu bestimmen, wer Energie bekommt - und wer nicht. Außerdem sollen die Bundesländer für einen besseren Schutz von Kunstwerken sorgen, etwa durch die Einrichtung von Bergungsräumen.

Die Regierung setzt aber auch auf die Eigenverantwortung der Bürger, die selbst Vorräte etwa an warmen Decken, Kerzen, Taschenlampen, Batterien, Streichhölzern, geladenen Akkus und Bargeldreserven anlegen sollen.

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