Wahl in Schleswig-Holstein:Alles wie bei Stoltenberg

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Miserabel abgeschnitten, aber das Uwe-Barschel-Trauma überwunden: Die Union des Peter Harry Carstensen sichert im Norden der Kanzlerin die Mehrheit im Bundesrat.

Dieter Degler

Als in Schleswig-Holstein die Stimmen ausgezählt waren und zur schwarz-gelben Mehrheit gerade mal 745 Stimmen fehlten, meldete sich der FDP-Bundesvorsitzende Guido Westerwelle zu Wort: Bei so knappem Ausgang müsse die Auszählung wiederholt werden.

Doch CDU-Spitzenkandidat Peter Harry Carstensen ließ nicht nachzählen, sondern sich von einer großen Koalition zum Regierungschef wählen. Das war vor vier Jahren.

Diesmal ist alles anders - und extremer.

Während SPD und CDU von einer Stimmungs-Sturmflut für jahrelange Kabinettsstreitereien und ihr Versagen bei der Kontrolle der HSH Nordbank abgestraft wurden, übertrafen die Liberalen das Ergebnis ihrer Bundespartei noch um ein paar Zehntel. Sie sorgten so dafür, dass Carstensens Kalkül vom schwarz-gelben Erfolg durch vorgezogene Neuwahlen aufging.

Tatsächlich ist das Ergebnis für die beiden großen Parteien katastrophal. Carstensens Union verlor sechsmal so viele Stimmanteile (minus: 8,7 Prozentpunkte) wie die Union im Bund, die SPD seines Widersachers Ralf Stegner sackte gegenüber der letzten Landtagswahl um 13,3 Prozentpunkte nach unten und verlor damit noch stärker als Genosse Frank-Walter Steinmeier.

Mit einer Wahlbeteiligung, die mit um die 73 Prozent höher lag als im Bund - und die die Wut der Nordlichter über vier Jahre Missadministration dokumentiert - fegten die Wähler die Sozialdemokraten aus der Regierung, die sie dort 21 Jahre lang mehr geduldet als geschätzt hatten. Die Union hat trotz ihres schwachen Abschneidens das Uwe-Barschel-Trauma endgültig überwunden.

Es herrschen wieder Machtverhältnisse wie zu Zeiten von Gerhard Stoltenberg - ganz so, als hätte es Björn Engholm und Heide Simonis nie gegeben.

Weitere wichtige Signale von der Waterkant: Die Linke ist endgültig im Westen angekommen. Nach Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Hessen und dem Saarland ist die Linke nun im sechsten westdeutschen Landesparlament vertreten.

Und Carstensen hat bei Kollegin Angela Merkel einen gewichtigen Stein im Brett: Durch den schwarz-gelben Erfolg verfügt die Kanzlerin, zumindest bis zur Wahl in Nordrhein-Westfalen im kommenden Jahr, im Bundesrat künftig über 37 von 69 Stimmen.

Angela Merkel und Guido Westerwelle können also durchregieren.

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